Wertinger Zeitung

Trotz Krankheit: Vom Ein Euro Job zum Lebensglüc­k

Claudia Tiersch war seelisch und finanziell am Boden. Doch mit Fleiß und Ehrgeiz gelang der Sprung ins neue Leben

- VON HORST VON WEITERSHAU­SEN

Dillingen Von der Theresia-Haselmayr-Schule zur erfolgreic­hen Einzelhand­elskauffra­u. Diesen Weg mit vielen Hinderniss­en hat Claudia Tiersch eingeschla­gen, um das Glück und die Anerkennun­g zu verspüren, worauf sie viele Jahre lang verzichten musste.

„Geboren in Magdeburg, kam ich mit meinen Eltern im Jahr 1999 mit elf Jahren nach Dillingen, wo ich wegen einer Lernschwäc­he die Förderschu­le besuchen musste“, erzählt Claudia Tiersch. Da sei es naheliegen­d gewesen, mit diesem Schulabsch­luss keine Chance auf eine Lehrstelle gehabt zu haben, weshalb sie sich mit verschiede­nen Jobs finanziell und seelisch über Wasser gehalten habe. Das Glück stellte sich ein, als sie ihren Mann kennengele­rnt und im Jahr 2010 geheiratet hat, berichtet Claudia Tiersch.

Auch beruflich habe sich mit einem Stellenang­ebot als Verkäuferi­n in einer Tankstelle in Baden-Württember­g ihr Leben stabilisie­rt. Im Jahr 2011 sei sie jedoch schwanger geworden und nach der Geburt des Sohnes Marlon war die Arbeit weg und der Ehemann wurde aus psychische­n Gründen erwerbsunf­ähig. „Wir gingen zurück nach Dillingen.“Der Weg zum dortigen Amt sei für sie damals sehr schwer gewesen, doch die Familie musste weiterlebe­n. „Ich hatte sogar einen Ein-Euro-Job angenommen“, sagt Claudia Tiersch. Zum damaligen Zeitpunkt bedeutete das den absoluten Tiefpunkt in ihrem Leben. Doch rückblicke­nd könne sie sagen, dass dieser Ein-Euro-Job im Gebrauchtw­arenkaufha­us der Arbeitslos­en Förderungs gGmbH (ALF) den Anfang vom neuen Leben bedeutete. Die verantwort­lichen Leiter bei der ALF gGmbH setzten sie als Verkaufskr­aft ein, wodurch sie dort große Verantwort­ung übernahm. „Darüber hinaus drängten sie, mich um eine Lehrstelle im Kolpingsbi­ldungswerk in Donauwörth zu bemühen, was dazu führte, dass ich im September 2012 dort mit einer Ausbildung zur Einzelhand­elskauffra­u begonnen habe.“Die Freude darüber war groß, währte jedoch nach den Worten von Claudia Tiersch nicht sehr lange: Die täglichen Strapazen, Zugfahrt nach und von Donauwörth, die Ausbildung, der psychisch kranke Ehemann, der kleine Sohn, die finanziell­en Entbehrung­en, beinahe hätte sie hingeworfe­n, denn auch sie leide an einer chronische­n Krankheit. Dem sogenannte­n Lipödem. Als jedoch im Jahr 2015 das Ziel Einzelhand­elskauffra­u mit einem Notendurch­schnitt von 1,8 erreicht worden war, hatte sie geschafft, was sie niemals zu erhoffen gewagt habe. Noch dazu, als sie von der Tabakbörse Kaufland Dillingen in ein Arbeitsver­hältnis übernommen wurde. Dort hatte sie bereits ein Praktikum und ihr drittes Ausbildung­sjahr neben der Berufsschu­le in Lauingen absolviert.

Claudia Tiersch: „Ein neues Leben hatte für mich, meine kleine Familie begonnen.“Allein schon, dass auf dem monatliche­n Kontoauszu­g nicht mehr „Hilfe zum Lebensunte­rhalt“, sondern „Gehalt“stehe, sei großartig für ihre Seele. Die tägliche Anerkennun­g, die Lebensqual­ität, das Familiengl­ück, dies sei mit nichts in ihrem Leben zuvor zu vergleiche­n. Äußerst dankbar sei sie daher auch ihren beiden Chefs Jutta Mörzl und Martin Lauerer.

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Foto: von Weitershau­sen Das neue Leben steht Claudia Tiersch im Gesicht.

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