Heuberg macht seine Energie künftig selbst
Alle Gemeinderäte und Bürgermeister treffen sich - Aufbruchstimmung einer Region
- Nicht jammern, machen! Der nächste Paukenschlag, der über den Heuberg hallt, ist: Wenn die Energiepreise so hoch sind und bleiben und es wenig Aussichten gibt, dass günstiger Strom aus erneuerbaren Quellen auf absehbare Zeit den Süden erreicht - dann machen wir es halt selber. 13 Heuberggemeinden sind dabei, ihren eigenen Strom herzustellen und dazu eine „Heuberg Energie GmbH“zu gründen. Und für den zweiten Paukenschlag werden momentan die Schlägel bereitgelegt: ein interkommunales Gewerbegebiet.
Beide Projekte hatte der Gemeindeverwaltungsverband Heuberg schon 2022 überlegt. Mit dem Wirtschaftsverband Heuberg, der die 13 Gemeinden und die metallbearbeitenden, in Klima-, Kunststoff-, Medizin- und Elektrotechnik tätigen Betriebe des Heubergs unter ein Dach mit einem Geschäftsführer und einer Geschäftsstelle in Gosheim vereint, gibt es jetzt auch die Organisationsstruktur solche Projekte in die Wege zu leiten.
Bei einem Treffen im März waren alle Gemeinderäte und Bürgermeister der 13 Gemeinden in Irndorf zusammengekommen und haben sich über die anstehenden Projekte informiert. Es sei ein nie zuvor dagewesener „Teamgeist Heuberg“und eine Aufbruchstimmung zu spüren gewesen, berichten die Spitzen des Wirtschaftsverbands, Miriam Häring, Firma Häring Bubsheim, André Kielack, Bürgermeister Gosheim, und der Geschäftsführer Ralf Raiser im Gespräch. Otto Weber, langjähriger erfahrener Gosheimer Gemeinderat habe es mit den Worten „Das ist eine Sternstunde der Kommunalpolitik“zusammen gefasst.
Jetzt befassen sich die Gremien damit bis möglichst Ende Mai, die Betriebe bis Ende April damit. Am Donnerstag stehen beide Punkte zum Beispiel schon auf der Tagesordnung des Deilinger Gemeinderats.
Mit dabei sind aus den drei Verwaltungsräumen auch Bärenthal, Böttingen, Bubsheim, Egesheim, Gosheim, Irndorf, Königsheim, Kolbingen, Mahlstetten, Renquishausen, Reichenbach und Wehingen.
Die Idee ist Folgende: Nach der Analyse gibt es keine ernst zu nehmenden Prognosen, dass zum einen die Strompreise zum anderen der Stromverbrauch sinkt. Im Gegenteil, der Preis für Strom ist in zehn Jahren für die Privathaushalte um fast 50 Prozent gestiegen und wird nicht mehr sinken. Der jährliche Gesamtstromverbrauch inclusive der Privathaushalte betrage auf dem Heuberg, so die Analyse, rund 190.000 Megawattstunden
jährlich. Im Zuge der Energiewende (Heizungsgesetz) ist die Tendenz steigend.
Die größten Stromverbraucher sind vor allem wegen der energieintensiven Betriebe die Gemeinden Bubsheim und Gosheim mit 95.000 Megawattstunden. Der Anteil der in der Region erzeugten regenerativen Energie liegt bei nur 14.000 Megawattstunden oder 7,5 Prozent. Durch die Vorhaben der „Heuberg Energie GmbH“, so die Berechnungen könnte der CO2-Ausstoß aus dem Energiesektor um 90 Prozent gesenkt werden. Was sich finanziell und ökologisch auswirke.
Es soll eine neue GmbH gegründet werden, die mit einem Stammkapital von 150.000 Euro ausgestattet, der Sitz in den Geschäftsräumen des Wirtschaftsverbands
angesiedelt werden. 51 Prozent der Anteile sollen bei den Gemeinden liegen, 49 Prozent bei den Unternehmen. Das macht für die Gemeinden 5885 Euro und wenn sich 40 Mitgliedsunternehmen beteiligen, je 1838 für diese. Jede Gemeinde - ob Reichenbach mit knapp 500 oder Gosheim mit rund 3800 Einwohnern - soll gleiches Stimmrecht haben. Der Aufsichtsrat soll aus zwei Bürgermeistern, möglichst zwei Vertretern der Energiewirtschaft und dem Geschäftsführer des Wirtschaftsverbands Heuberg bestehen.
Die Geschäftsführung solle zu Beginn mit einer Person besetzt werden, die über die fachliche Expertise verfügt, ein Vorschlag soll von der EnBW kommen. Mit der Netze BW werde die „Heuberg
Energie“zusammen arbeiten. Ganz wichtig, sagt Gosheims Bürgermeister André Kielack, sei bei dem Projekt der Gedanke, dass die Wertschöpfung für die Gewinnung von Energie durch regenerative Erzeugungsanlagen (welcher Technologie auch immer, das wird bewusst offen gehalten) in der Region bleiben soll. Wenn es also was zu verdienen gibt, dann sollen davon Bürger und Betriebe profitieren (wie bei der PV-Anlage in Deilingen) und kein „gesichtsloser Investor“.
Los geht es wohl zuerst mit Photovoltaik. Zwar gebe es rund 50 Hektar nicht durch Naturschutzrichtlinien belegte freie Flächen, die aber seien zerstückelt. Deshalb sei der erste Schritt, die Dächer, die geeignet sind, anzumieten und zu bestücken, zuallererst natürlich Dächer in kommunaler Hand.
Außerdem denke man auch an die Förderung von Speichertechnologien, vielleicht in Zusammenarbeit mit einem Forschungsinstitut, so Miriam Häring, Aufsichtsratsvorsitzende des Wirtschaftsverbands. Dessen Aufsichtsrat komplett ehrenamtlich arbeitet. Insgesamt, solle alles aber der Region angepasst sein: „Wir sind gut beraten, Schritt für Schritt vorzugehen“, so Kielack. „Projektbezogen und pragmatisch“, ergänzt Häring.
So sieht es auch bei einem möglichen gemeinsamen Gewerbegebiet aus, über das die Gemeinderäte ebenfalls in der großen Sitzung informiert wurden Hier aber steht erst einmal die Grundlagenermittlung an erster Stelle.