Wer in die Schule will, muss sich testen
Scharfer Protest, Verunsicherung oder Zustimmung: Reaktionen fallen unterschiedlich aus
TUTTLINGEN - Ab Montag startet an den Schulen wieder der Präsenz-Unterricht, wenn auch nur im Wechselmodell. Die Voraussetzung, um am Präsenz-Unterricht teilzunehmen, ist jedoch: Die Eltern müssen zustimmen, dass sich ihr Kind zweimal wöchentlich einem Schnelltest unterzieht. Das Gros scheint damit einverstanden zu sein, doch es gibt auch kritische Stimmen.
Dass sie sich einmal so darauf freuen würde, wieder in die Schule gehen zu dürfen, hätte Lina Hausmann bis vor einigen Monaten nicht gedacht. Seit 15. Dezember hatte die Achtklässlerin keinen Präsenz-Unterricht mehr. War der Online-Unterricht am Tablet in ihrem Zimmer anfangs noch spannend, vermisst sie nach vier Monaten vieles. „Mir fehlen meine Freunde und ich möchte endlich einmal wieder richtigen Unterricht“, sagt die 14-Jährige. Dass sie sich künftig zwei Mal pro Woche im Klassenzimmer selbst testen muss, macht ihr nichts aus. „Das erhöht doch die Sicherheit“, meint sie.
So wie Lina Hausmann sehen das viele Schüler und ihre Eltern. Die große Mehrheit stehe hinter der Schnelltest-Strategie, ist zumindest der Eindruck etlicher Tuttlinger Schulleiter. Doch: Bevor es mit dem Schulbetrieb überhaupt losgeht, trudelten an manchen Schulen bereits die ersten Mails und Briefe ein. So kursiert etwa aus den Kreisen der Querdenker ein standardisiertes Musterschreiben, in das nur der Name des jeweiligen Kindes und seiner Schule eingefügt werden muss. Darin enthalten sind Sätze wie: „Hiermit untersage ich, dass mein Sohn/ meine Tochter auf dem Schulgelände auf Covid 19 getestet wird. Für den Fall, dass meinem Sohn/meiner Tochter aus diesem Grund der Zutritt zum Schulgelände versagt wird, behalte ich mir gerichtliche Schritte vor.“In Frage gestellt wird des weiteren die Rechtsgrundlage der Teststrategie oder die Wirksamkeit der Schnelltests. Auch erfolgen Hinweise auf mangelnden Datenschutz, sollte ein Test positiv sein.
„Diese Schreiben gibt es jedes Mal, wenn neue Sachen kommen“, sagt Georg Schwarz, Direktor des Otto-Hahn-Gymnasiums (OHG). Meistens seien es dieselben Absender – in diesem Fall Eltern, die sich bereits an der Einführung der Maskenpflicht an den Schulen gestört hätten. „Das sind aber nicht viele Eltern“, sagt Schwarz und betont, dass er sich in diesen Punkten ohnehin nicht auf eine Diskussion einlasse. Gleicher Meinung ist auch seine Kollegin Patricia Pulfer-Jauch
„Mir fehlen meine Freunde und ich möchte mal wieder richtigen Unterricht“,
vom Immanuel-Kant-Gymnasium (IKG): „Es ist eine Allgemeinverfügung der Landesregierung, die wir an den Schulen umzusetzen haben.“Am Ende eines Elternbriefs, in dem das Test-Prozedere erklärt wird, bat sie deshalb, von eventuellen Protestbriefen und -mails an die Schule abzusehen.
Till Haendle, Rektor der Karlschule, hatte in dieser Woche weniger mit Kritik zu tun – er beobachtet vielmehr, dass bei vielen Eltern noch ein wenig Aufklärungsarbeit nötig ist. Denn: Die Voraussetzung, dass sich ein Kind in der Schule überhaupt dem Test-Prozedere unterziehen darf, ist eine vorab unterschriebene Einverständniserklärung. Fehlt diese, so darf das Kind nicht am Präsenz-Unterricht teilnehmen. Das sei einigen nicht klar gewesen – ebenfalls wie der Fakt, dass die Kinder die Schnelltests unter Anleitung einer geschulten Lehrkraft selbst an sich vornehmen müssen. „Meine Kollegen haben einige Haustürgespräche geführt, als sie herumgefahren sind, um die Einverständniserklärungen sagt die 14-jährige Schülerin Lina Hausmann.
zu verteilen“, erzählt er. Auch Matthias FunkBaumgarten, Rektor der Ludwig-Uhland-Realschule, berichtet von einigen Nachfragen, die es seitens der Eltern gab. „Ansonsten ist es bei uns ruhig“, sagt er. Gut angekommen sei der Probelauf am vergangenen Samstag, als die Schüler beider Tuttlinger Realschulen die Tests einmal selbst ausprobieren konnten. Dieses Angebot gibt es diesen Samstag für die Schüler und Eltern der übrigen Schulen.
Dass Schnelltests in der Schule nicht sein müssten – dieser Meinung ist Gregor Jakubczyk, Vater eines Fünftklässlers. Nicht, weil die Durchführung eines Schnelltests schlimm sei, aber: „Wenn die Fehlerrate dieser Tests bei einem Prozent liegt, ist das bei 20 000 getesteten Schülern eine Katastrophe.“Bei jedem positiven Schnelltest muss sich das betroffene Kind einem PCR-Test unterziehen – „und das heißt, sich die Nase halb durchbohren zu lassen“. Für Kinder sei das eine Zumutung. Ebenfalls nicht in Ordnung findet er, dass Kinder nicht am PräsenzUnterricht teilnehmen dürfen, wenn sie nicht bereit sind, sich in der Schule zu testen.
Indes kamen an den meisten Tuttlinger Schulen in den vergangenen
TRAUERANZEIGEN
Tagen im Auftrag des Kultusministerium die Pakete mit den Tests an. Für die Grundschulen hatte in dieser Woche noch die Stadt Tuttlingen Tests bereitgestellt, da in der Notbetreuung auf freiwilliger Basis getestet worden war.