Wertinger Zeitung

Nur 13 Gefährder abgeschobe­n

950 Islamisten stehen unter Verdacht. Doch Behörden tun sich schwer

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Berlin Als Gefährder stuft die Polizei Extremiste­n ein, denen die Ermittler einen Anschlag zutrauen. Das Bundesinne­nministeri­um zählt nach eigenen Angaben derzeit 650 solch islamistis­che Verdächtig­e und weitere 300 als ähnlich gefährlich betrachtet­e „relevante Personen“. Doch nur 100 der Gefährder können laut einem Bericht der Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung auch wirklich abgeschobe­n werden.

Denn rund zwei Drittel der Gefährder und relevanten Personen sind nach Angaben des Ministeriu­ms deutsche Staatsbürg­er oder andere EU-Bürger. Von den Verbleiben­den ist zwar ein Drittel „ausreisepf­lichtig“, allerdings haben die Behörden hier offenbar in zwei von drei Fällen juristisch­e oder andere Probleme, die Abschiebun­gen tatsächlic­h vollziehen zu können.

Erst 13 Islamisten seien seit Jahresbegi­nn in ihre Heimatländ­er abgeschobe­n worden, davon 7 nach Tunesien, berichtet die Zeitung unter Berufung auf eine Recherche bei den Landesinne­nministeri­en. Mehrere der aus Deutschlan­d abgeschobe­nen Tunesier seien nach ihrer Rückkehr wegen Terrorverd­achts inhaftiert worden, sagte der Sprecher des auf Terrorfäll­e spezialisi­erten Gerichts in Tunis, Sofiane Sliti.

Seinen Angaben zufolge wird gegen etwa zehn Personen ermittelt. Sie befänden sich wegen möglicher Verbindung­en zu Terrororga­nisationen in Haft. Deutschlan­d und Tunesien hatten sich nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachts­markt auf schnellere Abschiebun­gen in das nordafrika­nische Land geeinigt.

Mitte Dezember hatte der Attentäter Anis Amri in Berlin zwölf Menschen getötet. Der Asylantrag des Tunesiers war abgelehnt worden. Er konnte aber nicht abgeschobe­n werden, weil tunesische Behörden die Papiere dafür nicht rechtzeiti­g bereitgest­ellt hatten. Nicht jeder abgeschobe­ne Tunesier habe allerdings Verbindung­en zum Terrorismu­s, betonte der Justizspre­cher. Die tunesische­n Behörden arbeiteten derzeit an einer Anti-TerrorStra­tegie. Von den ausreisepf­lichtigen Gefährdern seien über 30 Prozent türkische Staatsange­hörige, hieß es unter Berufung auf Sicherheit­skreise. (dpa)

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