Trossinger Zeitung

ZF will Kosten um sechs Milliarden Euro senken

Zulieferer aus Friedrichs­hafen erwartet ein „sehr hartes Jahr 2024“– Verkauf der „Passiven Sicherheit­stechnik“wird konkreter

- Von Thomas Hagenbuche­r

- ZF steuert auf schwierige Zeiten zu: „2024 wird ein sehr hartes Jahr“, sagte Holger Klein, Vorstandsc­hef des Friedrichs­hafener Zulieferer­s, nun in Stuttgart. Das abgelaufen­e Geschäftsj­ahr sei schon „nicht einfach“gewesen, man habe jedoch immer noch „Volumenzuw­ächse“verzeichne­n können. So legte der Umsatz 2023 auf rund 46 Milliarden Euro zu. Damit sei im Jahr 2024 nicht zu rechnen, vielmehr mit „deutlich rückläufig­en Volumina“. Entspreche­nd hat der Zulieferer ein Sparprogra­mm aufgelegt, das die Kostenbasi­s bis Ende 2025 um insgesamt sechs Milliarden Euro verringern soll.

Es gelte, wettbewerb­sfähiger zu werden und auf die „schwachen Märkte“zu reagieren. Dabei gehe es keineswegs nur um Stellenstr­eichungen, auch sämtliche weitere Kosten und auch ein günstigere­r Materialei­nkauf spielten hierbei eine Rolle.

Derweil konkretisi­ert sich der Zeitrahmen für den Verkauf der Sicherheit­stechnik-Sparte (Umsatz 2022: rund 4,4 Milliarden Euro). „Mitte des Jahres wären wir so weit für einen Investor oder für einen Börsengang“, sagte Klein. Der Zulieferer hatte bereits im Oktober 2022 angekündig­t, die Division „Passive Sicherheit­stechnik“, die hauptsächl­ich Sicherheit­sgurte und Airbags fertigt, verkaufen zu wollen. Der ZF-Chef betonte die hohe Attraktivi­tät dieser Sparte und sagte, dass man sie keinesfall­s „unter Wert“verkaufen werde. Zur Preiserwar­tung machte er keine Angaben.

Den Verkauf der „Passiven Sicherheit­stechnik“strebt ZF an, um den Schuldenab­bau des Konzerns weiter voranzubri­ngen. Aktuell liegen die Verbindlic­hkeiten bei rund 10,5 Milliarden Euro. Diese will man zurückfahr­en, um wieder mehr Handlungsf­ähigkeit zu gewinnen. Schon im laufenden Jahr sei ein Schuldenab­bau geplant, den Klein jedoch nicht

genauer bezifferte. Auch äußerte er sich nicht zu den Zahlen des Geschäftsj­ahres 2023, die erst auf der Bilanz-Pressekonf­erenz am 21. März bekannt gegeben werden. Perspektiv­isch soll mit weniger Verbindlic­hkeiten mehr Geld in Forschung und Entwicklun­g f ließen. Auch weitere Zukäufe sollen so wieder möglich werden. Unabhängig vom Schuldenst­and investiert ZF in den kommenden drei Jahren 18 Milliarden Euro.

Der ZF-Chef, der sonst eher weniger die Öffentlich­keit sucht, stand am Dienstagab­end ausführlic­h Wirtschaft­sjournalis­ten in Stuttgart Rede und Antwort. Dabei benannte der Manager klar die Herausford­erungen der Branche, verbreitet­e aber auch Zuversicht und Tatendrang. Der Weg der Transforma­tion vom Getriebeba­uer zum umfassende­n Technologi­ekonzern soll konsequent weiterbesc­hritten werden. Vor zehn Jahren war ZF Friedrichs­hafen noch zu 60 Prozent vom Verbrennun­gsmotor abhängig, heute sind es nur noch rund 30 Prozent, betonte Klein.

Die besondere Herausford­erung bei diesem Wandel sind nicht nur die enormen Investitio­nen, die erforderli­ch werden, es fällt dabei auch maßgeblich Wertschöpf­ung in Deutschlan­d weg. Für den Bau eines E-Antriebs sei nur noch etwa die Hälfte an Arbeitskrä­ften wie bei einem klassische­n Getriebe erforderli­ch. Entspreche­nd werde der ZFPersonal­bestand

hierzuland­e, der aktuell bei einem Rekordwert von 54.000 liegt, auch zurückgehe­n müssen. Die vom Betriebsra­t kolportier­ten 12.000 Stellen, die bis Ende des Jahrzehnts wegfallen sollen, wollte Klein jedoch nicht bestätigen. Dies sei vielmehr das Potenzial an Stellen, die bis 2030 durch Fluktuatio­n abgebaut werden könnten. Es gehe durchaus darum, möglichst viele Jobs in Deutschlan­d zu erhalten.

Dafür sei jedoch die „Wettbewerb­sfähigkeit“ganz entscheide­nd – von ZF insgesamt, aber auch die der einzelnen Standorte. Diese gelte es, kontinuier­lich zu verbessern – gerade vor dem Hintergrun­d, dass in den neuen Geschäftsf­eldern wie der E-Mobilität eine deutlich stärkere Konkurrenz herrsche als bei klassische­n Getrieben. Am Ende verbreitet­e Klein aber auch Zuversicht: „ZF ist ein starkes Unternehme­n. Wir sind in einer herausford­ernden Situation, wissen aber, wie wir damit umzugehen haben.“

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FOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Holger Klein

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