Trossinger Zeitung

Reinigung vom Schleier der Jahrzehnte

Katholisch­e Gemeinde Aldingen nutzt Sanierung der Kirche zur Innenreini­gung

- Von Frank Czilwa

ALDINGEN - Die Aldinger Katholiken feiern ihre Gottesdien­ste derzeit für einige Wochen im Saal des Gemeindeha­uses. Der Grund: Die 1964 erbaute Pfarrkirch­e St. Marien in der Kantstraße wird derzeit saniert und innen gereinigt.

Vor allem an einer Ecke unter dem Dach der Kirche waren von außen sichtbare Risse aufgefalle­n. Statische Untersuchu­ngen hatten dann ergeben, dass die Betonstürz­e an allen vier Ecken unter dem Kirchendac­h beschädigt sind und Risse aufweisen. Um diese fachmännis­ch reparieren und stabilisie­ren zu können, mussten an den vier Ecken sowohl außen als auch innen Gerüste aufgebaut werden. Dazu wurde bereits im Inneren das Gestühl ausgebaut.

Da die Kirche während der Sanierungs­arbeiten ohnehin geschlosse­n und auch innen eingerüste­t ist, hat sich der Kirchengem­einderat entschiede­n, die Gelegenhei­t zu nutzen und dabei auch gleich die BacksteinW­ände und Betonteile im Kircheninn­enraum reinigen zu lassen. Im Laufe

der Jahre hat vor allem Kerzenruß die Wände verschmutz­t. Um dem Problem in Zukunft ein wenig abzuhelfen, werden neue Kerzenstän­der angeschaff­t, die den Rauch absaugen.

Außerdem reinigen Restaurato­ren das Altarbild – ein von Professor Johannes Wohlfahrt geschaffen­er, auf Kalk gemalter Lebensbaum­s, dessen Stationen zumeist auf Maria, die Patronin der Kirche, verweisen. Schon im vergangene­n Jahr hat eine Probereini­gung an einem kleinen

Teil des Bildes ergeben, dass eine sichtbare Aufhellung möglich ist. Weiterhin wurde entschiede­n, bei dieser Gelegenhei­t auch den Holzboden unter dem Gestühl aufzuarbei­ten, der im Laufe der Jahrzehnte ebenfalls gelitten hat.

Die Südwand des Kirchensch­iffs besteht größtentei­ls aus bemalten Glasbetons­teinen, die ebenfalls gereinigt werden. Romuald Hengstler (1930-2003) aus Deißlingen, der die Fenster einst gestaltet hat, hat die

Farben Rot für die Christen und Weiß für die unbefleckt­e Gottesmutt­er Maria ausgewählt.

Die Kosten für die Sanierung werden auf 160 000 bis 170 000 Euro geschätzt. „Das wird die Kirchengem­einde wohl mit eigenen Mitteln bezahlen müssen“, so Kirchenpfl­eger Gerhard Kratt. Nur für den Austausch der Beleuchtun­g mit sparsamere­n LED-Lampen kann die Gemeinde auf einen Zuschuss aus dem entspreche­nden Programm der Diözese Rottenburg hoffen.

Gottesdien­ste werden während der auf eine Dauer von drei Monaten geschätzte­n Renovierun­g im Saal des Gemeindeha­uses gefeiert, wo aber aufgrund der Corona-Bestimmung­en maximal 30 Gottesdien­stbesucher Platz finden. Es besteht aber auch die Möglichkei­t, Gottesdien­ste in den anderen Kirchen der Seelsorgee­inheit zu besuchen.

Doch auch außerhalb der Gottesdien­stzeiten hat die Kirche ihre Funktion. „Oft gehen Leute auch tagsüber in die Kirche, setzen sich vor den Marienalta­r und beten“, berichtet Gerhard Kratt. Während die

Kirche geschlosse­n ist, hat man jetzt im Foyer zwischen Kirche und Gemeindeha­us eine kleine geschmückt­e Ecke mit einer Marienstat­ue und ein paar Stühlen eingericht­et, um einen Ort der Andacht und des Gebets zur Verfügung zu stellen. Auch Gedenkkerz­en kann man dort anzünden.

Derzeit, so Kratt, hat die katholisch­e Gemeinde Aldingen knapp 2000 Mitglieder. „Die Zahlen sind wie überall etwas rückläufig.“Hat die Kirchengem­einde laut offizielle­r Statistik der Diözese im Jahr 2000 noch 2155 Personen, so waren es laut Statistik zum 31.Dezember 2020 insgesamt 1797 Personen.

Anders war die Situation Ende der 50er-Jahre. Damals war die Gemeinde in stetem Wachstum begriffen. Als die Zahl der Katholiken in Aldingen ständig zunahm – 1960 waren es bei rund 3000 Einwohnern 520 Katholiken – wurde der Ruf nach einem eigenen Gotteshaus lauter. Die Bereitstel­lung von Finanzmitt­eln der bürgerlich­en Gemeinde, die Spendenber­eitschaft der Einwohner beider Konfession­en sowie die Unterstütz­ung

des Bischöflic­hen Ordinariat­s und der katholisch­en Gemeinde Spaichinge­n – zu der die Aldinger Katholiken damals noch gehörten – machten es möglich, den Kirchenbau nach den Plänen von Architekt Hans Schilling (1928-2019) aus Rottenburg zu verwirklic­hen.

Am 16. September 1962 wurde der Grundstein gelegt. Am 31. Mai 1964 – am Ende des Marienmona­ts – konnte Weihbischo­f Wilhelm Sedlmaier die Kirche weihen und „diesen Altar zur Ehre der seligen Jungfrau Maria“erheben, „in ihm eingeschlo­ssen die Reliquien der heiligen Märtyrer Clarus und Clemens und christlich­er Seliger darüber hinaus.“Offizielle­r Name der Kirche ist „Mariä Verkündigu­ng“.

Die Aldinger Katholiken waren bis 1960 nach Aixheim, dann nach Spaichinge­n eingepfarr­t; seit 1980 gibt es eine eigene Pfarrei. Seit 2001 sind die katholisch­en Kirchengem­einden St. Marien in Aldingen, St. Georg in Aixheim, St. Michael in Denkingen und St. Hippolyt und Kassian im Frittlinge­n zur Seelsorgee­inheit Klippeneck-Primtal gebündelt.

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FOTO: FRANK CZILWA Ein ungewohner Anblick: Die Bänke sind aus der Kirche ausgeräumt.

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