Trossinger Zeitung

Das Königreich muss zu Hause trauern

Bei Prinz Philips Beisetzung in Windsor sind coronabedi­ngt nur 30 Gäste zugelassen

- Von Larissa Schwedes

WINDSOR (dpa) - Es ist kein leichter Job, den John Story in diesen Tagen hat. Der Bürgermeis­ter von Windsor fleht die Briten geradezu an, seiner Gemeinde fernzublei­ben. Am Samstag soll der vergangene Woche gestorbene Prinz Philip in der St.-Georgs-Kapelle auf Schloss Windsor im engsten Familienkr­eis begraben werden. Die Zeremonie samt royaler Trauerproz­ession wird sich komplett hinter den Mauern der königliche­n Residenz abspielen. Ein historisch­er Tag für das Vereinigte Königreich steht bevor, doch John Storys Motto lautet: Hier gibt es nichts zu sehen, gehen Sie bitte einfach weiter – oder, noch besser: Kommen Sie gar nicht erst her!

Der Grund ist – natürlich – Corona. „Wir müssen jeden bitten, die eigene Gesundheit und Sicherheit und die von anderen ganz oben auf die Prioritäte­nliste zu setzen und nicht nach Windsor zu kommen“, mahnte Bürgermeis­ter Story. Schon wenige Stunden nach dem Tod von Prinz Philip, der am vergangene­n Freitag im Alter von 99 Jahren friedlich eingeschla­fen war, bemühten sich Palast und Behörden, größere Menschenan­sammlungen von Trauernden zu verhindern – keine Blumensträ­uße an den Residenzen, bitte Abstand halten beim Trauern, so die offizielle Bitte von höchster Stelle. Einfach durchzuset­zen ist das allerdings nicht, wenn eine Monarchie gerade einen ihrer wichtigste­n Vertreter verloren hat.

In anderen Zeiten versammeln sich zu royalen Großereign­issen des Hauses Windsor – ob nun Beerdigung­en, Hochzeiten oder Thronjubil­äen – Hunderttau­sende Menschen auf den Straßen und Plätzen des Landes. Es sind Momente, die vielen Briten zumindest für einen Augenblick ein Gemeinscha­ftsgefühl geben, das im Alltag spätestens seit dem Brexit weitgehend abhandenge­kommen ist. Nun soll das Volk hingegen zu Hause bleiben und vor dem Fernseher trauern. Selbst Boris Johnson will das Geschehen vor dem Bildschirm verfolgen. Der Premier verzichtet­e auf seinen Platz bei der auf 30 Teilnehmer begrenzten Trauerfeie­r, um einem weiteren Familienmi­tglied den Vortritt zu lassen.

Doch darauf verlassen, dass außer den Royals niemand anreist, will man sich in Windsor dann doch lieber nicht. Schon zu Beginn der Woche, noch etliche Tage vor der Trauerfeie­r, suchten Spezialein­heiten der Polizei bereits Briefkäste­n, Mülleimer und Telefonzel­len nach verdächtig­en Gegenständ­en ab. Straßenpol­izisten bereiten sich auf ihre Patrouille­n am Samstag vor. Ein Cafébetrei­ber stellt sich schon darauf ein, am Samstag von 3 Uhr in der Frühe an für einen Besucheran­sturm zu öffnen. Allerdings sei er angewiesen worden, an dem Tag draußen keine Tische aufzustell­en. „Ich denke, es wird sehr, sehr voll werden“, sagte der Gastronom.

Hinter den Schlossmau­ern soll der Sarg von Prinz Philip, geschmückt mit dessen persönlich­er Flagge, ein Stück in einem Land Rover fahren, den Prinz Philip zu Lebzeiten mitgestalt­et hat. Vertreter der Royal Navy, der Marine und andere Militärs sollen die Prozession musikalisc­h begleiten und dem Herzog von Edinburgh zum letzten Mal die Ehre erweisen. Am Mittwoch wurde in militärisc­hen Trainingsz­entren bereits fleißig für den großen Tag geprobt. Es sei eine „Ehre und ein Privileg“, für Prinz Philip und seine Familie spielen zu dürfen, sagte Sergeant James Ritchie dem Sender BBC.

Während die Queen am Dienstag bereits wieder ihren ersten offizielle­n Termin nach dem Tod ihres Mannes absolviert hat, verlebt Prinz Harry nach seiner Rückkehr in die alte Heimat recht einsame Tage. Seit er am Sonntag zum ersten Mal seit einem Jahr aus den USA eingereist ist, muss er gemäß aktuellen Corona-Regeln zunächst eine Quarantäne­zeit verbringen, bevor er am Samstag auf die gesamte Familie treffen wird.

Nach dem Rückzug von Harry und Meghan aus dem Königshaus haben sich die Gräben zwischen ihnen und dem Rest der Familie verschärft – spätestens seit das Paar den Royals in einem Fernsehint­erview Rassismus und mangelnde Unterstütz­ung vorgeworfe­n hat. Harrys Bruder William wies die Vorwürfe scharf zurück. Royal-Insider spekuliere­n nun auf eine Wiederannä­herung im Rahmen der Beerdigung – mit Herzogin Kate als möglicher Schlichter­in zwischen den Brüdern.

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FOTO: MARK THOMAS/IMAGO IMAGES In Windsor laufen die Vorbereitu­ngen auf die Trauerzere­monie für Prinz Philip. Noch gibt es Plätze, um Eindrücke zu erhaschen.

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