Reinigung vom Schleier der Jahrzehnte
Katholische Gemeinde Aldingen nutzt Sanierung der Kirche zur Innenreinigung
ALDINGEN - Die Aldinger Katholiken feiern ihre Gottesdienste derzeit für einige Wochen im Saal des Gemeindehauses. Der Grund: Die 1964 erbaute Pfarrkirche St. Marien in der Kantstraße wird derzeit saniert und innen gereinigt.
Vor allem an einer Ecke unter dem Dach der Kirche waren von außen sichtbare Risse aufgefallen. Statische Untersuchungen hatten dann ergeben, dass die Betonstürze an allen vier Ecken unter dem Kirchendach beschädigt sind und Risse aufweisen. Um diese fachmännisch reparieren und stabilisieren zu können, mussten an den vier Ecken sowohl außen als auch innen Gerüste aufgebaut werden. Dazu wurde bereits im Inneren das Gestühl ausgebaut.
Da die Kirche während der Sanierungsarbeiten ohnehin geschlossen und auch innen eingerüstet ist, hat sich der Kirchengemeinderat entschieden, die Gelegenheit zu nutzen und dabei auch gleich die BacksteinWände und Betonteile im Kircheninnenraum reinigen zu lassen. Im Laufe
der Jahre hat vor allem Kerzenruß die Wände verschmutzt. Um dem Problem in Zukunft ein wenig abzuhelfen, werden neue Kerzenständer angeschafft, die den Rauch absaugen.
Außerdem reinigen Restauratoren das Altarbild – ein von Professor Johannes Wohlfahrt geschaffener, auf Kalk gemalter Lebensbaums, dessen Stationen zumeist auf Maria, die Patronin der Kirche, verweisen. Schon im vergangenen Jahr hat eine Probereinigung an einem kleinen
Teil des Bildes ergeben, dass eine sichtbare Aufhellung möglich ist. Weiterhin wurde entschieden, bei dieser Gelegenheit auch den Holzboden unter dem Gestühl aufzuarbeiten, der im Laufe der Jahrzehnte ebenfalls gelitten hat.
Die Südwand des Kirchenschiffs besteht größtenteils aus bemalten Glasbetonsteinen, die ebenfalls gereinigt werden. Romuald Hengstler (1930-2003) aus Deißlingen, der die Fenster einst gestaltet hat, hat die
Farben Rot für die Christen und Weiß für die unbefleckte Gottesmutter Maria ausgewählt.
Die Kosten für die Sanierung werden auf 160 000 bis 170 000 Euro geschätzt. „Das wird die Kirchengemeinde wohl mit eigenen Mitteln bezahlen müssen“, so Kirchenpfleger Gerhard Kratt. Nur für den Austausch der Beleuchtung mit sparsameren LED-Lampen kann die Gemeinde auf einen Zuschuss aus dem entsprechenden Programm der Diözese Rottenburg hoffen.
Gottesdienste werden während der auf eine Dauer von drei Monaten geschätzten Renovierung im Saal des Gemeindehauses gefeiert, wo aber aufgrund der Corona-Bestimmungen maximal 30 Gottesdienstbesucher Platz finden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, Gottesdienste in den anderen Kirchen der Seelsorgeeinheit zu besuchen.
Doch auch außerhalb der Gottesdienstzeiten hat die Kirche ihre Funktion. „Oft gehen Leute auch tagsüber in die Kirche, setzen sich vor den Marienaltar und beten“, berichtet Gerhard Kratt. Während die
Kirche geschlossen ist, hat man jetzt im Foyer zwischen Kirche und Gemeindehaus eine kleine geschmückte Ecke mit einer Marienstatue und ein paar Stühlen eingerichtet, um einen Ort der Andacht und des Gebets zur Verfügung zu stellen. Auch Gedenkkerzen kann man dort anzünden.
Derzeit, so Kratt, hat die katholische Gemeinde Aldingen knapp 2000 Mitglieder. „Die Zahlen sind wie überall etwas rückläufig.“Hat die Kirchengemeinde laut offizieller Statistik der Diözese im Jahr 2000 noch 2155 Personen, so waren es laut Statistik zum 31.Dezember 2020 insgesamt 1797 Personen.
Anders war die Situation Ende der 50er-Jahre. Damals war die Gemeinde in stetem Wachstum begriffen. Als die Zahl der Katholiken in Aldingen ständig zunahm – 1960 waren es bei rund 3000 Einwohnern 520 Katholiken – wurde der Ruf nach einem eigenen Gotteshaus lauter. Die Bereitstellung von Finanzmitteln der bürgerlichen Gemeinde, die Spendenbereitschaft der Einwohner beider Konfessionen sowie die Unterstützung
des Bischöflichen Ordinariats und der katholischen Gemeinde Spaichingen – zu der die Aldinger Katholiken damals noch gehörten – machten es möglich, den Kirchenbau nach den Plänen von Architekt Hans Schilling (1928-2019) aus Rottenburg zu verwirklichen.
Am 16. September 1962 wurde der Grundstein gelegt. Am 31. Mai 1964 – am Ende des Marienmonats – konnte Weihbischof Wilhelm Sedlmaier die Kirche weihen und „diesen Altar zur Ehre der seligen Jungfrau Maria“erheben, „in ihm eingeschlossen die Reliquien der heiligen Märtyrer Clarus und Clemens und christlicher Seliger darüber hinaus.“Offizieller Name der Kirche ist „Mariä Verkündigung“.
Die Aldinger Katholiken waren bis 1960 nach Aixheim, dann nach Spaichingen eingepfarrt; seit 1980 gibt es eine eigene Pfarrei. Seit 2001 sind die katholischen Kirchengemeinden St. Marien in Aldingen, St. Georg in Aixheim, St. Michael in Denkingen und St. Hippolyt und Kassian im Frittlingen zur Seelsorgeeinheit Klippeneck-Primtal gebündelt.