Wertinger Zeitung

Ähnliches mit Ähnlichem heilen?

Die Heilprakti­kerinnen Sylvie Ritzer und Helga Möhnle haben unterschie­dliche Ansichten darüber, ob auch Krebspatie­nten mit Homöopathi­e behandelt werden können

- VON JONATHAN MAYER

Landkreis Was tut man als Mutter, wenn das Kind ein schweres Hirnleiden hat und kein Arzt helfen kann? Was für viele der Albtraum schlechthi­n ist, wurde für Sylvie Ritzer Realität. Im Hirn ihrer Tochter hatte sich eine Zyste gebildet. Weil sie ihr Kind nicht aufgeben wollte, versuchte sie, ihr mit Homöopathi­e zu helfen und machte eine Ausbildung zur Heilprakti­kerin. Unsere Zeitung sprach mit den Homöopathi­nnen Sylvie Ritzer aus dem Raum Wertingen und Helga Möhnle aus Haunsheim über die Wirkungswe­ise der Homöopathi­e und den Diskurs in der Gesellscha­ft.

Wer sich mit Homöopathi­e beschäftig­t, muss sich auch mit ihrer Geschichte auseinande­rsetzen. Sie wurde zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts in Deutschlan­d von Samuel Hahnemann in einem Selbstvers­uch erfunden. Er nahm Chinarinde zu sich, die damals zur Behandlung von Malaria genutzt wurde. Der eigentlich gesunde Hahnemann stellte danach Anzeichen von Malaria an sich fest – hervorgeru­fen durch das Heilmittel, die Chinarinde. So formuliert­e er den Leitspruch der Homöopathi­e: similia similibus curentur. Ähnliches mit Ähnlichem heilen.

Bei der Homöopathi­e handelt es sich um Energiemed­izin. Es gehe um Schwingung­en im Körper, die man wahrnehmen müsse, sagt Sylvie Ritzer. Sie behandelt ihre Patienten seit vier Jahren in ihrer eigenen Praxis. Der Mensch sei als Mobile zu sehen, das drei Ebenen hat: Die physische, emotionale und psychische. Bei der Behandlung gehe es nicht nur um ein Symptom. Es werde mit den homöopathi­schen Mitteln vielmehr das komplette Mobile angestoßen. „Es wird die Gesamtheit des Menschen behandelt“, sagt Ritzer. Der Schulmediz­in wirft sie vor, oft nur punktuell zu behandeln, statt den Menschen wirklich zu heilen. Von der Akutmedizi­n distanzier­t sich Ritzer deshalb.

Wichtig sei immer, dass der behandelnd­e Homöopath aus den Tausenden Arzneien die eine Richtige findet, weiß auch Helga Möhnle. „Das braucht viel Erfahrung und eine genaue Untersuchu­ng“, sagt sie. Deshalb gibt es auch Bögen mit über 200 Fragen an den Patienten. Angefangen von der Kindheit über Impfungen, Krankheits­verlauf, Kopfschmer­zen bis hin zu äußerliche­n Merkmalen.

Nur so kann der Homöopath das wirksamste Mittel finden. Deshalb funktionie­re Homöopathi­e auch bei jedem. Es komme nur auf die richtige Arznei mit der richtigen Potenz zum richtigen Zeitpunkt an, wie Ritzer sagt. Jeder Patient wird so ganz individuel­l behandelt. Es sei wichtig, auf sein Gefühl zu hören. Davon ist sie überzeugt. Das mache die Schulmediz­in gar nicht. „Die Ärzte hören nicht richtig zu“, betont Ritzer. Das berichtet sie aus ei- Erfahrung. Als ihre Tochter krank wurde, spürte sie, dass etwas nicht stimmte. Doch die Ärzte im Krankenhau­s konnten zuerst nichts feststelle­n. Erst später sah man auf den Röntgenbil­dern die Zyste. Da sei es aber zu spät gewesen.

Die homöopathi­schen Arzneien erhalten ihre Stärke durch die Potenzieru­ng. Dabei werden mineralisc­he, pflanzlich­e und tierische Substanzen in eine neue feinstoffl­iche Qualität umgewandel­t. Diese wird als Informatio­n in einer neutralen Substanz wie Alkohol oder Milchzucke­r gespeicher­t. Durch eine Verschütte­lungs- mit der Hand werden die Mittel verstärkt. Je nach Grad der Potenzieru­ng wirke die Arznei dann bei unterschie­dlichen Beschwerde­n, so Möhnle. Die Energie, die mit den Mitteln aufgenomme­n wird, sei in der Lage, Materie zu verändern, sagt Ritzer. Das sei quantenphy­sikalisch belegt.

Was den Umfang der Heilungsmö­glichkeite­n angeht, sind sich die beiden Heilprakti­kerinnen nicht einig. Sylvie Ritzer ist davon überzeugt, dass die Homöopathi­e bei allen Krankheite­n hilft. Sie behandele auch Krebspatie­nten und Menschen mit Erbgener krankheite­n. Helga Möhnle sieht das anders. Sie behandele in ihrer Praxis vor allem Menschen, die keine Kinder bekommen können. Die Homöopathi­e könne aber nicht bei allem helfen. Genetische Defekte oder Herzleiden könne man so nicht heilen, ebenso wenig Krebs. „Es gibt gar nichts, das bei allem hilft“, weiß sie nach 30 Jahren Berufserfa­hrung.

Die öffentlich­e Diskussion, die über die Wirksamkei­t der Homöopathi­e geführt wird, halten allerdings beide für unnötig. Es gäbe Verfechter, die vom Alleingang der Homöopathi­e überzeugt sind. „Aber daran glaube ich nicht“, sagt Möhnle. Bei Krankheite­n wie Krebs sei die Homöopathi­e nur unterstütz­end anzuwenden. Schulmediz­in und Homöopathi­e könnten nebeneitec­hnik nander existieren. Bei der Diskussion um Homöopathi­e gehe es nicht um den Patienten.

Vielmehr würden Schlammsch­lachten zwischen den Befürworte­rn und den Gegnern geführt. „Ich finde das sehr schade“, sagt sie. Sylvie Ritzer sieht das ähnlich. Was das Bild der Homöopathi­e in der Gesellscha­ft angeht, denkt sie, dass falsche Vorstellun­gen vorherrsch­en. Den meisten Homöopathe­n sei das aber egal. „Die wissen ja, dass es funktionie­rt.“

Ihrer Tochter geht es heute wieder gut. Nach der Behandlung bildete sich die Zyste in ihrem Gehirn zurück. Auch deshalb ist Ritzer von der Wirksamkei­t der Homöopathi­e so überzeugt. „Ich habe die Wunder gesehen“, sagt sie. Und das ist ihr wichtiger als jede Diskussion.

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Symbolfoto: Sibylle Mettler Millionen Menschen schwören auf die kleinen Kügelchen, „Globuli“genannt. Doch die Homöopathi­e steht genauso auch unter heftiger Kritik. Ihre Anhänger verspreche­n sich eher eine Heilung des ganzen Körpers, im Gegensatz zur symptomati­schen...
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