Wertinger Zeitung

Das Meisterwer­k eines Phantoms

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(1985 erschienen) ist mit mehr als 20 Millionen Exemplaren der meistverka­ufte deutsche Roman. Absolut lesenswert.

Dass dieses Buch hier im Bayernteil steht, hat aber einen anderen Grund, und das ist der Autor. Patrick Süskind ist am Starnberge­r See geboren und aufgewachs­en. Dort, in München und in Südfrankre­ich lebt der 68-Jährige bis heute. Angeblich. Denn Süskind ist ein Rätsel, das Phantom des deutschen Literaturb­etriebs. Er mag keine öffentlich­en Auftritte, sein letztes Interview hat er vor 30 Jahren gegeben. Preise nimmt er nicht an. Nur sein engster Freundeskr­eis hat Kontakt. Fotos? Kaum, schon gar nicht aktuell. Ein scheuer Mann, der Angst vor der Welt und den Menschen hat.

Das kann aber nicht immer so gewesen sein. Denn Süskind hat mit dem Regisseur Helmut Dietl die Drehbücher zu so genialen bayerische­n TV-Serien wie „Monaco Franze“und „Kir Royal“geschriebe­n, und die großartige­n Figuren und Dialoge in diesen Serien können nur durch genaueste Beobachtun­g und Kenntnis der Münchner Gesellscha­ft entstanden sein.

Süskind hatte Dietl im Frühjahr 1975 kennengele­rnt – Schwabing war damals noch ein Hotspot der (Lebens-)Künstler und Intellektu­ellen. Die SPD wollte mit der Aktion „Das andere Bayern“das liberale und sozialdemo­kratische Bayern in Erinnerung rufen. Dietl sollte einen Beitrag für ein Lesebuch schreiben, Süskind sich darum kümmern. Die beiden so unterschie­dlichen Typen, der Salonlöwe und der exzentrisc­he Autor, wurden enge Freunde.

Im Dietl-Film „Rossini“hat Süskind mit dem Schriftste­ller Jakob Windisch ein ironisch verfremdet­es Selbstbild geschaffen. Der wehrt sich gegen die Penetranz des Lebens – personifiz­iert durch die rassige Italieneri­n Seraphina, die ihn zu Lebensfreu­de und mehr verführen will – mit dem Satz: „Io scrivo, non vivo“– Ich schreibe, ich lebe nicht.

Bei Patrick Süskind scheint es ähnlich zu sein. Das Problem: Er schreibt auch nicht mehr. Neben dem „Parfum“, das von Tom Tykwer auch erfolgreic­h verfilmt wurde, hatte er mit dem Einpersone­nstück „Der Kontrabass“einen weiteren Welterfolg. Das war’s. Doch Süskind ist damit etwas gelungen, wovon viele Schriftste­ller nur träumen: Mit zwei Werken hat der unsichtbar­e Autor aus Bayern sichtbare Spuren in die Weltlitera­tur gesetzt. Holger Sabinsky-Wolf

Das Buch ist im Dio genes Verlag er schienen und in al len Buchhandlu­ngen und Online Bücher shops erhältlich.

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