„Es wäre wunderschön, wenn wir den Pokal holen“
Xaver Zembrod ist Co-Trainer von Nagelsmann bei RB Leipzig – In Berlin will der Pfullendorfer seinen ersten Titel
PFULLENDORF/LEIPZIG - In besseren Zeiten spielte auch der SC Pfullendorf schon im DFB-Pokal. Für mehr als die zweite Runde reichte es für den ehemaligen Regional- und heutigen Verbandsligisten aber nie. Dafür greift einer, der in der Jugend bei den Linzgauern ausgebildet wurde, am Donnerstag (20.45 Uhr/ARD und Sky) nach dem Cup. Als Co-Trainer von Julian Nagelsmann bei RB möchte Xaver Zembrod im Endspiel gegen Borussia Dortmund seinen ersten Titel im Profifußball feiern. Wie er das Finale angeht, wie traurig er über die leeren Ränge ist und welches Verhältnis er mit seinem Chef Nagelsmann pflegt, erzählt der gebürtige Pfullendorfer im Gespräch mit Martin Deck.
Herr Zembrod, Sie sind seit vielen Jahren im Profifußball unterwegs. Ein großer Titel findet sich aber noch nicht auf Ihrer Visitenkarte. Das könnte sich am Donnerstag ändern. Aufgeregt?
Nein, ich bin eher voller Vorfreude und voll fokussiert auf das Finale in Berlin. Ich glaube, jeder der Sport treibt, will den maximalen Erfolg. Und es wäre wunderschön, wenn wir den Pokal holen würden.
Sie hatten bereits im vergangenen Jahr die Chance dazu, verloren aber mit Bayer Leverkusen im Finale gegen Bayern München (2:4). Wie sehr schmerzt diese Niederlage noch?
Der Schmerz ist vorbei. Wenn du ein Spiel verloren hast, kannst du es nicht mehr drehen und keinen Antrag beim DFB auf Wiederholung stellen. Das muss man akzeptieren und abhaken. Die Bayern waren an dem Tag einfach den einen Tick besser.
Ausgerechnet in den beiden Jahren, in denen Sie im Finale stehen, sind keine Fans im Olympiastadion erlaubt. Das ist bitter, oder?
Das schmerzt natürlich. Auf der anderen Seite weiß ich aber gar nicht, wie es mit Zuschauern ist, deshalb tut es mir vielleicht nicht ganz so weh. Aber klar ist: Jedes Fußballspiel lebt von Zuschauern, von Emotionen, von der Energie im Stadion - und ein Finale ganz besonders. Das ist normalerweise ein Spektakel für die Fans und Mannschaften. Trotzdem wird es bestimmt ein spannendes Finale, auch wenn es für die meisten nur im TV zu sehen sein wird.
Letztlich zählt aber eh nur das Geschehen auf dem Platz. Zuletzt gab es viele Diskussionen, ob nun RB Leipzig die neue Nummer 2 in Deutschland ist oder nach wie vor
Borussia Dortmund. Wie schätzen Sie die Kräfteverhältnisse vor dem direkten Duell ein?
Wenn man auf die Tabelle schaut, dann sind wir temporär gerade vor ihnen. Aber wenn man die Historie anschaut und die ganzen Erfolge sieht, die die Dortmunder auch in den letzten Jahren eingefahren haben, dann sind sie uns hier als recht jungem Verein noch ein Stück voraus. Ich glaube, wir sind zwei sehr gute Konkurrenten zueinander, haben beide sehr gute Mannschaften und werden uns im Finale nichts schenken.
Es wäre nicht nur für Sie, sondern auch für RB der erste Titel. Wie wichtig wäre ein Erfolg für die weitere Entwicklung des Clubs? Erfolge und Titel sind immer wichtig, sie stärken das Selbstwertgefühl und die Außendarstellung. Deshalb fiebert hier jeder auf das Finale hin. Wenn man den ersten Titel als Verein gewinnt, ist das einfach eine tolle Leistung.
