Döner lohnen
Es ist ja so: Der Trossinger*in an sich ist ein Ästhet. Wie oft hört man in der Stadt täglich den Satz: „Äs tät’s doch au so!“Reparatur alter Straßen mitsamt Kanalisation: „Äs tät’s doch au so!“. Mundschutz täglich wechseln? „Äs tät’s doch au ohne!“
Der Frau zum Hochzeitstag einen Blumenstrauß schenken? „Äs tät’s doch au –“obwohl: ganz ohne Blumen kommt keine Ästhetik zustande, das sieht man an den neuerdings wieder blitzblanken Rabatten und Kreisverkehren, die der Stadt zu mehr adrettem Glanz verhelfen, ganz nach dem Motto: „Unser Dorf soll schöner werden!“.
Ein innerer Wettbewerb „Schöner Wohnen!“scheint entbrannt, alles wird unter die Lupe genommen, auch die Straßennamen. Der „August-Lämmle-Weg“ist für die Musikstadt nun nicht mehr passend, schließlich hat der Mann im so genannten „Dritten Reich“heiße Liebesschwüre über den Führer geschrieben an „Jubeltagen, die das Volk in seiner zweitausendjährigen
Geschichte nicht erlebt hat!“, so der Autor. Der Katzenjammer folgte erst bei der Entnazifizierung, bei der aber dann Lämmle fromm als Mitläufer durchging. 35 schwäbische Städte zwischen Bempflingen und Hepsisau führen noch ein Lämmle im Straßennamen und vier Schulen, doch einige davon wackeln bereits ebenfalls.
Aber nicht nur die Ästhetik der Namensgebung, auch die Optik in der inneren Musikstadt lässt zu wünschen übrig: Wäre die Hauptstraße ein Gebiss, so würden alleine im Oberkiefer die Zähne 15, 24 und 26 fehlen, und 25, 27 sowie 46 und 44 würden Kau-Spuren zeigen, die in den Orient weisen: hier hat sich die allseits beliebte Döner-Kultur etabliert, der man nun in den Lücken gerne moderne, attraktive Architektur an die Seite stellen könnte mit gehobenem Einzelhandel unten und exklusivem Wohnen darüber. Ob der Plan aufgeht, muss man abwarten; das wäre zwar „Schöner Wohnen“, aber der Geschäftsmann weiß: „Döner lohnen“….