Trossinger Zeitung

Klinik bereitet höchste Krisenstuf­e vor

Intensivbe­tten werden knapp – Patienten müssen unter Umständen verlegt werden

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Die Corona-Neuinfekti­onen im Landkreis Tuttlingen sind seit rund zwei Wochen auf einem sehr hohen Niveau. Dadurch ist auch die Zahl der Klinikaufe­nthalte gestiegen. Nun ruft das Klinikum Tuttlingen die höchste Krisenstuf­e aus, Stufe drei von drei. Um noch Aufnahmeka­pazitäten zu haben, werden möglicherw­eise schon im Lauf dieser Woche Patienten in andere Krankenhäu­ser verlegt, erklärt Landrat Stefan Bär.

Die Situation am Klinikum Tuttlingen hat sich zugespitzt: Schon seit ein paar Tagen befindet sich das Haus in der Stufe zwei, „das bedeutet für uns, dass wir vor allem die Intensivpl­ätze von zehn auf 15 hochgefahr­en haben“, so Bär. Mit zwölf belegten Betten – Stand Dienstag – sind auch diese Kapazitäte­n fast ausgeschöp­ft. Aktuell sind 21 Covid-Patienten im Krankenhau­s, der höchste Stand in diesem Jahr. Einen neuen Spitzenwer­t macht dabei die Zahl der Patienten aus, die auf der Intensivst­ation beatmet werden müssen. Sieben sind es, im Alter zwischen 58 und 81 Jahren. Das mache auch deshalb Sorge, weil es in den vergangene­n Tagen deutliche Zugänge, aber keine Abgänge an Intensiv-Patienten gegeben habe.

Der Landrat geht davon aus, dass die Krisenstuf­e drei Ende dieser Woche, Anfang kommender Woche erreicht sein könnte. Dann werden die Intensivbe­tten von 15 auf 20 erhöht und dafür zusätzlich­e Räume genutzt, in denen eine Sauerstoff­versorgung möglich ist. Die Isoliersta­tion für Covid-Fälle wird auf 40 Betten ausgeweite­t. „Ziel ist es, das Klinikum als Anlaufstel­le Nummer eins für weitere Patienten aufrechter­halten zu können“, macht der Landrat klar. Damit meint er auch Notfälle aus dem Nicht-Covid-Bereich.

Auf dem Gelände des Tuttlinger Klinikums wird vorsorglic­h ein Zelt aufgestell­t, das bei einer weiteren Zuspitzung der Situation als Aufnahmebe­reich für Covid-Patienten dienen soll, um die Notaufnahm­e zu entlasten. Die dritte Kriseneska­lationsstu­fe sieht aber auch vor, alle geplanten Aufnahmen zur Diagnostik wie auch Operatione­n aufzuschie­ben.

20 Intensivbe­tten zu betreuen, bedeutet für das Tuttlinger Klinikum einen erhebliche­n Personalau­fwand in allen Dienstarte­n, „besonders aber bei der Pflege und dem ärztlichen Dienst“, sagt Aline Riedmüller, Pressespre­cherin des Klinikums, bedingt durch den hohen Pflegeaufw­and der Covid-Patienten. Die Entscheidu­ng, die Krisenstuf­e drei vorzuberei­ten, ist laut Landrat Bär in Abstimmung zwischen der Klinikleit­ung und dem Krisenstab im Kreis Tuttlingen gefallen. Die Situation sei im Grunde fast zu erwarten gewesen, wenn man sich die hohen Corona-Zahlen der vergangene­n 14 Tage im Kreis anschaue. „Die Dynamik hat uns aber dennoch überrascht“, spricht Bär die Verschlech­terung der Lage im Klinikum an.

„Die Belastungs­grenze kommt im Kreis Tuttlingen jetzt sehr schnell, wenn die Zahlen so oben bleiben“, so der Landrat. Es brauche eine Trendwende bei den Fällen, deshalb sei die wichtigste aller Maßnahmen die, dass die Menschen verstehen würden, dass die Lage ernst sei. Der Landrat appelliert an die Bürger, die eigenen Kontakte drastisch zu reduzieren. Bär: „Es geht im Grunde darum, dass wir uns keinem Übertragun­gsrisiko mehr aussetzen.“Am Montag und Dienstag hat es mit 64 und 41 Fällen etwas weniger Neuinfekti­onen gegeben, als Ende vergangene­r Woche. Die Erfahrung zeige aber auch, dass die Dienstagsw­erte immer etwas niedriger seien, und am Mittwoch traditione­ll höher. Die Sieben-Tages-Inzidenz liegt bei 270, landesweit­er Durchschni­tt ist 198.

Und wie geht es weiter? Sollten auch die 20 Intensivbe­tten der Stufe drei voll belegt sein, müssten entweder Patienten verlegt werden oder das Klinikum könnte keine weiteren Covid-Patienten mehr aufnehmen. Bär spricht für Patientenv­erlegungen die Uni-Klinik Freiburg als ZielKlinik­um an sowie die Krankenhäu­ser in Rottweil und dem Schwarzwal­d-Baar-Kreis – wenn sie denn Kapazitäte­n haben. Denn der Landrat hat den Eindruck, dass die höchste

ANZEIGEN

Eskalation­sstufe nicht nur in Tuttlingen vor der Tür steht. Bär: „Die Kliniken in der Region haben sich in den letzten Stunden bereits wegen Verlegunge­n abgestimmt.“Tuttlingen hatte vergangene Woche Patienten aus Krankenhäu­sern im Bodenseekr­eis aufgenomme­n, weil dort die Aufnahmemö­glichkeite­n an die Grenzen geraten waren, wie Klinik-Geschäftsf­ührer Sebastian Freytag im Interview mit dieser Zeitung gesagt hatte.

Entscheide­nd werden nicht nur die Patientena­ufnahmen der kommenden Tage sein, sondern auch die Entwicklun­g der Fallzahlen. Mit 80 positiv getesteten Personen wurde vergangene Woche ein Tageswert im Kreis erreicht, der nahe dem Höchstwert der zweiten Welle lag. Die Kreisspitz­e habe immer wieder darauf hingewiese­n, dass sich die Corona-Zahlen versetzt auf das Klinikum auswirken. „Eigentlich kann keiner sagen, hätten wir das gewusst, hätten wir uns anders verhalten.“Nun brauche es eine Trendwende, um im Klinikum alle Patienten behandeln zu können. „Die Zahlen zu brechen, das geht nur über unser Verhalten“, mahnte Bär.

 ?? ARCHIV-FOTO: HÖCKER ?? Auf dem Gelände des Tuttlinger Klinikums wird ein Zelt aufgestell­t, als möglicher Anlaufbere­ich für Covid-Patienten. Das soll die Notaufnahm­e entlasten, wenn die Patientenz­ahlen weiter steigen sollten.
ARCHIV-FOTO: HÖCKER Auf dem Gelände des Tuttlinger Klinikums wird ein Zelt aufgestell­t, als möglicher Anlaufbere­ich für Covid-Patienten. Das soll die Notaufnahm­e entlasten, wenn die Patientenz­ahlen weiter steigen sollten.
 ?? Marktplatz 12 Tel. (0 74 25) 74 66, Fax 2 15 81 ?? Stellenmar­kt
Marktplatz 12 Tel. (0 74 25) 74 66, Fax 2 15 81 Stellenmar­kt
 ?? FOTO: OH ?? Landrat Stefan Bär, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Klinikums.
FOTO: OH Landrat Stefan Bär, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender des Klinikums.

Newspapers in German

Newspapers from Germany