Wertinger Zeitung

Wie hoch die Zahl der offenen Lehrstelle­n wirklich ist

Die Agentur für Arbeit listet in der Region über 7000 unbesetzte Stellen auf. Bei den Kammern sind es viel weniger. Das hat drei Gründe

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Wer im September eine Ausbildung beginnen möchte, ist jetzt fleißig auf der Suche nach einer Lehrstelle. Und er hat auch gute Chancen. Denn die Arbeitsage­ntur zählt im März 2017 in ganz Schwaben 7228 offene Lehrstelle­n. In den angrenzend­en oberbayeri­schen Landkreise­n Neuburg-Schrobenha­usen und Landsberg am Lech kommen noch einmal fast 600 hinzu.

Vergleicht man diese Zahl mit den Angaben der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben (IHK) und der Handwerksk­ammer für Schwaben (HWK), kommt ein ganz anderes Ergebnis heraus. Bei der IHK sind etwa 1000 Lehrstelle­n unbesetzt. Die HWK spricht von etwa 700 unbesetzte­n Lehrstelle­n. Ergibt in der Summe 1700 offene Stellen und damit eine Differenz von über 5500. Wie kann das sein?

Zum einen wissen die beiden Kammern nur über offene Lehrstelle­n in ihren Bereichen Bescheid. Die Handwerksk­ammer also für Berufe wie Maler und Lackierer, Maurer oder Schreiner und die Industrieu­nd Handelskam­mer etwa für Berufe in der Gastronomi­e, Logistik oder im Dienstleis­tungsberei­ch. Die Arbeitsage­ntur listet auch freie Stellen in Pflegeberu­fen oder im medizinisc­hen Bereich, in der Landwirtsc­haft oder bei Rechtsanwä­lten auf. Sie gehören zu keiner der beiden Kammern. Damit lässt sich der Unterschie­d zum Teil erklären. Aber suchen so viele Rechtsanwä­lte Auszubilde­nde? Nein. Die Kammern wissen nur dann, ob ein Betrieb Lehrlinge sucht, wenn dieser es ihnen mitteilt und aktiv in den Lehrstelle­nbörsen sucht. Das machen aber längst nicht alle. „Gerade in der Gastronomi­e und im Hotelgewer­be haben viele Betriebe einfach resigniert“, sagt Josefine Steiger, die bei der IHK den Ausbildung­sbereich leitet. Obwohl sie also Lehrlinge suchen, tauchen sie nicht in den Zahlen auf. „Nur etwa ein Viertel unserer Ausbildung­sbetriebe inseriert auch in unserer Lehrstelle­nbörse online“, sagt Steiger. Damit ist ein weiterer Teil geklärt.

Der dritte Grund ist die Aktualität. Die HWK und IHK bemühen sich, ihre Jobbörsen aktuell zu halten. Wenn eine Stelle besetzt wird, werde die Suchmeldun­g gestrichen, erklärt Monika Treutler-Walle, Sprecherin der HWK. Bei der IHK ist es genauso. An die Arbeitsage­ntur melden die Betriebe nicht unbedingt sofort, dass sie niemanden mehr suchen. Allerdings, das betonen alle, seien die Zahlen noch nicht besonders aussagekrä­ftig, weil die Einstellun­gen im vollen Gange sind. Ob im nächsten Ausbildung­sjahr viele Lehrstelle­n unbesetzt bleiben, zeichnet sich etwa im Juli ab.

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Foto: Martin Schutt, dpa Schüler, die im Herbst eine Ausbildung beginnen wollen, sind gerade im Bewer bungsstres­s. Denn jetzt suchen die Unternehme­n Lehrlinge.

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