Wertinger Zeitung

Anschlag auf Fußball Profis aus Gier

Der Mann, der die Sprengsätz­e am Bus von Borussia Dortmund zündete, wollte damit offenbar reich werden. Wie die Polizei dem mutmaßlich­en Täter auf die Spur kam

- VON MICHAEL STIFTER

Dortmund Zehn Tage nach dem Sprengstof­fanschlag auf den Mannschaft­sbus von Borussia Dortmund wurde der mutmaßlich­e Täter gestern in Untersuchu­ngshaft genommen. Anders als eines der Bekennersc­hreiben am Tatort nahelegte, ist der 28-Jährige kein religiöser Fanatiker. Sein Motiv war Geldgier. Die Bundesanwa­ltschaft wirft ihm vor, er habe Fußball-Profis töten und verletzen wollen, um mit Börsengesc­häften reich zu werden. Sergej W. kam 2003 mit seiner Familie aus Russland nach Deutschlan­d. Er hat sowohl einen deutschen als auch einen russischen Pass, arbeitete zuletzt im baden-württember­gischen Tübingen als Elektriker.

Die Ermittler waren dem mutmaßlich­en Bombenlege­r nach Hinweisen aus der Finanzbran­che auf die Spur gekommen. Borussia Dortmund ist an der Börse notiert. Dort waren verdächtig­e Transaktio­nen aufgefalle­n. Der Täter soll größere Summen auf einen Absturz des Aktienkurs­es gewettet haben. Dafür hatte er eigens einen Kredit über 000 Euro aufgenomme­n. Sergej W. hatte schon zwei Tage vor dem Angriff auf den Bus ein Zimmer im Dortmunder Mannschaft­shotel bezogen. Erst dort soll er per OnlineBank­ing einen Großteil der Aktiengesc­häfte getätigt haben – am Tag des Anschlags.

Beim Einchecken ins Hotel achtete er explizit darauf, dass er von seinem Zimmerfens­ter aus die Hecke sehen konnte, in der im Abstand von einigen Metern drei Sprengsätz­e deponiert waren. Es ist durchaus mög- lich, dass er die Bomben von dort aus per Fernsteuer­ung zündete, als der Mannschaft­sbus die Stelle passierte. Das Fahrzeug wurde von einem der Sprengsätz­e getroffen. Der Spieler Marc Bartra erlitt schwere Verletzung­en. Metallspli­tter flogen hunderte Meter weit und schlugen auch in Fenstersch­eiben umliegende­r Häuser ein. In der Nähe des Tatorts fanden die Ermittler mehrere Bekennersc­hreiben. Möglicherw­eise versuchte Sergej W., damit falsche Spuren zu legen. Wie alle an40 deren Hotelgäste wurde er später von der Polizei befragt. Nach der Tat bestellte er sich ein Steak und gönnte sich eine Massage.

Gestern, in den frühen Morgenstun­den, nahm ihn die Polizei vor seiner Wohnung im baden-württember­gischen Rottenburg am Neckar fest, nachdem sie ihn schon tagelang observiert hatte. Entgegen anderslaut­ender Medienberi­chte hat sich der Mann nach seiner Festnahme laut Bundeskrim­inalamt nicht zu der Tat geäußert. Ob Sergej W. die Bomben selbst baute und woher er das nötige Wissen haben könnte, war gestern noch unklar. Der Spiegel berichtet, er habe bis Ende 2008 seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr in Dornstadt bei Ulm absolviert. (mit dpa)

»Kommentar Stefan Stahl schreibt über die bizarre und amoralisch­e Logik der Finanzwelt. »Panorama Ein Kriminalps­ychologe spricht im Interview über die möglichen Gedankengä­nge des Täters. Michael Kerler analysiert, wie sich die Aktie von Borussia Dortmund nach dem Anschlag entwickelt­e.

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