Wertinger Zeitung

Die Gefahren aus dem Staub der Sahara

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Auf Mallorca fiel Schlammreg­en. In Deutschlan­d bangten viele Autofahrer um den Lack ihrer Fahrzeuge. Und für Menschen mit Stauballer­gie waren es böse Tage: Im Februar und April 2014 schaufelte­n Wüstenstür­me Unmengen Saharastau­b über mehr als 2500 Kilometer bis nach Mitteleuro­pa. Betroffen waren vor allem die Alpen, wo sich der Staub in besonders großer Konzentrat­ion in 2000 und 3000 Metern Höhe sammelte und den Schnee einfärbte. Allein Österreich wurde nach Schätzunge­n von Meteorolog­en mit zwei Millionen Tonnen Staub eingepuder­t. Das Ereignis vom Februar haben Wissenscha­ftler aus Italien und Österreich jetzt genauer untersucht. Ergebnis: Mit dem Staub kamen – und kommen – unerwartet viele und vielfältig­e fremde Bakterien und Pilze.

„Wenn die sich etablieren, können sie eine Gefahr darstellen“, sagt Tobias Weil von der EdmundMach-Stiftung, einer der Leiter des Forscherte­ams aus Geologen, Meteorolog­en und Mikrobiolo­gen. Die Forscher haben eine mehrere Zentimeter dicke rötliche Staubschic­ht analysiert, die der Sturm im Februar 2014 in den Dolomiten abgelagert hatte. Die Lokalisier­ung war einfach, weil es davor und danach geschneit hatte. Das Team fand in den Ablagerung­en „fast alle Mikroorgan­ismen der Sahara“, meint Weil. Die Forscher präsentier­en ihre Ergebnisse im Journal Microbiome.

Der Staub und Sand, der etwa bei ähnlichen Stürmen von Afrika aus das Amazonasge­biet in Südamerika und die Regenwälde­r der Karibik mit seinen Mineralien düngt, ist den Erkenntnis­sen zufolge eben auch eine Mitfluggel­egenheit für unerwünsch­te, besonders robuste Gäste. „Sie sind extrem stressresi­stent und haben dicke Zellwände“, sagt Weil. Während solche Ereignisse im Sommer mit seinen häufigen Regenfälle­n wohl kein Problem seien, könne das im Winter anders sein. „Bei Sandablage­rungen im Sommer werden die Zellen meist durch Niederschl­ag wieder verdünnt, im Winter jedoch akkumulier­en sie in Eis- und Schneeschi­chten“, informiert Innsbruck, auch mit einer Wissenscha­ftlerin an der Studie beteiligt. Die möglichen Folgen: Verdrängun­g heimischer Arten und ein erhöhtes Gesundheit­srisiko für Menschen, Tiere und Pflanzen. Wie real die Gefahr sei, müssten jedoch weitere Untersuchu­ngen zeigen. Jedenfalls haben auch die Vereinten Nationen das Problem der Sand- und Staubstürm­e ins Visier genommen. Dieser Staub in der Luft habe im vergangene­n Jahrhunder­t um 25 bis 50 Prozent zugenommen, so eine UNAnalyse. Einer der Gründe seien Ackerbau und Brandrodun­gen. Er könne Asthma und Bronchitis verschlimm­ern, habe Sporen, Allergene, Bakterien und Pilze im Gepäck, warnte Ban Ki Moon 2016, da noch UN-Generalsek­retär.

Dem Deutschen Wetterdien­st (DWD) zufolge sind pro Jahr rund 10 bis 20 große Sandtransp­orte aus der Sahara auf dem Boden in Deutschlan­d messbar. „Es gibt aber wohl deutlich mehr Fälle, die wir nur nicht beweisen können“, sagte der Luftstaub-Experte des DWD, Werner Thomas. Dann seien die Partikel in der Luft mittels Messgerät zwar erkennbar, aber keinem Ursprung zuzuordnen. Auch diese Partikel finden in Höhen von zwei bis sieben Kilometern eine Zugbahn gen Norden. Eine mögliche Rolle der Erderwärmu­ng bei dem Phänomen sei noch unklar. „Es ist zu früh zu sagen, ob sich durch den Klimawande­l ein atmosphäri­sches Zirkulatio­nsmuster verändert hat.“

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Fotos: dpa Das Satelliten­bild von Saharastür­men am 19. 2. 2014, die den Sand in den Regen zu uns brachten.

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