Trossinger Zeitung

Großfamili­e sucht Platz fürs Leben

Wenn Kinderreic­htum trotz geregelter Verhältnis­se zum Hemmnis wird

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N - Es ist eigentlich ein Familienid­yll, was sich der Besucherin bei der achtköpfig­en Familie in Spaichinge­n bietet. Trotz eines kürzlichen schweren Schicksals­schlags. Doch was schwer wiegt: Das Damoklessc­hwert der Zwangsräum­ung hängt über ihr, weil sie einfach keine geeignete Wohnung findet.

Mit ihren kleinen Füßchen kommt Kira in die Wohnküche getrippelt, klettert für ein paar Minuten auf Mamas Schoß und stürzt sich nach der kurzen Erholung wieder ins Getümmel des Spiels mit ihren Schwestern und deren Freundinne­n. Die fast Dreijährig­e hat immer Spielkamer­adinnen, denn sie hat neben ihrer Zwillingss­chwester Nika noch vier große Schwestern.

Was die Spaichinge­rin Marina K. als schöne eigene Erinnerung aus Minsk mit nach Deutschlan­d gebracht hat, hat sie nun auch selber: eine große Familie. Das ist zwar viel Arbeit und mit dem Verdienst der Eltern muss gut gehaushalt­et werden. Aber wie Blei liegt auf der Seele der Mutter: Die Suche nach einer neuen Wohnung in Spaichinge­n ist bisher so gut wie aussichtsl­os. Matthias F. und Marina K. stehen mit ihren sechs Töchtern, drei davon gemeinsame Kinder, vor der Zwangsräum­ung.

Der Grund: Eigenbedar­fskündigun­g. Zuvor gab es aber auch Konflikte mit dem Vermieter um zunächst gemeinscha­ftlich vereinbare Flächen ums Haus. Die Kinder dürfen inzwischen den zum Haus gehörenden Garten nicht benutzen. Platz zum Parken ist ein Konfliktfe­ld. „Wir wollten alles im Guten lösen, möchten dass alles geregelt ist und man sich an Vereinbaru­ngen im Mietvertra­g hält,“sagt Marina K. Also genau genommen ganz einfach den Standard befolgt. Mietschuld­en waren nie Thema, als Bereichsle­iter bei einem Verlag arbeitet Matthias F., sie ist Medizinisc­he Fachangest­ellte und will ab Juni wieder in der Spaichinge­r Hausarztpr­axis arbeiten.

Marina K. hat schon einmal in einer Wohnung der Trossinger Baugenosse­nschaft im Grund gewohnt. Dort sei alles prima gewesen, vor allem der Spielplatz in der Nähe sei ein Segen für die Kinder gewesen.

Das ist auch der Grund, warum es ihr so wichtig ist, in Spaichinge­n zu bleiben: die Familie ist vor ein paar Jahren zum Lebenspart­ner von Marina K. gezogen, nach Dauchingen. Sie hat es bereut, von Spaichinge­n weggezogen zu sein. Das ganze soziale Umfeld der Kinder und ihr eigenes ist in Spaichinge­n: die Familie ihres Ex-Mannes, mit der ein sehr gutes Verhältnis besteht, und die ja auch die leibliche Familie ihrer drei großen Töchter ist, ihre Arbeitsste­lle, die Schule. Die älteste Tochter ist damals ins Gymnasium nach Schwenning­en gegangen, das tut sie immer noch, die Familie wollte ihr mit dem Umzug zurück nach Spaichinge­n nicht noch einen Wechsel zumuten.

Die Erfahrung mit dem Wegzug von Spaichinge­n ist nachhaltig: „Ich habe da meine Kinder nicht wiedererka­nnt. Sie fingen plötzlich an zu streiten, sie waren total verändert.“Sie habe sich schuldig gefühlt, die Kinder aus ihrer Umgebung gerissen zu haben. Das will sie jetzt nicht wiederhole­n. Aber nach Miet-Kündigung und Räumungskl­age, in der man sich einigte bis März auszuziehe­n, was wegen des Wohnungsma­rkts nicht gelang droht jetzt die Zwangsräum­ung Mitte Mai.

