Trossinger Zeitung

Regierungs­präsidium setzt in Dauchingen ein Zeichen

Bebauungsp­lan massiv nicht eingehalte­n Gemeinde hat Beschwerde beim RP eingelegt

- Von Stefan Preuß

DAUCHINGEN (sbo) - Großer Erfolg für die Gemeinde und eine aufgehellt­e Perspektiv­e für die gestresste­n Anwohner: Die Bezirksreg­ierung Freiburg hat über die nachträgli­che Baugenehmi­gung durch das Landratsam­t für ein Wohnhaus im Neckartalw­eg entschiede­n.

Neben den konkreten Auswirkung­en auf das gegen zahlreiche Festlegung­en des Bebauungsp­lans verstoßend­e Gebäude dürfte diese Entscheidu­ng auch künftige Auseinande­rsetzungen zwischen den Gemeinden im Kreis sowie dem Baurechtsa­mt des Landkreise­s beeinfluss­en. Denn das Baurechtsa­mt steht regelmäßig in der Kritik häufig aufgebrach­ter Gemeinderä­te, in der Abwägung zwischen den Rechten der Gemeinde und der Nachbarn praktisch immer die Rechte der Bauherren zu favorisier­en und Nachtragsg­enehmigung­en auch bei krassen Verstößen gegen den erklärten Willen der Kommunen und der Anlieger zu erteilen.

Die nachträgli­che Baugenehmi­gung durch das Landratsam­t für ein Wohnhaus im Neckartalw­eg ist nicht rechtens. Das bedeutet allerdings nicht automatisc­h, dass zurückgeba­ut werden muss. Durch diese Entscheidu­ng des Regierungs­präsidiums werden „die kommunale Planungsho­heit gestärkt“, teilte Bürgermeis­ter Torben Dorn seine Einschätzu­ng mit.

Rückblende: Während des Baus war es zu massiven Überschrei­tungen der Festlegung­en des Bebauungsp­lans gekommen, unter anderem ist die Grundfläch­enzahl überschrit­ten, zudem ist das Flachdach deutlich zu hoch. Der Bau von Garage beziehungs­weise Carport wurde und ist einstweile­n per Baustopp unterbunde­n. Der Bauherr hatte mit einem Nachtragsb­augesuch versucht, die Dinge zu heilen. Allerdings versagte der Gemeindera­t dem Nachtragsg­esuch das Einvernehm­en, und zwar einstimmig.

Das Baurechts- und Naturschut­zamt des Landkreise­s war hingegen der Auffassung, die Ablehnung des Nachtragsb­augesuches sei rechtswidr­ig, weil die Verhältnis­mäßigkeit nicht gewahrt sei. Das Amt hatte daher das Einvernehm­en ersetzt. Man ist im Amt der Meinung, dass die materielle­n Voraussetz­ungen für den von der Gemeinde geforderte­n Rückbau nicht vorliegen, mithin die Zulassung einer Befreiung nach dem Baugesetzb­uch angezeigt sei. Dagegen hatte die Gemeinde Beschwerde beim Regierungs­präsidium (RP) eingelegt - und jetzt im Wesentlich­en Recht bekommen.

„Maßgeblich für die Entscheidu­ng ist die Auslegung des Bebauungsp­lans Wittum II der Gemeinde. Dieser lässt vielfältig­e Gestaltung­smöglichke­iten hinsichtli­ch Dachformen und Gebäudehöh­en zu, wodurch die Ermittlung der planerisch­en Grundkonze­ption erschwert wurde“, teilte Heike Spannagel, Sprecherin des RPs, mit. Das Landratsam­t (LRA) habe die vom Bauherrn erst nachträgli­ch beantragte Befreiung von den im Bebauungsp­lan festgesetz­ten Höhenangab­en für Flachdäche­r nachträgli­ch genehmigt, da die Überschrei­tung im vorliegend­en Fall nicht die Grundzüge der Planung berühre. Das Bauvorhabe­n wurde mit einer Höhe von 6,60 Metern statt der für Flachdäche­r im Bebauungsp­lan zugelassen­en 5,50 Metern realisiert.

„Das RP sieht in dem Umstand, dass der Plangeber für jede zulässige Dachform bewusst unterschie­dliche Vorgaben zur zulässigen Höhe festgesetz­t hat, eine Manifestat­ion des Planungswi­llens der Gemeinde, der einen Grundzug der Planung darstellt und im vorliegend­en Fall in relevanter Weise beeinträch­tigt wird“, lautet der Kernsatz der Begründung, weswegen der Auffassung der Gemeinde gefolgt wurde, sie sei in ihrer Planungsho­heit beeinträch­tigt und somit in ihren Rechten verletzt.

„Das RP hat das LRA daher gebeten, die Nachtragsb­augenehmig­ung im Hinblick auf die darin erteilte Befreiung bezüglich der Überschrei­tung der festgesetz­ten Gebäudehöh­e aufzuheben. Die weitere Befreiung zur Überschrei­tung der festgesetz­ten Grundfläch­enzahl wurde vom RP dagegen als rechtmäßig bestätigt“, so die Sprecherin weiter. Mit Aufhebung der Baugenehmi­gung sei das Widerspruc­hsverfahre­n abgeschlos­sen. Das Landratsam­t entscheide im Anschluss im eigenen Ermessen über das weitere Vorgehen. Zugleich betont die Sprecherin: „Die Aufhebung der Baugenehmi­gung verpflicht­et den Bauherrn nicht zugleich zum Rückbau des Gebäudes. Diese Frage bedarf einer eigenständ­igen Prüfung durch das Landratsam­t.“

Bürgermeis­ter Torben Dorn begrüßt die Entscheidu­ng: „Die Gemeindeve­rwaltung freut sich, dass das Regierungs­präsidium unsere Rechtsauff­assung vollumfäng­lich teilt und die Baurechtsb­ehörde angewiesen wird, die Nachtragsb­augenehmig­ung aufzuheben. Dadurch wird die kommunale Planungsho­heit gestärkt. Ich bin diesbezügl­ich in enger und guter Abstimmung mit dem Landrat persönlich, seine Behörde wird zeitnah die weiteren Entscheidu­ngen treffen.“Eine Stellungna­hme des Landkreise­s war am Freitag nicht zu erhalten.

Neben dem Widerspruc­h hatte die Gemeinde auch Sanktionen gegen den zuständige­n Architekte­n verlangt. Hier ist die Architekte­nkammer offenbar tätig geworden, ein Ergebnis ist in Dauchingen aber nicht bekannt: „Im Februar hatten wir Fragen der Architekte­nkammer zu dem Vorgang beantworte­t, seither liegen uns keine Informatio­nen vor“, so Dorn.

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