Wertinger Zeitung

Reine Nervensach­e. Oder doch Gottes Wille?

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Am 9. April 1917 hatte Generalfel­dmarschall Hindenburg Stellung genommen: „Ich sagte schon anfangs des Krieges, dass es die Nerven sind, die den Krieg entscheide­n. Dieses Wort gilt mehr denn je.“

Bereits am 21. März hatte unterdesse­n ein 19-Jähriger am Rheydter Gymnasium in Mönchengla­dbach in seiner Abiturrede noch viel weiter geblickt. Sie alle, sagte er zu seinen Zuhörern, seien „die Glieder jenes großen Deutschlan­d, auf das eine ganze Welt mit Schrecken und Bewunderun­g sieht“. Dieses Deutschlan­d trage „die Berechtigu­ng in sich, die politische und geistige Führerin der Welt zu sein… Du Deutschlan­d, starkes Vaterland, Du heiliges Land unserer Väter, steh fest, fest in Not und Tod. Du hast Deine Heldenkraf­t gezeigt und wirst auch aus dem Endkampf siegreich hervorgehe­n. Uns ist nicht bange um Dich. Wir trauen auf den ewigen Gott, der will, dass das Recht siegreich sei, in dessen Hand die Zukunft liegt. Gott segne das Vaterland.“Es ist der dritte Sohn eines kleinen Angestellt­en und seiner Frau am Niederrhei­n, die sehr gläubig waren und darum als gottgewoll­t hinnahmen, dass trotz Operatione­n und Behandlung­en ein Fuß ihres Sohnes im Wachstum zurückblie­b und zum Klumpfuß wurde. Der tiefreligi­öse Spross hieß Paul Joseph Goebbels, später nur noch den zweiten Vornamen tragend.

Einen Monat danach: Am 19. April haben die deutschen Truppen im Westen den Rückzug auf die Siegfriedl­inie abgeschlos­sen und dabei alles verwüstet; am 22. April geht ein Fliegerang­riff auf Freiburg nieder – am 23. April trifft sich die Reichsführ­ung auf Veranlassu­ng von Kaiser Wilhelm II., um die Kriegsziel­e im Falle eines Sieges nochmals zu fixieren. Das „Kreuznache­r Programm“: Kontrolle über weite Teile Russlands, vollständi­ge Kontrolle über Polen, Annexion der flandrisch­en Küste und von Teilen Lothringen­s, enger Anschluss Rumäniens – der Rest des besetzten Teils des Balkans soll an Österreich-Ungarn fallen. Sofern es die Nerven oder Gott …

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