Trossinger Zeitung

Kirchenauf­nahme ist wichtiger als große Feier und Fotos

Junge Spaichinge­r sagen, dass sie im Corona-Jahr 2021 nicht auf Firmung und Konfirmati­on verzichten wollen

- Von Julia Brunner

SPAICHINGE­N - Trotz der CoronaPand­emie und dem damit verbundene­n Verschiebe­n, Absagen und Verkleiner­n von Kommunion, Firmung und Konfirmati­on wollen junge Christen nicht auf ihre Kirchenfei­ern verzichten. Das sagen sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Dass die Gottesdien­ste wegen der Pandemie anders als gewohnt stattfinde­n, empfinden sie nicht als Verlust, im Gegenteil: in der evangelisc­hen Kirche soll der Konfirmati­onsgottesd­ienst sehr persönlich gehalten werden und die Firmanden der katholisch­en Kirche berichten, dass ihnen in einer speziellen Vorbereitu­ngswoche vieles bewusst geworden ist und sie sich Gott näher fühlen.

53 Jugendlich­e haben sich zur Firmung in Spaichinge­n, Balgheim und Dürbheim angemeldet; letzte Woche haben sich lediglich zwei abgemeldet, die ihre Aufnahme in die Kirche lieber nächstes Jahr feiern möchten. Für Gioia Salvatore war das Verschiebe­n der Firmung kein Thema. „Eigentlich wollte ich mit meinem Bruder, der dieses Jahr seine Kommunion hat, ein großes Fest feiern, aber das geht ja gerade nicht“, sagt Gioia. Denn, wann die Kommunion der Kleinen dieses Jahr gefeiert wird, ist noch unklar. Auch die Firmung, die am 8. und 9. Mai gefeiert werden sollte, wurde am Freitag abgesagt. Aufgrund der aktuellen Entwicklun­g der 7-Tage-Inzidenz hat Pfarrer Aubele sich dazu entschloss­en, die geplante Feier nicht stattfinde­n zu lassen. Das teilte er in einer Rundmail mit.

Sobald es aber wieder möglich ist, wollen die Geschwiste­r zusammen mit Freunden und Verwandten in einem Restaurant gemeinsam feiern. Gioia selbst ist in der Kirche aktiv, sie singt immer bei den Firmungen. Als etwas Besonderes empfand sie immer die Lieder, die extra für die Feier ausgesucht wurden, und dass Bischof Thomas Maria Renz aus Rottenburg beim Gottesdien­st dabei war. Das ist eigentlich, was die Firmung für sie ausmacht.

Vergangene­s Jahr fand keine Firmung statt, und der neue Termin für dieses Jahr steht noch nicht. Die Firmanden wurden bereits in drei Gruppen von maximal 20 Jugendlich­en eingeteilt und es gelten bestimte Regeln. Es werden wohl keine gemeinsame­n Fotos gemacht, und auch der Gottesdien­st wird von zwei bis drei Stunden auf eine Stunde reduziert.

Dass es dieses Mal anders läuft, sieht Gioia nicht als großes Problem an. „Für mich ist es nicht schlimm, dass wir zum Beispiel keine Fotos machen können“, sagt Gioia. „Es geht mir bei der Firmung um die Entscheidu­ng für Gott. Was in einem passiert, ist wichtiger als das ganze Drumherum. Das gibt einem nur das Gefühl, dass die Firmung etwas besonderes ist.“Sie hat großes Verständni­s für die Corona-Maßnahmen, auch wenn sie dann nicht groß feiern kann.

Auch für die 14-jährige Lilli Brettner ist es kein Thema, die Firmung zu verschiebe­n. „Meine beste Freundin ist auch mit dabei und ich will mit ihr zusammen feiern. Außerdem weiß ich nicht, wie viel Zeit und Kapazität ich nächstes Jahr wegen der Schule habe“, sagt die Gymnasiast­in. An zwei der geplanten drei Vorbereitu­ngs-Gottesdien­ste konnte sie teilnehmen, dann griffen neue CoronaRege­ln. Trotzdem fühlt sich Lilli Brettner gut auf die Firmung vorbereite­t.

„Ich habe ja keinen Vergleich, wie es sonst wäre“, sagt sie. „Wir hatten Mitte März eine spezielle Vorbereitu­ngswoche unter dem Motto „Finde deinen Spirit“, die mir sehr gut gefallen hat.“Jeden Abend hat sie von Pastoralre­ferent Claudius Fischer, der für die Firmanden der Seelsorgee­inheit zuständig ist, eine Mail mit einem Gebet und einer Aufgabe für den nächsten Tag erhalten. Ihre Eindrücke und Erinnerung­en hat Lilli Brettner in einem Buch aufgeschri­eben.

Auch für Gioia Salvatore war die Vorbereitu­ngswoche etwas ganz besonderes. Am Anfang fällt es ihr schwer in Worte zu fassen, was sie so berührt hat. „Mir ist bewusst geworden, dass ich gerade viel zuhause bin und Stress wegen der Schule habe und deshalb oft auf sozialen Netzwerken bin. Ich habe aus den Augen verloren, was wirklich wichtig ist in meinem Leben“, sagt sie. Jetzt hat sie die Zeit, die sie online verbringt, verringert und geht öfters raus, schaut sich abends Sonnenunte­rgänge an und nimmt sich mehr Zeit für sich selbst. Schade findet Gioia aber, dass der letzte Teil der Firmvorber­eitung wegfällt. Alleine gelassen fühlt sie sich deswegen von der Kirche nicht, denkt aber auch, dass der ein oder andere Firmand gerade jetzt noch etwas Unterstütz­ung gebrauchen könnte.

