„Berufsverbrecher“mit Suchtproblemen
Wie drei Serien-Einbrecher auf die schiefe Bahn gerieten – Urteil: Mehrjährige Haftstrafen
ROTTWEIL/TUTTLINGEN - Staatsanwältin Isabel Gurski-Zepf hat von „Berufsverbrechern“gesprochen. Gemeint waren nicht alle fünf Angeklagten, sondern die drei Rädelsführer, die Einbruchdiebstähle in 20 Einkaufszentren begangen hatten.
Dem trug die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil Rechnung und verurteilte sie, wie kurz berichtet, bereits nach vier Verhandlungstagen wegen schweren Bandendiebstahls zu mehrjährigen Haftstrafen. Karlheinz Münzer, der Vorsitzende Richter, betonte, hier sei es nicht um organisierte Kriminalität gegangen, sondern um früh gescheiterte Existenzen mit Persönlichkeitsstörungen. Das sei zwar eine „schwere Krankheit“– allerdings nicht so schwer, dass die Täter schuldunfähig wären. „Sie haben das Geld für Drogen und ihre Spielsucht gebraucht“, sagte der Richter zu den Männern, die alle aus dem gleichen rumänischen Dorf stammen.
Tiefere Gründe seien die prekären Verhältnisse in ihrer Heimat
TRAUERANZEIGEN
und die damit verbundenen Brüche in frühen Lebensjahren: Der eine habe vom zehnten Lebensjahr an kaum noch Kontakte zur Mutter gehabt, weil diese als Altenpflegerin nach Italien gegangen sei, um die Familie ernähren konnen. Der andere sei nur vier Jahre lang zur Schule gegangen. Und der Dritte habe schon als Kind Schafe hüten und mit 13 bis 14 arbeiten müssen. „Das sind Knicke in der Lebenslinie, wie es schlimmer nicht sein könnte“, sagte Münzer. Das könne aber die folgenden langen Straftäter-Karrieren nicht entschuldigen.
Staatsanwältin Gurski-Zepf erklärte mit Verweis auf die Herkunft und die große kriminelle Energie des Trios: „Sie hatten in Rumänien keine Aussicht auf Arbeit und Geld und kamen mit der Absicht nach Deutschland, hier ihren Lebensunterhalt durch Straftaten zu bestreiten!“Sie forderte die Höchststrafen, die im Spektrum der Verständigung vereinbart worden waren: Fünf Jahre und zehn Monate für die 38 und 39 Jahre alten Haupttäter, dreieinhalb Jahre für den 57-Jährigen, der ihnen in Tuttlingen zeitweise Unterschlupf
geboten hatte. Er relativierte vor dem Urteil noch einmal sein Geständnis, was die Strafkammer dann aber weder negativ noch positiv wertete. Richter Münzer rügte an seinem Beispiel die Unbelehrbarkeit: Bereits 2014 sei er in München nach massiven Scheckbetrügereien mit einer Bewährungsstrafe davongekommen, habe aber diese Chance nicht genutzt, im Gegenteil.
Wie hoch die erbeuteten Geldsummen und der Warenwert bei den 20 Einbruchdiebstählen – unter anderem in Tuttlingen, Aldingen, Denkingen und EmmingenLiptingen – waren, zeigt die Tatsache, dass die Strafkammer die beiden Haupttäter verurteilte, Gelder und Waren in Höhe von 57 800 Euro beziehungsweise 37 400 Euro zurückzugeben. Ob diese Summen und Waren noch vorhanden sind, blieb unklar.
Bei den Strafen einigte sich das Gericht, wie berichtet, auf die eher mittleren Bereiche des vereinbarten Strafrahmens: Die beiden Haupttäter wurden zu fünf
Jahren und drei Monaten beziehungsweise fünf Jahren Haft verurteilt, der 57-Jährige zu drei Jahren.
Das Gericht war sich mit Charalabos Salabasidis, dem psychiatrischen Gutachter, zwar einig, dass eigentlich eine Einweisung in eine Spezialklinik für Spielsucht und Drogenentzug notwendig wäre, das aber völlig aussichtslos sei. Jetzt müsse versucht werden, die Persönlichkeitsstörungen und die Suchtstörungen im Gefängnis zu therapieren.