Wie die Eigentümer die lebenswichtige PCK-Pipeline nach Rostock retten können
Die Nervosität in Schwedt wächst: Die EU prüft immer noch den Antrag auf Beihilfe zur Ertüchtigung der Pipeline aus Rostock. Mittlerweile gibt es auch alternative Szenarien.
SCHWEDT – Es war am 17. September 2022, einem lauen Spätsommertag, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Interview mit dem Deutschlandfunk verkündete, dass die 202 Kilometer lange Pipeline von Rostock nach Schwedt für 400 Millionen Euro ausgebaut wird, damit sie mehr Öl in die Raffinerie an der brandenburgischen Grenze zu Polen transportieren könne. Schwedt versorgt Millionen Menschen im Nordosten Deutschlands mit Benzin und Diesel. Wegen der russischen Invasion in der Ukraine bezieht PCK seit Anfang 2023 kein Öl mehr aus Russland.
Um die PCK-Anlage zu erhalten, „sorgen wir dafür, dass es jetzt auch Importmöglichkeiten zusätzlich aus Polen gibt, vielleicht sogar aus Kasachstan“, machte der Regierungschef der Ampelkoalition seinerzeit in Optimismus. Doch der ist mittlerweile in den Weiten der Pipeline verschwunden – gut anderthalb Jahre nach den Kanzler-Worten steckt die angekündigte Erweiterung der in die Jahre gekommenen Pipeline immer noch fest.
Auf der Bremse steht derzeit offenbar besonders die Europäische Union (EU) in Brüssel. Hintergrund: Laut Bundeswirtschaftsministerium in Berlin sei eine Ertüchtigung der bestehenden Leitung lediglich mit Steuergeldern möglich. Dafür stünden vom Bund eben jene 400 Millionen Euro bereit. Bevor der Bund aber das avisierte Geld in das Pipeline-Projekt stecken kann, muss Brüssel aus wettbewerbsrechtlichen Gründen Ja sagen. Darf Steuergeld in ein privates Investment der PCK fließen? Die bereits zu Weihnachten 2023 erwartete Antwort auf den im Sommer vergangenen Jahres gestellten Antrag auf Beihilfe lässt weiter auf sich warten.
Eine zusätzliche Hürde scheint zu sein, dass PCK mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Rosneft gehört – obwohl der Bund seit September 2022 die Treuhand über die 54 Prozent Rosneft-Anteile übernommen hat. Bereits vor Wochen verwies das von Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) geführte Bundeswirtschaftsministerium darauf, dass Beihilfen nicht Unternehmen gewährt werden könnten, gegen die EU Sanktionen verhängt worden seien. Nun ist guter Rat teuer, der Druck, eine Lösung für die dringend benötigte Erweiterung der Pipeline zu präsentieren, ist mächtig gestiegen. Mittlerweile gibt es nach Informationen des Nordkurier Gedankenspiele, dass sich die Gesellschafter der PCK-Raffinerie finanziell am Ausbau der Pipeline beteiligen könnten.
Vor knapp drei Wochen soll es ein vertrauliches Treffen hinter verschlossenen Türen gegeben haben, bei dem ein solches Szenario diskutiert worden sein soll. Am Tisch sollen Staatssekretär Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen) aus dem Bundeswirtschaftsministerium, mit Shell und Eni weitere Eigentümer sowie Vertreter der Brandenburger Landesregierung gesessen haben.
Auf Nordkurier-Anfrage wollte sich das Bundeswirtschaftsministerium nicht zu Inhalten aus nicht öffentlichen Zusammenkünften äußern. Zum Beihilfe-Antrag ließ eine Sprecherin von Robert Habeck mitteilen, dass man mit der EU in „konstruktiven Gesprächen“und im „Austausch mit den Anteilseignern“sei.