Weiter kein Gegner in Sicht
Die Machtdemonstration gegen Bayer war ein Fingerzeig des FC Bayern an die Bundesliga – Hernández überzeugt
MÜNCHEN - Als Robert Lewandowski und Thomas Müller beim 5:1Erfolg in Leverkusen vorzeitig zur Schonung ausgewechselt worden waren, warfen sie sich in ihre Sitze auf der Auswechselbank, tranken Wasser – und schmissen sich vor Lachen weg. Die beiden Vize-Kapitäne hatten drei der fünf Treffer beigesteuert und freuten sich diebisch. „Es stand 5:1“, erklärte Müller gelöst, „wir konnten zuschauen, wie es immer noch gut lief, weil wir weiter viel Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte hatten – da waren wir alten Haudegen auch mal zum Flachsen aufgelegt.“
Es läuft ja für den FC Bayern. Für den Dauermeister, der die aus Münchner Sicht unnötige 1:2-Heimpleite vor zwei Wochen gegen Eintracht Frankfurt eindrucksvoll korrigierte und mit sieben Siegen aus acht Partien die Tabelle anführt. Dank einer „Lawine an guten Aktionen“habe man „den Deckel früh draufgemacht“, so Müller. Er meinte die nur acht (!) Minuten von der 30. bis zur 37. Spielminute, in der Bayern während der „besten ersten Halbzeit seit Langem“(Lewandowski) seinen Gegner erdrückte und die Tore zwei bis fünf erzielte. Vor Anpfiff stand ein Duell Zweiter gegen Erster auf dem Papier, auf dem Rasen war es zeitweise beinahe ein Klassenunterschied. Dieses 5:1 war Bayerns 3-DSpiel: eine Demontage und Demütigung für den zuvor beständig guten Gegner und zugleich eine Demonstration der eigenen Stärke. Die zehnte Meisterschaft hintereinander wird bereits nach nur acht Spielen greifbar.
Die Dominanz gegenüber der sogenannten Konkurrenz wolle man „natürlich signalisieren und wenn uns das gelingt, sind wir glücklich drüber“, meinte Müller, der seine elfte Meisterschale (wäre Rekord!) anstrebt. Dennoch warnt der 32-Jährige: „Man sieht's ja an der Tabelle: Wir sind nicht weit vorne. Daher müssen wir weiter wachsam sein und die Freude behalten, Tore zu erzielen.“Schon 29 in den ersten acht Spieltagen, damit stellte man den eigenen Vereinsrekord aus der Saison 1976/77 ein. Außerdem, so Müller, habe „Dortmund ja auch nachgelegt.
Wir sind also schon gefordert.“Wie man’s nimmt.
Der gedemütigte Gegner, der mit einem 0:5 im eigenen Stadion in die Pause schlich, nannte die denkwürdige erste Halbzeit in Person von Trainer Gerardo Seoane „brutal“. Die Bayern hätten gezeigt, „warum sie die beste Mannschaft Deutschlands sind“, stellte der Schweizer fest. Bayerns Mittelfeld-Chef und Antreiber Joshua Kimmich hat der Spielverlauf samt Torflut „nicht überrascht. Ich habe uns das schon zugetraut.“Das kann noch heiter werden im Laufe der Saison, wenn sich der neue Chefcoach Julian Nagelsmann, erst den 111. Tag im Amt, und seine Mannschaft in Sachen Struktur und Spielidee mehr und mehr finden. Die Überlegenheit zerstört hierzulande jegliche Titel-Spannung und lässt die Gegner erschaudern. Siehe dieses 5:1 in Leverkusen, das 4:1 bei Vizemeister RB Leipzig im September oder das 3:1 im August, als die Münchner bei Borussia Dortmund den Supercup gewannen.
National hat der FC Bayern keine Gegner mehr – außer sich selbst, wenn er wie beim 1:2 gegen Frankfurt grotesk viele Torchancen verballert. Und international? Am Dienstagnachmittag fliegt der Tross nach dem Abschlusstraining nach Lissabon zum Champions-League-Gruppenspiel tags darauf bei Benfica Lissabon (21 Uhr/DAZN). Natürlich, um den dritten Sieg im dritten Spiel einzufahren nach dem 3:0 beim FC Barcelona und dem 5:0 über Dynamo Kiew. Was auch sonst? Schließlich ist man seit 19 Auswärtspartien in der Königsklasse ungeschlagen. Benfica, der Club von Ex-Nationalspieler Julian Weigl, quälte sich am Wochenende im Pokal zu einem 2:1 bei Zweitligist CD Trofense. „Ich hatte mehr erwartet. Das war auch mit Blick auf Mittwoch nicht gut“, sagte Trainer Jorge Jesus. Umso besser für Lewandowski. Seine Mini-Torkrise (zwei Bundesligaspiele, zwei Länderspiele mit Polen) ist seit dem Doppelpack am Sonntag beendet. „Er ist der beste Stürmer der Welt“, sagte Nagelsmann ganz nüchtern „und das hat sich in den letzten beiden Bundesligaspielen, in denen er mal nicht getroffen hat – was ganz normal ist – auch nicht geändert.“