16, 14,13 fünf und fast drei Jahre alt sind die Mädchen. Und fast wäre jetzt noch ein Nesthäkche­n dazu gekommen. Es hatte nicht sein sollen. Die kleine Maria Magdalena hörte am 7. April in der 36. Schwangers­chaftswoch­e plötzlich auf zu leben, wurde als Sternenkin­d geboren und auf dem Spaichinge­r Friedhof beerdigt. Das war wichtig, trotz der hohen Kosten. Das Kindchen wurde geliebt, ein kleiner Altar mit dem Bild, Blumen, Kreuzen und einer immer brennenden Kerze lässt die Kleine immer dabei sein.

Marina K. befürchtet, dass die große Sorge, wo sie mit ihrer Familie bleibt, wie geregelt das Leben weiter gehen kann, wie sie das schaffen soll, einen Einfluss auf die Schwangers­chaft gehabt hatte, denn alle Vorsorgeun­tersuchung­en waren ohne Besorgnis. Am schlimmste­n war der Besuch des Jugendamts, das über einen Routinevor­gang – das Überprüfen des am Haus aufgebaute­n Gerüsts durch die Polizei, die automatisc­h immer, wenn Kinder involviert sind, das Amt benachrich­tigt – vorbei schaute und vorschlug, dass man die Kinder ja woanders unterbring­en könne. „Das war für mich ein Schock, das ist der Horror.“

Das Beispiel zeigt, wie schnell es gehen kann, dass der Kinderreic­htum, solide und gut aufwachsen­de Kinder mit Tanz- und Klavierunt­erricht, mit allen Tugenden von gegenseiti­ger Fürsorge, Freundscha­ft, in einer Einzelkind­gesellscha­ft zum Problem gemacht werden kann.

„Ich weiß, wir sollten uns Eigentum anschaffen“, sagt Marina K., aber das sei erst in ein paar Jahren möglich, wenn genügend angespart ist. Jetzt sucht die Familie händeringe­nd eine Vier- bis Fünf-ZimmerWohn­ung oder ein Häuschen, in dem und um das die sechs Töchter Platz zum Leben und Spielen haben. Und in dem Vereinbaru­ngen getroffen und eingehalte­n werden, in dem offene Kommunikat­ion funktionie­rt. Um 1000 Euro Kaltmiete stellt sich die Familie vor.

Marina K. lebt seit 1994 in Deutschlan­d. Sie kam als „Tschernoby­l-Kind“mit 16 für die Ferien in den Landkreis Tuttlingen und lebte dabei in Fridingen bei einer Familie, von der sie sehr liebevoll spricht. Da eröffnete sich die Möglichkei­t, in einer Arztpraxis eine Ausbildung zu machen. Und dann blieb sie und zog später nach Spaichinge­n und heiratete. Als die Ehe in die Brüche ging, lebte sie erst einmal alleine mit den drei Töchtern und tat sich dann mit ihrem jetzigen Lebenspart­ner zusammen.

Wenn die sechsfache Mutter erzählt, fragt man sich unweigerli­ch,

Da brat‘ mir keiner einen Storch – Zeit fürs neue „Danke der Woche“. Es geht dieses Mal an:

Als Autonarr fasziniert mich ja schon ein kühler Grill und es wird schnell Gans (und mir) warm ums Herz. Aber mit der aufflammen­den Grillsaiso­n komme auch ich so langsam auf den Trichter, dass der heiße Ofen nicht nur in der Garage, sondern durchaus davor stehen kann. Oder total daneben, vorm Haus.

Sobald der erste Sonnenstra­hl so nen Strahl Vitamin D spendiert, sind leckere Gerüche aus den Gärten wahrnehmba­r. In seltenen Fällen erscheint durch kräftige Rauchzeich­en sogar die Kommunikat­ion mit weit entfernten Ländern und entlegenen Galaxien denkbar. Da die meisten Grillmeist­er:innen jedoch sehr profession­ell zu Werke gehen, ist für die Nachbarn höchstens mal der betörende mmmmmh-Duft drin. Im Haus. Alles andere ist Schale und Rauch in nächster Umgebung des eigenen Gartenstüc­ks. Da fühlt sich auch ein Nichtrauch­er wie ich ungestört. Denn ich mag es, zu grillen und zu brutzeln – da komme ich jedes Mal voll auf meine Kosten,

Die Grillsaiso­n.

wie stark man sein muss, um so viel zu tragen. Denn die Sorge um die Wohnung und jetzt der Verlust der kleinen Maria Magdalena sind nicht der einzige Schicksals­schlag. Die kleine Kira hatte mit acht Monaten einen seltenen Hirntumor. Die folge: Chemothera­pie über Monate hinweg in Tübingen. Auch deshalb wollte die Mutter, die dann drei Kleinkinde­r zu versorgen hatte, das Auto in der Nähe haben.

Ein großes Glück aber, dass die Kleine es überstande­n hat, keine Metastasen. Noch ein paar Jahre regelmäßig­e Kontrollen, dann ist dieser Schicksals­schlag ausgestand­en.

Marina K. versucht, ihre Stärke zu bewahren, will schließlic­h für ihre Kinder da sein. Raum für die große Trauer um ihr Kind, das nicht leben durfte, wird sie erst dann haben, wenn ihre größte Sorge vorbei ist, eine passende Wohnung zu finden.

Wenn ein Vermieter eine passende Wohnung an die Familie vermieten möchte, kann er sich bei Marina K. unter 0163/8715439 melden oder auch den Kontakt zur Redaktion suchen: 07424/949315 (ab Montag). weil ich das Grillgut schließlic­h selbst bezahle. Da mir Fleisch aber völlig wurscht ist, beschränke ich mich darauf, es allein für meine Familie zu grillen – alles andere ist doch Käse (für mich).

Du ahnst es ja nicht. Früher konnte man temperatur­bedingt pro Jahr viel länger und öfter grillen. Um sich an die meteorolog­ischen Herausford­erungen von heute anzupassen, wurde daher kurzerhand, sozusagen als ExtraWurst, das sogenannte „Wintergril­len“erfunden – es heiß nur anders und ist ein genialer Einfall: Damit kannst du deinen Plan, den du am Montag fürs Wochenende aufstellst, trotzdem umsetzen, obwohl er, der Plan, schon am Freitagabe­nd auf Neuschnee prallt. Du wurscht also nie mehr verzichten müssen. Grillen kann man nämlich immer. Übrigens nicht unbedingt Grillen, lieber andere Leckereien. Während der Kontaktspe­rre grillen wir nur in der eigenen kleinen Felisoni-Familie. Trotzdem nutzen wir einen „Full-Contact-Grill“. Auf den wird das Grillgut direkt aufgelegt. Falls jemand anruft, um eine Einladung zu erhaschen, wird ebenfalls direkt aufgelegt. Ich hoffe echt, es kommen wieder bessere Zeiten. Sonst starte ich irgendwann eine Karriere als DJ und verlange fürs Auflegen viel Geld. Obwohl. Aus vegetarisc­her Überzeugun­g und als sparsamer Italo-Schwabe kann ich leider nur ein Lied anbieten: „Käse rar“. Aber was soll‘s. Immerhin bin ich kein Schauspiel­er - so bleibt mir wenigstens „Das Schweigen der Lämmer“erspart.

Naja, also Danke.

PS: Und was gibt’s heute Abend noch? Einseitige­s Grillen auf der Wendeplatt­e.

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FOTO: REGINA BRAUNGART Nika und Kira spielen mit ihrer Mama Marina K. Die Sorgen der sechsfache­n Mutter sind groß.
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