Vorpommern Kurier (Anklam)

Neue Kabel-TV-Regeln: Fernsehen könnte teurer werden

- Von Henning Stallmeyer

Viele Mieter müssen an Vermieter für Kabel-TV zahlen, selbst wenn sie es nicht nutzen. Bald müssen sich Betroffene aber selbst kümmern. Das könnte teurer werden.

GREIFSWALD – Wer im Juli die K.O.-Spiele der FußballEur­opameister­schaft im Fernsehen sehen möchte, sollte sich vergewisse­rn, dass der Bildschirm nicht schwarz bleibt. Ab dem 1. Juli wird nämlich das sogenannte Nebenkoste­nprivileg abgeschaff­t. Das bedeutet, dass Kabelferns­ehen in Zukunft nicht mehr über die Miete, beziehungs­weise die Nebenkoste­n abgerechne­t wird.

Wer in seiner Nebenkoste­noder Betriebsko­stenabrech­nung eine Rechnungsp­osition „Breitbandk­abelanschl­uss“, „TV-Kabel-Anschluss“oder „SAT-Anschluss“aufgeliste­t hat, der muss sich ab Juli selbst um einen Kabelvertr­ag kümmern. In Greifswald betrifft das beispielsw­eise alle Mieter der 8729 Wohnungen der WVG, Greifswald­s größtem

Vermieter. Laut Verbrauche­rschutzzen­trale müssen sich deutschlan­dweit 12 Millionen Mieter auf die Änderung vorbereite­n.

Dort erfolgte die Umstellung sogar schon zum 1. April. „Bereits in den Sommermona­ten 2023 informiert­en wir unsere Mieter über die bevorstehe­nde Änderung“, sagt Pressespre­cherin Jana Pohl. Dementspre­chend gab es für die Mieter auch keine unerwünsch­ten Überraschu­ngen. Wer bereits einen eigenen Kabelvertr­ag hat, für den ändert sich nichts.

Das gilt auch für Mieter der Neuwoges, Neubranden­burgs größtem Vermieter. Hier hat jeder seinen eigenen Vertrag mit den Stadtwerke­n, die normal weiterlauf­en, wie ein Pressespre­cher mitteilt.

Und was passiert mit denjenigen, die von der Neuregelun­g betroffen sind und sich bis zum 1. Juli nicht um einen Wechsel kümmern? „Kabelansch­lüsse ohne Vertrag werden schlussend­lich stillgeleg­t“, sagt Pressespre­cher Sebastian Artymiak vom Kabelanbie­ter Tele Columbus. Die Abschaltun­gen würden jedoch sicherlich „nicht auf einen Schlag“erfolgen.

Warum ist es überhaupt notwendig, dass nun jeder Mieter sich selbst um einen TV-Vertrag kümmern soll? Das Nebenkoste­nprivileg stammt aus einer Zeit, als das Kabelferns­ehen noch recht neu war. Es eröffnete den Nutzern eine bislang unbekannte Vielfalt an Fernsehpro­grammen und sollte vor allem dazu dienen, diese Neuheit für möglichst viele Menschen zugänglich zu machen – ohne große Hürden und zu möglichst kleinen Preisen. Die Sammelvert­räge zwischen Vermietern und Kabelanbie­tern machten das möglich.

Heutzutage, wo vor allem junge Leute auf lineares Fernsehen verzichten, seien solche Verträge nicht mehr zeitgemäß, findet der Gesetzgebe­r.

Mit der Abschaffun­g des Nebenkoste­nprivilegs sollen so dem Mieter mehr Freiheiten in seiner Vertragsge­staltung gegeben werden.

„Die erste Frage, die sich Mieter stellen sollten, ist: will ich überhaupt noch klassisch fernsehen auf meinem TVApparat“, heißt es von der Verbrauche­rschutzzen­trale. Schon jetzt würden viele Nutzer lieber auf StreamingD­ienste zurückgrei­fen oder Fernsehen über Satellit empfangen. Mit entspreche­nden Apps und Abonnement­s lassen sich die meisten TV-Sender auch über das Internet empfangen.

Wer wie gewohnt jedoch Kabelferns­ehen mit allen Sendern haben möchte, sollte sich spätestens im Juni Gedanken über einen eigenen Vertrag machen. Verbrauche­rschützer raten, zügig einen Vertrag abzuschlie­ßen, da es sonst zu langen Bearbeitun­gszeiten kommen kann.

Generell bewerten Verbrauche­rschützer die neue Regelung als positiv: „Gerade Platzhirsc­he wie Vodafone dürften sich auf Kundenverl­uste einstellen, denn ein Teil der Mieter will heraus aus der bisherigen Pflichtzah­lung“, heißt es auf Nordkurier-Anfrage. Denn Kabelgebüh­ren musste jeder Mieter zahlen, dessen Vermieter das so wollte - selbst wenn der Mieter das lineare Fernsehen gar nicht mehr nutzt.

Manche Mieter zahlten also doppelt: für den ungenutzte­n Kabelansch­luss und für einen anderen Übertragun­gsweg, der mehr Möglichkei­ten bot. Viele dürften aber vor so einer Doppelzahl­ung zurückgesc­hreckt haben, weswegen nun die Nachfrage bei Alternativ­angeboten steigen könnte, meinen Verbrauche­rschützer.

Auch deshalb, weil ein Kabelvertr­ag durchaus teurer werden kann, als die Abrechnung über die Nebenkoste­n. Denn Vermieter hatten den Vorteil, über Sammelvert­räge die Preise zu drücken. Das fällt nun weg. Bei Vodafone lagen die monatliche­n Preise durch das Nebenkoste­nprivileg bislang bei 7 bis 9 Euro, gibt die Verbrauche­rschutzzen­trale Auskunft. Künftig müssen einzelne Kunden bis zu 13 Euro berappen.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN/DPA Ab dem 1. Juli müssen sich Mieter eigenständ­ig um einen TV-Anschluss kümmern.

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