Deutsche Karrieren als „Kammerohr“
Getauft wurde er im Jahr 1737 auf den Namen Ignatius. Er selbst nannte sich Fortuna. Das Glück, das ihn zu dieser Namensergänzung veranlasste, war kein ganz gewöhnliches: Als Sklave in Südamerika eingekauft, wurde er der Essener Fürst-Äbtissin Franziska Christina von Pfalz-Sulzbach als Geschenk übergeben. Unter den Fittichen der Äbtissin aus dem Hause Wittelsbach machte er eine lukrative Karriere als sogenannter Kammermohr. Er wurde ihr bevorzugter Diener und so großzügig bezahlt und beschenkt, dass sich bald selbst adelige Herrschaften von ihm Geld liehen. Ein Waisenhaus, in dem er vor seinem Tod diente, erhielt ein stattliches Erbe vom kinderlosen „Kammermohr“.
Kammermohr? Ja, so nannte man die schwarzen Sklaven, mit denen sich Europas Adelshäuser gerne schmückten. Dabei kam es nicht selten zu bemerkenswerten Karrieren. Ein gewisser Anton Wilhelm Amo, der als Kind aus Westafrika verschleppt wurde, landete als Geschenk beim Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel. Das Haus war humanistisch gesonnen. Herzog August Wilhelm erkannte Amos Begabung und ließ ihn Sprachen, Philosophie und Rechtswissenschaften studieren. Amo machte 1734 seinen Doktor und lehrte als Privatdozent Philosophie und Jurisprudenz an mehreren Universitäten. Eine seiner juristischen Schriften behandelt die „Rechtsstellung der Mohren in Europa“.
Die war prekär, wie Leben und Tod des Angelo Soliman zeigen. Soliman wurde im heutigen Nigeria versklavt und 1734 dem Fürsten Johann von Lobkowitz geschenkt, dem er als Reisebegleiter und Soldat diente. Während einer Schlacht rettete Soliman seinem Fürsten das Leben, was sein Schaden nicht war. Er diente in führenden Positionen weiteren Fürstenhäusern, heiratete – zum Unmut seines Herrn – eine Deutsche und brachte es – als erster Schwarzer – zum Freimaurer. Dass man nach seinem Tod seinen Körper präparierte und ausstellte, zeigt, auf welch dünnem Eis sich die Karrieren solcher Männer bewegten. August Sabac el Cher, der auf Umwegen aus dem heutigen Sudan an den preußischen Hof gelangte, erhielt sogar die deutsche Staatsbürgerschaft. Allerdings erst, nachdem er mit seinem Herrn, Prinz Albrecht, in die deutschen Einigungskriege gezogen war, zuletzt 1870 gegen Frankreich. Auch er heiratete, wie Soliman, eine Deutsche, ehe er selber einer wurde.