Der Prophet im eigenen Lande gilt doch ’was
Benedikt Schmid entscheidet sich statt internationaler Karriere für seine Heimatstadt und wird Stadtbaumeister
SPAICHINGEN - Wenn einer, der am größten Bauprojekt der Welt Bauleiter war und eigentlich eine internationale Karriere hinlegen hätte können, zurück in seine Heimatstadt kommt, dann spricht das für die Stadt – und auch den „Rückkehrer“: Benedikt Schmid (40) ist der neue Bauamtsleiter der Stadt Spaichingen. Und er hat vor allem die Infrastruktur und die Frage des Wohnens im Blick.
Seit 1. April ist Schmid im Amt. Zwei Jahre zuvor hatte er die Seite gewechselt: Von Ingenieur zum Beamten. Er hatte nach dem Diplom in Biberach dort anschließend berufsbegleitend auch noch den Master gemacht. Und ist dafür von Essen an zwei Tagen die Woche nach Biberach gependelt.
Fünf Jahre lang hat Schmid bei Hochtief gearbeitet, erst in Essen und dann in der Schweiz am Gotthard-Basistunnel. Irgendwann stand dann bei Hochtief die Frage nach der internationalen Karriere im Raum. Qatar zum Beispiel. Aber: Die Heimat hat ihn immer gehalten, er ist seit 2009 mit einer Spaichingerin verheiratet, er ist fest verwurzelt in den Vereinen, unter anderem als Oberliga-Schiedsrichter und auch heute Leiter der Schiedsrichtergruppe des SVS, im Kolping, wo er aus dem Fasnetsprogramm nicht wegzudenken ist, als Fasnetsprinz und mehr. Seine Eltern leben hier und auch die Eltern seiner Frau Isabelle geborene Reuther.
Eine Stelle bei der Firma Peri in Winterthur kam 2014 dem Ziel, beruflich zu pendeln, näher. Spezialschalungen für große Infrastrukturprojekte wie das Pumpspeicherkraftwerk in der Sähe von Sallanches, Brücken und Tunnel waren hier seine Aufgabe. Im europäischen Kontext in großen Verbünden zwischen Verhandlungen, Ausschreibungen, Planungen, Abrechnungen sich zu bewegen, war Schmids Job bis 2019.
Und dann wechselte der inzwischen zweifache Vater – die Kinder sind heute sechs und vier Jahre alt und das dritte wird Ende Juli erwartet – die Seiten und ging zum Regierungspräsidium. „Die Stelle in Winterthur war nicht sehr familienfreundlich. Ich bin morgens gegangen, da haben die Kinder noch geschlafen, und abends konnte ich sie gerade so ins Bett bringen.“In einem Auswahlverfahren beim Verkehrsministerium
(„Ich war der älteste“) bekam er eine Referendarstelle. Also eine bezahlte Stelle zur Ausbildung für den höheren Dienst in der Verwaltung. Ihm war bewusst, dass er wohl nie mehr so viel verdienen würde wie in der Wirtschaft.
Jura, Verwaltung in Theorie und Praxis, Einsatzstellen im RP, beim Straßenbauamt in Donaueschingen, Theorieseminare, verschiedene Referate im Ministerium und Landratsamt gehörten dazu: „Ich wollte eigentlich in ein Landratsamt oder ins Regierungspräsidium.“Die zwei Jahre waren geprägt durch Stress. Familie, Hausbau und die herausfordernde Ausbildung. Aber 2020 ergab sich die jetzige Perspektive: Mit dem Bürgermeisterwechsel 2020 verließ auch die Bauamtsleiterin die Stadt. Dankenswerterweise, so Schmid, habe Gerold Honer die Geschäfte weiter geführt, bis er sein Examen – als einer der beiden besten – abgelegt hatte.
Sein Abteilungsleiter beim Ministerium sei nicht glücklich gewesen, habe aber eine stets offene Tür versichert. Das wisse Schmid sehr zu schätzen.
„Das mit dem geregelten Arbeitstag ist jetzt aber noch nicht so recht etwas geworden“, schmunzelt er. Viel sei aufgelaufen, Entscheidungen warten. Jetzt ist er Chef von rund 70 Leuten, nichts Unbekanntes, am Gotthard waren es bis zu 80. Aber dass der Beruf so abwechslungsreich sei, damit habe er nicht gerechnet. Der Fachbereich erstreckt sich neben Hoch- und Tiefbau vom Betriebshof über die Kläranlage, Friedhof bis zum Freibad.
In der eigenen Stadt an einer so entscheidenden Stelle – das kann auf der persönlichen Ebene aber auch schwierig werden. „Ich habe lange überlegt“, sagt Schmid, dem bewusst ist, dass der eine oder andere vielleicht doch Freundschaft und Job vermischt. Aber letztlich vertraue er darauf, dass die Leute sehen, dass er im Beruf der Stadt und der ganzen Öffentlichkeit verpflichtet sei und jeden nach den gleichen Kriterien behandeln muss.
Und seine Konzepte für die Stadt? Schmid liebt seine Heimatstadt, hat aber auch den Blick desjenigen, der die Welt gesehen hat. Sprich: Das Einfamilienhäusle für die Spaichinger und die gewachsene städtebauliche Struktur („nicht alles plattmachen“) hat er ebenso im Blick, wie die drängende Notwendigkeit, weniger Fläche zu verbrauchen und umweltfreundliche und energiesparende Bauweisen voranzubringen. Mehr
Grün in die Stadt statt Schotter – auch da ist Schmid mit Bürgermeister Hugger auf einer Wellenlänge. Und Verkehr ist ein großes Zukunftsthema. In Spaichingen gibt es zu viel innerörtlichen Verkehr – ein Radwegekonzept mit sicherer Führung gerade auch zwischen Wohn- und Gewerbegebieten oder auch an den Schüler-Routen – soll Abhilfe schaffen.
Und die Umgehungsstraße? Schmid sieht manche diskutierte Trasse kritisch, weil Spaichingen im Tal ohnehin sehr begrenzt sei. Vielleicht gebe es auch andere Lösungen. Im Tunnelbau jedenfalls kennt sich der neue Stadtbaumeister bestens aus. Und europäische Ausschreibungen - Neuland für die Stadt jetzt bei der Verkabelung – sind für ihn planerisch auch kein Problem.