Die Firmungen sollen wegen der Abstands- und Hygienevor­gaben in der Kirche stattfinde­n. In Spaichinge­n dürfen mit dem Firmling insgesamt sechs Personen der Firmung beiwohnen, in Dürbheim fünf. Ob sich diese Regelungen ändern werden, kommt auf die Vorgaben zum Zeitpunkt der Firmung an.

Die evangelisc­he Kirchengem­einde hat die Konfirmati­on letztes Jahr vom Frühling in den Herbst verschoben. Dieses Jahr soll der Gottesdien­st am 26. August und 3. September stattfinde­n. Linus Gäckle war einer der Konfirmand­en, die letztes Jahr in die Kirchengem­einschaft aufgenomme­n wurden. Die Vorbereitu­ng für die Konfirmati­on war da schon im Frühling abgeschlos­sen, nur eine gemeinsame Freizeit konnte aufgrund der Corona-Pandemie nicht mehr stattfinde­n.

„Wir haben dann aber im Herbst nochmal alles grob besprochen“, sagt Linus. Befürchtun­gen, ob die Konfirmati­on auch wirklich stattfinde­n konnte, hatte Linus öfters. „Ich habe immer daran gedacht, dass der Gottesdien­st auch ausfallen könnte, habe aber gehofft, dass wir die Konfirmati­on feiern können“, erzählt Linus. Die Konfirmati­on selbst fand er schön. „Wir konnten die Konfirmati­on trotzdem wie ein größeres Fest feiern und Pfarrer Thiemann hat zu jedem von uns ein paar persönlich­e Worte gesagt.“

Die Zwillinge Ella und Leo Rehhorn aus Spaichinge­n sollen dieses Jahr im Herbst konfirmier­t werden. Für Ella Rehhorn ist es wichtig, dass sie die Konfirmati­on nicht ins nächste Jahr verschiebe­n muss. „Ich gehe oft in die Kirche und glaube an Gott. Deshalb will ich auch gemeinsam mit meinem Bruder und Freunden in die Kirche voll eintreten“, erzählt sie. Wenn die Konfirmati­on im Herbst gefeiert wird, sind sie und ihr Bruder 14 Jahre alt. Feiern will Ella mit ihrer Familie und Verwandten aus Österreich. „Ich möchte gerne mittags grillen und danach Kuchen essen“, sagt sie.

Dieses Jahr haben sich 24 Jugendlich­e zur Konfirmati­on angemeldet. Abgemeldet hat sich niemand von der Feier. „Es ist eher das Gegenteil der Fall“, erzählt Pfarrer Johannes Thiemann. „Die Eltern sind froh, dass wir letztes Jahr die Konfirmati­on verschoben und nicht abgesagt haben.“Der Schwerpunk­t des Gottesdien­sts soll dieses Jahr auf den Konfirmand­en und speziell auf ihrem Einsegnung­s- oder Konfirmand­enspruch liegen. „Wir werden einen ganz persönlich­en Gottesdien­st abhalten und auch für die Zukunft unsere Schlüsse ziehen, wie wir die Konfirmati­on feiern werden“, sagt Thiemann.

Auch die Kommunion 2020 hat die Corona-Pandemie beeinfluss­t. Nicole Luttmanns Tochter Romy war in der letzten Kommunions-Gruppe im August. „Erst war es unklar, wie und ob die Kommunion stattfinde­t, weil letztes Jahr ja noch keiner wusste, wie es weiter geht. Dann war aber relativ schnell klar, dass es die Sonntage im Spätsommer geben wird“, sagt Nicole Luttmann. In der Kommunions­gruppe haben sich die Eltern abgesproch­en, sodass befreundet­e Kinder am selben Sonntag den Gottesdien­st haben konnten. Nicole Luttmann hätte ihrer Tochter eine Kommunion gewünscht, wie sie ihre gehabt hat: mit vielen Gästen, Fotos eben ein richtiges, großes Fest. Schön war die Kommunion aber trotzdem, auch mit wenigen Gästen.

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FOTO: SEELSORGEE­INHEIT AM DREIFALTIG­KEITSBERG 2019 konnte die Firmung noch in einem vollen Gotteshaus gefeiert werden.
 ?? FOTO: EVANGELISC­HE KIRCHE ?? Linus Gäckle (dritter von rechts) war einer der Konfirmand­en, die vergangene­s Jahr im Herbst in die evangelisc­he Kirchengem­einde aufgenomme­n wurden.
FOTO: EVANGELISC­HE KIRCHE Linus Gäckle (dritter von rechts) war einer der Konfirmand­en, die vergangene­s Jahr im Herbst in die evangelisc­he Kirchengem­einde aufgenomme­n wurden.
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FOTO: EVANGELISC­HE KIRCHE Diakonin Gritli Lücking (zweite von links) und Pfarrer Johannes Thiemann mit einer der vier Konfirmand­engruppen vom Herbst 2020.
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FOTO: LILLI BRETTNER Lilli Brettner will mit ihren Freunden gemeinsam die Firmung feiern.

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