Rat will Tempo 30 nur bei Nacht
Lärmwerte an der Hauptstraße sind zu hoch – Die Stadt ist verpflichtet, zu handeln
SPAICHINGEN - Das „Balgheimer Modell“soll auch in Spaichingen Hauptstraßen-Anwohnern Ruhe bringen. Der Gemeinderat hat in seiner Online-Sitzung am Montag mit zehn zu neun Stimmen beschlossen, dass zwischen 22 und 6 Uhr Tempo 30 in der Hauptstraße gelten soll. Zuvor gab es eine längere Sitzung über die Sinnhaftigkeit dieses „Kompromisses“– der Planer hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass nur ganztags Tempo 30 eine echte Entlastung bringe und es sogar sein könne, dass die übergeordnete Behörde dies anordnet. „Homöopathie“sei hier nicht mehr angebracht.
Denn: In Spaichingen leben über 1000 Menschen laut des Gutachtens der Landesanstalt für Umweltschutz Baden Württemberg entlang der Hauptstraße unter der Beschallung von krank machendem Lärm. Schon seit 2008 sollten Kommunen Pläne vorlegen, um hier abzuhelfen und genauso lang diskutiert der Spaichinger Gemeinderat über das Thema. Ein in Milliarden Euro zu bezifferndes Argumet sei neben den gesundheitlichen Folgen auch, so Gutachter Wolfgang Wahl von der Rapp trans AG, dass die Arbeitsleistung der dem Lärm ausgesetzten Menschen sinkt und die Immobilienpreise sinken. Im Fall von Spaichingen betonten sowohl Bürgermeister Markus Hugger als auch Wolfgang Wahl und mehrere Gemeinderäte: „Es geht nicht um Komfort, sondern um eine Gefahrenlage, daher haben wir die Pflicht zum
Einschreiten“, so Wahl.
Die Räte taten sich schwer. Harald
Niemann wünschte sich für Pro Spaichingen, dass der Punkt verschoben werde, um ein einiges Gesamtkonzept zu besprechen, und konzeptionelle Fehler der Vergangenheit wie Flüsterbelag bei der Straßensanierung, den der Bund hätte einbauen müssen auszubügeln. Eine Vertagung lehnten die Räte ab. Uli Braun (CDU) schlug vor, Tempo 30 eineinhalb Jahre lang auszuprobieren.
Marcel Aulila (FDP) befürchtet Ausweichverkehr etwa in die Hindenburgstraße und dass bei niedrigeren Gängen doch mehr Lärm entstehe. Dem widersprach Wahl. Der Hauptanteil des Lärms im Verkehr entstehe durch die Roll- und Fahrgeräusche und nicht durch die Motoren. Aulilas Argument, eine echte Entlastung brächte nur die Umgehungsstraße, stimmte Wahl teilweise zu: auch wenn der Großteil des Verkehrs hausgemacht sei, würden die LKW aus der Stadt gebracht und ein LKW mache den Lärm von 20 PKW.
Alexander Efinger und Zdenko
Merkt plädierten für Tempo 30 genrell, Merkt führte an, dass der Gemeinderat der Stadt Spaichingen für die Spaichinger entscheiden müsse und nicht für die Durchfahrenden. Auch sei die Frage der Sicherheit nachts nicht gleich relevant.
Walter Thesz (SPD) schloss sich dem Gedanken an, erst schrittweise Tempo 30 einzuführen. Heinrich Staudenmayer (FW) wollte gleich Tempo 30 ganztags und Markus Wissmann (Pro Spaichingen), sagte, er hielte es für in Ordnung, wenn das Landratsamt Tempo 30 anordne.
Letztlich setzte sich der Kompromiss durch.
Nun haben Bürger und Vertrter öffentlicher Belange die Möglichkeit, vier Wochen lang den Plan anzuschauen – auch detailliert zu sehen welches Haus wie betroffen ist – und Anregungen abzugeben. Anschließend muss der Gemeinderat nochmal entscheiden.