Deutschlands Wirtschaft kränkelt weiter
Wachstumsprognose deutlich abgesenkt – Harte Kritik der Forscher an Politik der Ampel
(AFP) - Deutschlands führende Wirtschaftsinstitute haben ihre Wachstumserwartungen für 2024 drastisch abgesenkt und scharfe Kritik an der Ampel geübt. Im laufenden Jahr sei nur noch mit einer Zunahme der Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent zu rechnen, heißt es im sogenannten Frühjahrsgutachten der Institute. Im Herbst hatten sie noch 1,3 Prozent Wachstum prognostiziert. Ein Faktor dabei ist demnach der unklare Kurs der Bundesregierung. Das im Herbst erwartete „Anziehen der Wirtschaftsleistung ist ausgeblieben“, sagte Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung des Gutachtens.
Inländisch hob Kooths einen weiterhin „stark erhöhten Krankenstand“
hervor, der die Produktivität spürbar beeinträchtige. Außenwirtschaftlich seien die Exporte gesunken, obwohl die Weltwirtschaft sich besser entwickelt habe. Grund dafür sei zum einen die schwache Nachfrage nach Investitionsgütern sowie die gesunkene „preisliche Wettbewerbsfähigkeit“deutscher Unternehmen. Insbesondere bei energieintensiven Produkten habe es Produktionsverlagerungen ins Ausland gegeben. Torsten Schmidt vom RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung kritisierte insbesondere die Subventionspolitik von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Mit staatlichem Geld die Ansiedelung von Unternehmen zu erreichen, sei der „falsche Weg“. Die Politik müsse stattdessen die Rahmenbedingungen für Investitionen schaffen. Kooths bemängelte, dass die Koalitionäre sich bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht einig seien. Dies sei ein maßgeblicher Faktor dafür gewesen, dass die Unternehmensinvestitionen im vierten Quartal eingebrochen seien.
Die Bedeutung der teils heftig geführten Debatte um eine mögliche Aufweichung der Schuldenbremse relativierten die Forscher. Zwar empfahlen sie eine „behutsame Reform“. Konkret erscheine es sinnvoll, im Fall einer wirtschaftlichen Notlage und Aussetzung der Schuldenbremse nicht gleich im darauffolgenden Jahr eine Rückkehr zur strikten Haushaltsdisziplin vorzuschreiben.
Eine Reform der Schuldenbremse sei jedoch „kein Allheilmittel“,
betonte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Als wichtigste Handlungsfelder für die Wirtschaftspolitik identifizierten die Forscher die Demografie und den Fachkräftemangel, die Digitalisierung sowie die Transformation der Wirtschaft hin zu einer klimafreundlichen Produktion. „In allen diesen Bereichen haben wir große Probleme“, sagte Holtemöller.
Wirtschaftsminister Habeck sieht trotz allem „beste Voraussetzungen“für eine baldige Erholung: „Energiepreise und Inflation haben sich beruhigt, intensiv arbeiten wir am Bürokratieabbau, die Türen für Fachkräfte haben wir weiter geöffnet, die Energiewende kommt solide und planmäßig voran.“