Ramadan: Bär erwartet Auswirkungen wie an Ostern
Landrat verortet Infektionsgefahr weniger in der Moschee – Oberbürgermeister Beck warnt vor privaten Treffen
TUTTLINGEN - Anders als die evangelischen und katholischen Kirchen (wir haben berichtet) hat sich die muslimische Gemeinde in Tuttlingen entschieden, sich trotz der hohen Infektionszahlen weiter in ihrem Gotteshaus zu treffen. Das muss kein Grund sein, warum das Coronavirus weiter um sich greift. Landrat Stefan Bär und Oberbürgermeister Michael Beck warnen eher davor, im privaten Bereich vorsichtig zu sein.
„Es ist schwierig, das zu quantifizieren“, sagt Landrat Stefan Bär. Bei der Durchsicht der Menschen, die sich mit dem Coronavirus angesteckt hätten, würde die Mehrzahl der Namen mit vermeintlichem Migrationshintergrund schon auffallen. Damit sei aber nicht klar, dass diese sich auch beim gemeinsamen Gebet angesteckt hätte. „Nicht jeder möglicherweise muslimische Name geht auch in die Moschee.“
Diese Annahme stützt Mustafa Aydin vom Ältestenbeirat der türkisch-muslimischen Gemeinde DITIB. Man habe die gegenwärtige Lage im Vorstand besprochen und sich trotz der Pandemie entschieden, das Gebet in der Moschee zu ermöglichen. Schließlich würden zum morgendund abendlichen Gebet zwischen fünf und 15 Personen kommen. Eine verhältnismäßig geringe Zahl gemessen an der Größe der Räume, die mehrere hundert Menschen zum Gebet aufnehmen kann.
Mehr als das Gebet werde auch nicht gestattet. „Die Leute sitzen dann auch nicht locker zum Reden zusammen. Sie gehen nach dem Gebet wieder raus“, sagt Aydin, der betont, dass die Corona-Regeln bekannt sind und auch umgesetzt würden. „Der Imam ist den ganzen Tag in der Moschee. Es kommt niemand ohne Maske rein. Sonst wird er rausgeschickt.“Jeder Gläubige müsste auch seinen eigenen Teppich mitbringen, auch der Abstand von mindestens 1,50 Meter zum nächsten Betenden sei einzuhalten. Zudem gebe es an vielen Stellen die Möglichkeit, sich die Hände zu desinfizieren.
Anders wird die Situation wahrscheinlich am 13. Mai sein. Dann endet mit dem Zuckerfest der Ramadan, eines der höchsten Feste im Islam. Dafür laufen bei der Gemeinde nun die Planungen. Man werde das Gebet möglicherweise in drei Schichten anbieten müssen, erklärt Aydin. „Wir zählen dann, wer reinkommt und wer rausgeht.“
Anders als beim Gebet in der Moschee
könnte das Fastenbrechen am Abend durchaus nachteilig für die Virusbekämpfung sein. Schließlich, so Bär, wären es größere Familien, die dann zusammenkommen. Eine Steigerung der Infektionen erwartet der Landrat auch während der Zeit des Ramadans. Dies habe es aber auch an den christlichen Festen Weihnachten und Ostern gegeben. Immer dann, wenn mehr Menschen als üblich zusammenkommen.
Deshalb will sich Tuttlingens
Oberbürgermeister Michael Beck noch einmal an die muslimische Gemeinde wenden. Merkblätter in mehreren Sprachen würden vorbereitet. In einer Videobotschaft hat das Stadtoberhaupt noch einmal die Bedeutung der Kontaktbeschränkung hervorgehoben. „Verzichten Sie, wenn möglich ganz auf private Besuche – und wenn, dann treffen Sie sich lieber im Freien als in der Wohnung“, sagte Beck. Private Feste und Familientreffen seien in der gegenwärtigen Situation völlig tabu.
„Wenn wir einen entspannten Sommer erleben möchten“, meint Beck, dann müssen wir jetzt alle unsere persönlichen Kontakte wieder stärker reduzieren.“Im ersten Lockdown habe man mit dieser Strategie gute Erfolge erzielt. Sollten die Inzidenzwerte nicht runtergehen, könne man keine Lockerungen wie „geöffnete Geschäfte, Cafés und Restaurants und auch keine großzügigeren Kontaktregeln“erwarten. Beck erklärte, dass er nach mehr als einem Jahr in der Pandemie Verständnis für die Ermüdung der Bürger habe. Viele seien entnervt, manche verzweifelt – vor allem diejenigen, die konkrete Existenzsorgen hätten. Vielen würde es schwerer fallen, sich an die Regeln zu halten. „Sie werden deswegen nachlässig, treffen sich wieder häufiger mit Freunden und Verwandten“, meint Beck. Durch die zunehmende Impfung gebe es aber Licht am Ende des Tunnels. „Ob wir im späten Frühjahr oder Frühsommer eine Erleichterung spüren, hängt an uns allein.“