Trossinger Zeitung

Die Konsequenz­en des Klimaschut­zes

Was die verschärft­en Ökoziele für Verbrauche­r in Zukunft bedeuten

- Von Hannes Koch

BERLIN - In knapp 25 Jahren soll der Treibhausg­as-Ausstoß auf nahezu null sinken. Das ist kein langer Zeitraum: Er umfasst beispielsw­eise die Lebensspan­ne eines Kindes, das heute geboren wird, etwa bis zum Ende seines Studiums. Der materielle Alltag wird sich in diesen zweieinhal­b Jahrzehnte­n deutlich verändern. Benzinbetr­iebene Fahrzeuge, wie sie heute auf hiesigen Straßen unterwegs sind, gibt es dann kaum noch. In den Kellern der Häuser werden auch keine Brennkesse­l mehr stehen. Diese und weitere Veränderun­gen löst das neue Klimaschut­zgesetz aus, das das Bundeskabi­nett wohl am Mittwoch verabschie­det.

Was das Gesetz grundsätzl­ich bedeutet

Alles, was Treibhausg­ase, vor allem Kohlendiox­id (CO2), verursacht, wird sehr teuer. Denn die Preise für die Verschmutz­ungsrechte im Rahmen des europäisch­en und deutschen Emissionsh­andels steigen. Das betrifft sowohl die Erzeugung von Energie aus fossilen Ressourcen wie Kohle und Erdgas in Kraftwerke­n, als auch die Verwendung der daraus gewonnenen Treib- und Heizstoffe in Industrie, Gebäuden, Verkehr und Landwirtsc­haft. Die Details stehen in weiteren Gesetzen, die noch in diesem Sommer, wahrschein­lich aber erst nach der Bundestags­wahl beschlosse­n werden.

Was im Klimageset­z steht

Der wesentlich­e Punkt ist, dass für die einzelnen Sektoren der Wirtschaft festgelegt wird, in welchen Schritten ihr Kohlendiox­idausstoß sinken muss. Während beispielsw­eise die Kraftwerke 2020 noch 280 Millionen Tonnen CO2 verursacht­en, sollen es 2040 nur noch 27 Millionen Tonnen sein. Beim Verkehr sinkt die Menge von 150 Millionen auf 25 Millionen. Dazwischen gibt es teilweise konkrete Jahresstuf­en für die Reduktion. Damit reagiert die Bundesregi­erung auf den Beschluss des Bundesverf­assungsger­ichts zum Klimaschut­z vom 29. April.

Der Autoverkeh­r der Zukunft

Die Preise für Benzin und Diesel werden deutlicher steigen als bisher geplant – um wieviel, ist aber noch unklar. Das ergeben demnächst erst die Verhandlun­gen über das Emissionsh­andelsgese­tz (BEHG). Ein Klimaaufsc­hlag von 30 Cent auf den heutigen Preis eines Liters Super im Jahr 2025 erscheint aber nicht unwahrsche­inlich. Damit dürfte die Attraktivi­tät von Benzinfahr­zeugen sinken, die von Elektroaut­os dagegen steigen. In diese Richtung wirken auch staatliche Kaufzuschü­sse für Stromvehik­el. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) brachte kürzlich selbst Subvention­en für den Kauf von E-Bikes und Fahrrädern ins Gespräch.

Heizkessel werden ausrangier­t

Die heute gängigen Öl- und Gasheizung­en in den Kellern von Wohnund

Fabrikgebä­uden müssen einer „Kombinatio­n aus Solartherm­ie und Wärmepumpe­n“Platz machen, sagte Patrick Graichen von der Organisati­on Agora Energiewen­de. Während die Pumpen Wasser mittels Erdwärme erhitzen, holen Kollektore­n auf den Dächern ihre Heizenergi­e aus dem Sonnenlich­t. Als Anreiz für die Umrüstung wirkt der zunehmende CO2-Aufschlag für fossil befeuerte Heizungen. Damit steigt die Rechnung der Privathaus­halte. Möglicherw­eise müssen die Immobilien­besitzer einen Teil der Nebenkoste­n der Mieter übernehmen.

Moderater Preisansti­eg beim Fliegen

Die Kostenstei­gerung für Urlaubsund Geschäftsf­lüge dürfte sich bis 2030 in Grenzen halten, meint Graichen. Ein Grund: Außereurop­äische Flüge unterliege­n bisher nicht dem Emissionsh­andel. Ab 2030 allerdings werden wohl auch die Flugticket­s massiv teurer. Flüge für 80 Euro nach Mallorca und zurück sind dann ein Auslaufmod­ell.

Geringe Auswirkung­en für Lebensmitt­el

Die Landwirtsc­haft unterliegt zwar auch dem nationalen Emissionsh­andel. Ihr eingeplant­er Reduktions­beitrag ist aber vergleichs­weise gering. Auf die Landwirte kommen höhere Treibstoff­kosten für Schlepper und Maschinen sowie Heizwärme für Treibhäuse­r und Ställe zu. In den Preisen der Nahrungsmi­ttel wird sich das eher wenig niederschl­agen.

Der soziale Ausgleich

Damit nicht alles einfach nur teurer wird, will die Regierung den Strom verbillige­n, den Privathaus­halte und Firmen verbrauche­n. Elektrizit­ät aus Windrädern und Solaranlag­en ist künftig der entscheide­nde Energieträ­ger – dafür will man Anreize setzen. Deshalb stehen die Chancen gut, dass die Umlage für die Förderung der erneuerbar­en Energien, ein Bestandtei­l der Stromrechn­ung, in den kommenden Jahren wegfällt. Heute beträgt die EEG-Umlage etwa ein Fünftel der Elektrizit­ätskosten. Fraglich erscheint jedoch, ob die Stromverso­rger die Preissenku­ng weitergebe­n.

Die Landschaft

Um die wachsenden Strommenge­n zu produziere­n, müssen deutlich mehr Windräder an Land entstehen – vermutlich auch in Gegenden wie Bayern und Baden-Württember­g, wo sich bisher nur wenige finden. Wenn 2040 dreimal so viel Windstrom benötigt wird wie heute, verdreifac­ht sich allerdings nicht die Zahl der Rotoren. Schließlic­h werden die Anlagen größer und leistungsf­ähiger. Allerdings dürfte die nötige Landfläche von heute etwa einem auf zwei Prozent steigen. Zusätzlich braucht man weitere Windparks auf Nord- und Ostsee, die vom Land aus meist aber nicht zu sehen sind. In den Städten müssen viele Dächer mit Solaranlag­en ausgestatt­et werden.

 ?? FOTO: JENS BÜTTNER/DPA ?? Windkrafta­nlagen des EnBW-Offshore-Windparks Baltic 2: Um den wachsenden Bedarf an Ökostrom zu decken muss die Windkraft – sowohl an Land als auch auf dem Meer – kräftig ausgebaut werden.
FOTO: JENS BÜTTNER/DPA Windkrafta­nlagen des EnBW-Offshore-Windparks Baltic 2: Um den wachsenden Bedarf an Ökostrom zu decken muss die Windkraft – sowohl an Land als auch auf dem Meer – kräftig ausgebaut werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany