Tuttlinger Bahnhof wird zur Impfstraße
Ab Mitte Mai will Aesculap dort seine Mitarbeiter impfen – Nicht alle bekommen Angebot
TUTTLINGEN - Die Kühlschränke sind schon da, die Impfstraßen aufgebaut. Die Firma Aesculap kann voraussichtlich ab Mitte Mai einem Teil ihrer rund 3350 Beschäftigten am Standort Tuttlingen ein Impfangebot machen. Sie nimmt an einem Pilotprojekt mit elf weiteren Unternehmen in Baden-Württemberg teil. Rund 1000 Impfdosen sind für Aesculap vorgesehen.
Wer hätte das gedacht: Der wenig repräsentative Bahnhof wird zum Impfzentrum. Im Obergeschoss des Bahnhofteils, der Aesculap gehört, sind drei Impfstraßen aufgebaut. Auch sonst ist alles an Infrastruktur vorhanden, um starten zu können, sagt ein Aesculap-Sprecher. Doch noch fehlt der Impfstoff. Weil in den Betrieben vor allem Menschen unter 60 Jahren beschäftigt sind, werden an die Pilotunternehmen mRNA-Impfstoffe von Biontech oder Moderna ausgeliefert, teilt das Landessozialministerium mit. Nur diese sind uneingeschränkt für die entsprechende Altersgruppe zugelassen. Mitte Mai soll geliefert werden.
Wer wird zuerst geimpft? Schließlich werden nicht alle Aesculap-Mitarbeiter versorgt werden können. Den zwölf Betrieben in Baden-Württemberg, die zum Modellprojekt gehören, werden je nach Größe bis zu 1000 Dosen zur Verfügung gestellt. „Danach richten wir uns“, so Aesculap. Deshalb werde eine Priorisierung vorgenommen, die auf Risiko basiert: „Aus unserer Sicht sind besonders die Bereiche relevant, die für die Aufrechterhaltung von Produktionsund Lieferfähigkeit notwendig sind.“Dabei ist das Interesse aus der Belegschaft groß, wie eine Abfrage bei den Mitarbeitern gezeigt habe. Mehr als 1500 impfbereite Mitarbeiter hatten sich gemeldet. Deshalb bricht Aesculap die Vergabe der zur Verfügung stehenden Impfdosen zudem auf das Alter entsprechend herunter, sodass auch der Schutz der vulnerablen Gruppen Vorrang hat, teilt das Landratsamt in einer Pressemitteilung mit.
TRAUERANZEIGEN
Geimpft werden soll im AesculapImpfzentrum jeden Werktag, zum Verimpfen der bereitgestellten Dosen brauche es etwa eine Woche. Das Impfzentrum löst das betriebseigene Testzentrum ab, das momentan im Bahnhof ist. Die Testungen finden dann auf dem Betriebsgelände statt, hauptsächlich in der Pforte, aber auch an weiteren Standorten.
Wenn Aesculap nun gesondert beliefert wird – steht deshalb weniger Impfstoff für das Tuttlinger Impfzentrum (KIZ) oder die Hausärzte zur Verfügung? „Nein“, sagt Julia Hager, Pressesprecherin des Landratsamts. Dieses Serum werde zusätzlich nach Tuttlingen abgegeben. „Alles andere würde keinen Sinn machen“, ergänzt sie. Momentan kommen rund 4680 Impfdosen im Kreis an – pro Woche. Das ist gegenüber Ende März eine Steigerung von rund 800 Dosen.
Die Pilotprojekte, wie bei Aesculap, dienen dazu, schon jetzt organisatorische Abläufe für innerbetriebliche Impfungen zu erproben. Damit sollen Erkenntnisse für die Phase gesammelt werden, wenn mit den Betriebsärzten die dritte Säule neben den Impfzentren und den Hausärzten in die Impfkampagne einsteigt. Dies soll voraussichtlich im Juni der Fall sein, heißt es in einer Mitteilung des Landessozialministeriums.
„Wir könnten uns gut vorstellen, als Ankerunternehmen zu fungieren und im Anschluss Mitarbeiter weiterer Betriebe zu impfen“, so ein Aesculap-Sprecher.
Doch das Tuttlinger Unternehmen erhält die zugewiesenen Impfstoff-Kontingente für die Erst- und Zweitimpfung jeweils einmalig. „Eine weitergehende sowie regelmäßige Belieferung der Pilotunternehmen mit Impfstoff durch das Land ist perspektivisch nicht vorgesehen“, schreibt das Sozialministerium.
Der betriebsärztliche Dienst Ias unterstützt Aesculap bei der Impfkampagne unter Leitung des Betriebsarztes Dr. Matthias Binder. Mehrere Medizinische Fachangestellten arbeiten ebenfalls vor Ort im Bahnhof.
Damit alles reibungslos verläuft, haben sich die Verantwortlichen von Aesculap im Vorfeld mit den Verantwortlichen des KIZ in Tuttlingen getroffen und sich über die Abläufe und das konkrete Impfprozedere informieren lassen. Um den Zuschlag für das Pilotprojekt hatten sich der Vorstandsvorsitzende der Aesculap AG, Joachim Schulz, und Landrat Stefan Bär in einer gemeinsamen Initiative bemüht, teilt das Landratsamt schriftlich mit.