„Für mich stand Firmenwohl im Fokus“
Angeklagte im Hess-Prozess geben vor Verkündigung des Urteils Erklärungen ab
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Am 26. Mai soll das Urteil im HessProzess fallen. Am Mittwoch gaben die angeklagten, ehemaligen Vorstände der nach dem mutmaßlichen Bilanzskandal zerschlagenen Hess AG noch einmal Erklärungen zu den Anklagepunkten ab, die ihnen noch vorgeworfen werden, etwa die unrichtige Darstellung nach dem Handelsgesetzbuch.
Die schwerwiegendsten Anschuldigungen wie Betrug oder Untreue hingegen sind längst vom Tisch und werden mit Segen sowohl der anklagenden Staatsanwaltschaft als auch der Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Mannheim eingestellt.
Mit Spannung erwartet werden daher die für den 19. Mai vorgesehenen Plädoyers der Verteidiger. Schließlich waren gegen die beiden damaligen Hess-Chefs nicht nur schlimme Vorwürfe erhoben, sondern haben diese in Folge des Bilanzskandals seit Januar 2013 nicht nur ihre damaligen Jobs und im Falle von Christoph Hess sogar das Familienunternehmen verloren, sondern auch acht Lebensjahre in Sorge verbracht. Der Tenor ihrer beider Erklärungen am Mittwoch ging in dieselbe Richtung: Sie hätten die Darstellungen der Bilanzen in der vorgenommenen Art und Weise für zulässig gehalten, das Wohl des Unternehmens und der Mitarbeiter im Sinn gehabt, und sich zudem auf Berater und Wirtschaftsprüfer verlassen. „Wir haben uns – wie bereits wiederholt betont – von ausgewiesenen Experten umfangreich beraten lassen“, ließ Christoph Hess etwa über seinen Verteidiger bezüglich der Aktivierung der Entwicklungskosten erklären.
„Ich kann und möchte aber sagen, dass es nie meine Absicht war, Banken, Anleger, sonstige dritte Personen oder das eigene Familienunternehmen zu schädigen, für mich stand bei allen Überlegungen und Handlungen das Firmenwohl im Fokus.“
Peter Ziegler, der während des Prozesses in Mannheim mehrfach anhand seiner Wortmeldungen bewies, wie tief er in der Materie steckte, betonte hinsichtlich der Darstellung der Bilanzen: „Die von mir angedachte Gestaltung, Entwicklungen der Hess AG nach deren Veräußerung als Erlöse und letztlich in der HLT zu Anschaffungswerten zu bilanzieren, habe ich grundsätzlich für rechtmäßig angesehen.“Trotzdem habe er „der Sicherheit halber“vor Umsetzung die Berater des Unternehmens konsultiert.
Christoph Hess ging in seiner
Darstellung auf die aufregende Zeit im Vorfeld des Börsengangs ein. Er habe die Firma vor große Herausforderungen gestellt, „aber es herrschte damals eine regelrechte Aufbruchsstimmung, getragen von zahlreichen neu akquirierten Projekten und großem persönlichen Engagement der beteiligten Personen“. Und auch wenn der mit der konkreten Ausführung der Aktivierung der Entwicklungsleistungen nicht selbst betreut gewesen sei, „so war ich aber doch angesichts meiner Position ganz klar in der Verantwortung“, räumte er ein.