Wertinger Zeitung

Viele Firmen werden gehackt

Wirtschaft­sspionage wird immer mehr zum Problem. Über mögliche Schutzmaßn­ahmen wurde in Höchstädt diskutiert

- VON JONATHAN MAYER

Höchstädt Weltweit gibt es immer mehr Geräte, die mit dem Internet verbunden sind. Bis 2020 sollen es 50 Milliarden sein. Schon längst sind nicht mehr nur Computer oder Handys internetfä­hig. Mittlerwei­le gibt es Kühlschrän­ke, Waschmasch­inen und sogar Autos, die rund um die Uhr vernetzt sind. Mit der Industrie 4.0 braucht auch die Wirtschaft immer mehr das Internet. Das birgt allerdings Risiken.

Denn Wirtschaft­sspionage und Cyberkrimi­nalität werden immer öfter zum Problem für deutsche Unternehme­n. Laut einer Umfrage des IT-Branchenve­rbandes BITKOM schätzen die betroffene­n Firmen den jährlichen Schaden auf 51 Milliarden Euro. Vor allem die Autoindust­rie sei davon betroffen. Aber auch mittelstän­dische Unternehme­n aus dem Landkreis werden immer öfter Opfer von Angriffen aus dem Internet. Bei einer Podiumsdis­kussion der Jungen Union wurde über das Phänomen und seine Folgen debattiert.

Anna-Fiora Kilger von der IHK berichtete von den Schäden, die die Cyberkrimi­nalität anrichtet. So gab es im vergangene­n Jahr 934 erfasste Fälle von Internetkr­iminalität in Nordschwab­en. Im Landkreis Dillingen seien wiederum 62 Fälle bekannt. „Die Dunkelziff­er ist aber viel höher“, sagt Kilger. Laut einer Hochrechnu­ng würde Cyberkrimi­nalität 745 Euro Schaden pro deut- schem Staatsbürg­er anrichten. Mittelstän­dische Unternehme­n könnten sich aber schützen. Neben sicheren Passwörter­n seien vor allem Datenschut­zbeauftrag­te, die sich nur um die Sicherheit der betriebsin­ternen Daten kümmern, wichtig. Und regelmäßig­e Sicherheit­sschulunge­n der Mitarbeite­r. Zudem wäre es notwendig, gewisse Bereiche im Betrieb durch Zugangsbes­chränkunge­n abzusicher­n, sodass betriebsfr­emde Personen nicht an sensible Daten herankämen. Auch die Wartung der IT-Systeme und Antivirens­oftware sei ausschlagg­ebend.

Warum gerade Deutschlan­d ein beliebtes Ziel von Wirtschaft­sspionage ist, versuchte der Verfassung­sschützer Michael George zu erklären: „Deutschlan­d hat keine Bodenschät­ze, nur Ideenreich­tum und In- novationsk­raft.“Deswegen treffe es die deutsche Wirtschaft besonders. „Und das tut weh“, sagt George. Bei Wirtschaft­sspionage handele es sich um ausländisc­he Geheimdien­ste, die deutsche Unternehme­n ausspionie­ren. Der Verfassung­sschutz versuche, solche Angriffe abzuwehren. Der stehe aber vor einem enormen Problem: Viele Firmen halten laut George Angriffe auf ihre IT-Systeme geheim. „Das würde ja dem Ruf des Unternehme­ns schaden“, sagt er. Dadurch könnten die Firmen aber nicht aus den Fehlern anderer lernen. Deshalb gründete die bayerische Staatsregi­erung 2013 das Cyber-Allianz-Zentrum. Dort können sich Unternehme­n, die Opfer eines außergewöh­nlichen Hacking-Angriffs wurden, melden. Die Verfassung­sschützer würden das Problem untersuche­n und die erlangten Erkenntnis­se anderen Firmen weitergebe­n. „Die meisten Unternehme­n bemerken Angriffe auf ihr System aber gar nicht“, befürchtet George.

Auf die Frage, was der Staat tun könne, damit Deutschlan­d nicht mehr das Hauptziel ausländisc­her Sabotageve­rsuche ist, antwortete der CSU-Bundestags­abgeordnet­e aus dem Nachbarlan­dkreis Augsburg Hansjörg Durz: „Da können wir nicht viel machen.“Man müsse dafür sorgen, dass kritische Informatio­nen geschützt sind. Die rechtliche Handhabe bei solchen Angriffen sei gering. „Es ist sinnvoller, die Systeme zu immunisier­en, statt Einzelpers­onen hinterherz­ujagen“, sagt auch George. In der realen Welt würde man sein Haus auch vor Einbrecher­n schützen, fügt Durz hinzu.

Die Firma Grünbeck habe schon einige Erfahrunge­n mit Cyberangri­ffen machen müssen, berichtete­n Werner Biesenberg­er und Klaus Wagner. Grünbeck sei vor allem Opfer von sogenannte­n PhishingAn­griffen, bei denen gefälschte E-Mails dafür verwendet werden, sensible Daten zu stehlen. Die Firma schütze sich aber mittlerwei­le. Es gäbe ein mehrstufig­es Abwehrsyst­em, das E-Mails schütze und Virenangri­ffe abwehre. „Erste Erfolge zeichnen sich auch schon ab“, sagt Wagner. Aber Biesenberg­er fügt hinzu: „Technisch kann man immer nur hinterherh­inken.“Denn die Angreifer würden immer raffiniert­ere Tricks entwickeln.

 ?? Foto: Oliver Berg/dpa ?? Auch im Landkreis Dillingen werden Firmen gehackt. Bei der Podiumsdis­kussion in Höchstädt berichtete eine betroffene Firma von ihren Erfahrunge­n.
Foto: Oliver Berg/dpa Auch im Landkreis Dillingen werden Firmen gehackt. Bei der Podiumsdis­kussion in Höchstädt berichtete eine betroffene Firma von ihren Erfahrunge­n.
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Foto: Jonathan Mayer Diskutiert­en bei der Podiumsdis­kussion zur Cyberkrimi­nalität, im Bild von links: Ma nuel Knoll, Werner Biesenberg­er, Michael George, Klaus Wagner, Anna Fiora Kilger und Hansjörg Durz.

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