Sie waren maßgeblich daran beteiligt, dass RB in dieser Saison einen weiteren Schritt nach vorne gemacht hat. Es könnte die punktemäßig beste Saison aller Zeiten werden. Wo sehen Sie Ihren Beitrag?
Wir sind wirklich froh mit dem Verlauf der Saison. Wir waren durchgängig in den Champions-League-Rängen, das zeigt, dass unsere Mannschaft konstant gut geliefert hat. Daran hat jeder im Verein seinen Anteil auch abseits der Mannschaft. Nur wenn du Ruhe und Harmonie im Verein hast, sind außergewöhnliche Ergebnisse möglich.
Lange sah es sogar so aus, als ob Sie in diesem Jahr die Dominanz der Bayern brechen und Meister werden könnten. Wie groß war die Enttäuschung nach der entscheidenden Niederlage (0:1) vor einem Monat? Im ersten Moment war das natürlich schon enttäuschend. Wir haben ein sehr gutes Spiel abgeliefert, waren meiner Meinung nach sogar einen Tick besser als die Bayern. Aber so ist es eben im Fußball, manchmal entscheiden Kleinigkeiten. Wichtig war, dass wir uns davon nicht haben zurückwerfen lassen und direkt im nächsten Spiel gegen Bremen wieder die Kurve bekommen haben.
Wie kam es eigentlich, dass Sie im vergangen Sommer in Leipzig gelandet sind?
Nach dreieinhalb Jahren in Leverkusen wollte ich raus aus der Komfortzone. Und natürlich setzt du dir als Trainer auch das Ziel, den großen Erfolg und vielleicht sogar mal einen Titel zu feiern. Und die Chance darauf ist hier in Leipzig gerade ziemlich groß, wie man sieht.
Sicher hat aber auch Julian Nagelsmann eine wichtige Rolle gespielt, der einst Ihr Co-Trainer in der Hoffenheimer Jugend war.
Der Begriff Co-Trainer passt hier nicht. Julian war damals schon, als er zu mir kam, sehr pfiffig. Er war noch sehr jung, aber auf dem Platz hat man gleich gesehen, was er draufhat. Wir haben deshalb gleichberechtigt zusammengearbeitet und uns sehr gut verstanden. Wir haben viel über Fußball diskutiert und eigene Trainingsformen entwickelt. Deshalb waren wir auch in den letzten Jahren immer in Kontakt und hatten beide den Wunsch, noch einmal zusammenzuarbeiten. Wenn ich sehe, welche Fähigkeiten er hat, war es ein Anliegen
von mir, noch mal von ihm zu lernen. Das war ein ganz wesentlicher Grund für meinen Wechsel nach Leipzig.
Ist es heute immer noch eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe? Julian ist das typische Beispiel für einen Teamplayer. Er behandelt uns Assistenten alle gut, lässt uns eigenständig arbeiten und kreativ sein. Ich glaube, das macht auch einen Teil seines Erfolgs aus. Er vertraut dem Team um sich und wir wollen dieses Vertrauen natürlich auch rechtfertigen. Da macht man sich zu seinen Aufgaben dreimal mehr Gedanken, um den Erfolg nicht zu gefährden, als wenn einem alles vorgegeben wird.
In wenigen Wochen wird Julian Nagelsmann RB in Richtung Bayern München verlassen. Was bedeutet das für Ihre Zukunft?
Ich bin da entspannt. Zuallererst möchte ich die Saison super zu Ende bringen, das ist mein ganzer Fokus. Es ist wichtig, dass wir das Pokalfinale gewinnen. Es ist wichtig, dass wir unsere Rekordsaison hinbekommen. Alles andere besprechen wir dann in Ruhe nach der Saison.
Kürzlich ging ein Video vom tanzenden Nagelsmann im Internet viral. Sollten RB am Donnerstag den Pokal gewinnen, gehen Sie mit Ihrem Chef auf die Tanzfläche? (Lacht) Tanzen ist nicht so mein Ding, Julian kann das deutlich besser als ich. Ich werde ihm dabei zugucken, applaudieren und dazu ein kühles Bier trinken.