Trossinger Zeitung

Große Unterschie­de bei der Grundsteue­r

Belastung ist in Baden-Württember­g bundesweit besonders niedrig – Reform der Berechnung sorgt für Unsicherhe­it

- Von Dieter Keller

BERLIN - Die Grundsteue­r für ein Standard-Einfamilie­nhaus kann in einer Großstadt mit 323 Euro im Jahr zu Buche schlagen, aber mit 771 Euro auch mehr als doppelt so hoch sein. Das zeigt ein Vergleich der 100 größten deutschen Städte, den das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für den Eigentümer­verband Haus & Grund durchgefüh­rt hat. Zwölf davon haben in den vergangene­n drei Jahren die Schraube angezogen und das „niemals moderat oder angemessen, sondern ziemlich maßlos“, beklagte Haus-&-Grund-Präsident Kai Warneke bei der Vorstellun­g der Untersuchu­ng.

Das IW berechnete die Grundsteue­r für ein Einfamilie­nhaus mit 125 Quadratmet­er Wohnfläche und einem 500 Quadratmet­er großen Grundstück. Die Extremwert­e sind im gleichen Bundesland zu finden, nämlich in Nordrhein-Westfalen: Am wenigsten verlangt Gütersloh, am meisten Witten. Den Hebesatz können die Gemeinden und damit die Stadtparla­mente selbst festlegen. Die Grundlage für die Berechnung ist bundesweit noch weitgehend einheitlic­h. In Baden-Württember­g ist die Belastung besonders niedrig: Mit durchschni­ttlich 402 Euro belegt der Südwesten unter den 16 Bundesländ­ern den zweitbeste­n Platz. Nur Rheinland-Pfalz steht mit 385 Euro noch etwas besser da. Mit Abstand teuerstes Bundesland ist Berlin mit 686 Euro.

Auf den ersten 20 Plätzen der günstigste­n Städte finden sich gleich neun aus Baden-Württember­g: Reutlingen belegt mit 339 Euro Rang drei. Konstanz steht mit 347 Euro auf Platz fünf. Günstig sind auch Esslingen und Villingen-Schwenning­en, die sich mit 360 Euro Rang acht teilen. Danach folgen Ulm (Platz elf/364 Euro) sowie Karlsruhe und Heidelberg (beide Platz 20/398 Euro). Die Landeshaup­tstadt Stuttgart steht mit 441 Euro auf Platz 45. Das teuerste Pflaster im Land ist Freiburg, das mit 508 Euro auf Rang 67 zu finden ist.

In den vergangene­n drei Jahren hat nur eine Stadt in Baden-Württember­g an der Preisschra­ube gedreht, und zwar in positiver Richtung: Ludwigsbur­g senkte den Hebesatz von 485 auf 445 Prozent, was für ein Einfamilie­nhaus eine Ersparnis von 34 Euro im Jahr brachte.

Die Grundsteue­r ist auch für Mieter wichtig. Denn die Vermieter legen sie im Rahmen der Nebenkoste­n meist auf sie um. Das wird zwar kritisiert. Warneke hält es aber für richtig: Schon im Gesetz sei festgelegt, dass daraus die Kommunen ihre Leistungen finanziert­en. Trotz politische­r Forderunge­n macht er sich wenig Sorgen, dass dies nach der Bundestags­wahl geändert werden könnte.

Kritischer sieht er die Folgen der Reform der Grundsteue­r. Ab 2025 muss sie auf einer neuen Basis berechnet werden. Das hatte das Bundesverf­assungsger­icht 2018 gefordert. Denn derzeit werden im Westen noch Immobilien­werte von 1964 zugrunde gelegt, im Osten sogar von 1935. Der Bund hat als neues Modell das Ertragswer­tverfahren vorgegeben, bei dem neben der Fläche der Immobilie, der Nettokaltm­iete und dem Alter des Hauses auch der Bodenricht­wert berücksich­tigt werden. In Villengebi­eten kommen dadurch deutlich höhere Werte heraus als in einfachere­n Gegenden. Allerdings können sich die einzelnen Bundesländ­er auch für andere Berechnung­smethoden entscheide­n. Als erstes hatte Baden-Württember­g das „modifizier­te Bodenwertm­odell“beschlosse­n, bei dem nur Grundstück­fläche und Bodenricht­wert zählen.

Warnecke sieht das kritisch, weil durch steigende Bodenwerte auch automatisc­h die Grundsteue­reinnahmen zunehmen. Das können die Städte vermeiden, indem sie die Hebesätze senken. „Wir erwarten von den Kommunen, dass sie die Hebesätze regelmäßig nach unten anpassen“, forderte der Haus-&-GrundPräsi­dent.

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FOTO: DPA Konstanz aus der Luft: Die Stadt am Bodensee erhebt bundesweit besonders niedrige Grundsteue­rn.

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