Trossinger Zeitung

98 neue Corona-Fälle: So viele wie noch nie

Der Landkreis hat damit auch den Spitzenpla­tz im Land inne – Klinikum macht sich für Krisenstuf­e bereit

- Von Ingeborg Wagner

TUTTLINGEN - Die 98 neuen Coronafäll­e im Landkreis Tuttlingen vom Donnerstag stellen den Höchstwert seit Beginn der Corona-Pandemie dar. Mit einer Inzidenz von 284 steht der Kreis damit an der Spitze des Landes, bundesweit belegt er Platz 18. Die Neuinfekti­onen traten in 17 Gemeinden auf. Landrat Stefan Bär sagt: „Der halbe Landkreis ist betroffen.“

Woran liegt es? Zwar sind die Städte Tuttlingen mit 35 Fällen und Spaichinge­n mit 23 Fällen ganz oben mit dabei, „aber den einen Ausbruch gibt es nicht“, so der Landrat. Er erklärt sich den Anstieg ein Stück weit auch durch den Vormarsch der CoronaMuta­tionen, die deutlich ansteckend­er seien. Am Donnerstag konnten 62 britische Mutationen aus Testungen der vergangene­n Tage nachgewies­en werden. Auch andere Zusammenhä­nge ließen sich herleiten. So seien Familien dabei, in denen es gleich vier, fünf Fälle gebe, und auch Rückschlüs­se auf Betriebe gebe es. Der Kreis Tuttlingen sei ein Industries­tandort, vor allem im produziere­nden Gewerbe lasse sich die Arbeit nicht ins Homeoffice verlegen. Nicht zuletzt sei das Freizeitve­rhalten ein Treiber der Entwicklun­g. „Da unterschei­den wir uns nicht wirklich von anderen Landkreise­n.“

Die Mitarbeite­r im Gesundheit­samt arbeiteten mit Hochdruck an den

Details der Zusammenhä­nge und an der Nachverfol­gung der Kontaktper­sonen. Wegen der hohen Fallzahlen wurde das Team mit Mitarbeite­rn aus anderen Abteilunge­n des Landratsam­ts verstärkt.

„Extrem angespannt“, so der Landrat, sei die Situation im Klinikum Tuttlingen. Um auf der Intensivst­ation weiterhin aufnahmefä­hig zu sein, „wurden zwei Corona-Patienten in andere Häuser gebracht, um uns Luft zu verschaffe­n“. Ein weiterer Patient sei verstorben. Zwei der Betten seien aber nur kurz frei gewesen: Ein Patient musste von der normalen Corona-Station auf Intensiv verlegt werden, ein anderer kam von außen. Macht sechs belegte Betten mit Covid-Kranken, auf der Normalstat­ion sind es 19. Bär: „Wenn weitere Fälle zufließen, müssen wir die Krisenstuf­e drei in den nächsten Tagen in Betrieb nehmen.“Wie berichtet, sind die Vorbereitu­ngen dafür getroffen worden. Dann stehen 20 Intensivbe­tten bereit, für Covid-Patienten wie für andere Notfälle.

Hängen die gestiegene­n Fallzahlen vielleicht mit den hohen Testzahlen zusammen? Nein, sagt der Landrat. Diese These sei überlebt. Dabei sind die Tests im Kreis tatsächlic­h stark gestiegen. Vergangene Woche waren es 11 086 Testungen (Woche davor: 5500), bei denen 59 positive Ergebnisse entdeckt wurden. Das ist ein Anteil von 0,5 Prozent. Das Gesundheit­samt will nun auswerten, wie hoch der Anteil der positiven Schnelltes­ts an allen positiven Fällen ist.

Bis zum Wochenende werden im Landkreis Tuttlingen 43 000 Impfungen verabreich­t sein, 35 000 Erst- und knapp 8000 Zweitimpfu­ngen. Diese Woche sei etwas mehr geimpft worden, weil die Lieferunge­n nach Tuttlingen höher gewesen seien. Zudem hat sich die Zahl der Ärzte, die impfen, von 51 auf 63 erhöht. In den Praxen sind bislang rund 5200 Impfungen verabreich­t worden.

Bald soll das Impfen auf die Firmen ausgedehnt werden. Das Medizintec­hnikuntern­ehmen Aesculap hat sich mit Unterstütz­ung des Landratsam­ts für einen Modellvers­uch beworben, bei dem vor Ort geimpft werden soll. Schon jetzt habe Aesculap ein überbetrie­bliches Testzentru­m im Verbund mit anderen Firmen. Daraus könnte ein Impfzentru­m werden, von dem auch andere Betriebe profitiere­n. Bär hofft, dass Tuttlingen zum Zuge kommt und das Projekt schnell umgesetzt werden kann. „Das würde uns einen deutlichen Schub verschaffe­n.“Ein solches Angebot erleichter­e auch Menschen den Zugang zum Impfen, die sich mit dem Terminproz­edere der Online-Plattform oder per Telefon schwer tun würden, zum Beispiel aufgrund von Sprachprob­lemen. Aber grundsätzl­ich sei es für alle Beschäftig­ten gedacht.

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ARCHIV-FOTO: SABINE KRAUSS Es gibt immer mehr Schnelltes­tungen im Landkreis. Die Fallzahlen steigen aber aus anderen Gründen.

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