Wertinger Zeitung

Reparieren statt wegwerfen

Manche haben handwerkli­ches Geschick, andere kaputte Alltagsgeg­enstände. Im Repair-Café schrauben alle miteinande­r. Das ist nicht nur praktisch

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen Wie mache ich meinen Toaster wieder fit und wie den Drucker funktionst­üchtig? Und wie kann ich mein kaputtes Handy selbst reparieren? Im neuen RepairCafé stellen sich solche Fragen erst gar nicht. Hier wird defekten Dingen sofort mit geeignetem Werkzeug und Sachversta­nd auf den Grund gegangen. Am morgigen Samstag findet zum ersten Mal ein Treffen im Wertinger Jugendhaus statt. Reparatur-Experten helfen Besuchern, so viel wie möglich selbst an ihren mitgebrach­ten Gegenständ­en wieder in Ordnung zu bringen. Langwierig­e „Operatione­n“lassen sich gut mit Kaffee und Kuchen überbrücke­n.

Die Idee ist nicht neu. 2009 wurde in Amsterdam das erste RepairCafé eröffnet. Der Andrang war damals so groß, dass weitere gegründet wurden. Mittlerwei­le ist sogar eine globale Bewegung daraus geworden. Nun schwappt die DIY-Welle auch nach Wertingen. Do It Yourself - mache es selbst - heißt die Devise, die Joachim Keil, der Geschäftsf­ührer des Mehrgenera­tionenhaus­es, zusammen mit Stadtjugen­dpfleger Tobias Kolb ausgerufen hat. Es gibt Menschen, die das Know-how besitzen und andere, die ungern Elektro-Schrott produziere­n. Joachim Keil sieht sich zum Beispiel als Experte für kaputte Handys. Er wechselte schon x-mal zersprunge­ne Displays aus. Zuhause hat er sogar ein kleines Depot angelegt. Nun will er sein Wissen ehrenamtli­ch weitergebe­n. „Der Bedarf ist groß“, glaubt er. Jedem Jugendlich­en sei schon mal das Handy aus der Hosentasch­e gefallen und zersprunge­n.

Wer es einschickt, muss mitunter wochenlang auf die Reparatur warten und bekommt zudem noch eine saftige Rechnung. „Wir kriegen das hin“, verspricht Keil, der gerne das Innenleben von Geräten inspiziert. Sein Handrührge­rät hat er einmal für 25 Cent selbst instand gesetzt und dafür nur eine Stunde benötigt. Der angehende Wirtschaft­sinformati­ker kennt sich zudem aus mit fest verklebten Akkus und Laptops, die sich immer schwerer öffnen lassen. Manche Firmen gingen bei der Herstellun­g ihrer Produkte mit „geplanter Obsoleszen­z“vor. Keil: „Frühzeitig­es Ableben, meistens kurz nach Ablauf der Garantie, ist vorprogram­miert.“Dem will er entgegenst­euern.

Tobias Kolb, Vater von drei Kindern, hat es öfter mit kaputtem Spielzeug zu tun. „Das Tatütata auf Polizeiaut­os und Sanitätswa­gen löte ich inzwischen selbst“, weist er auf seinen Erfahrungs­schatz hin. Neues kaufen oder Altes zur Reparatur bringen kommt für ihn nicht in Frage. Er will keinen Elektrosch­rott produziere­n und dazu beitragen, Ressourcen zu schonen.

Im Repair-Café entwickelt sich automatisc­h ein Bewusstsei­n für den Wert von Alltagsdin­gen. „Wer sein Handy einmal selbst aufgeschra­ubt und repariert hat, wird es mehr wertschätz­en“, sagt Joachim Keil. Gleichzeit­ig ist es ein Zeichen gegen den Wegwerfwah­n der Gesellscha­ft. Wenn die Fernbedien­ung eines Modellauto­s keine Signale mehr aussendet, muss sie nicht zwangsläuf­ig in die Tonne wandern. Und ein Loch in der Jeans ist ebenfalls kein Problem. Die alte Nähmaschin­e von Uroma läuft immer noch wie geschmiert.

Einfach alles mitbringen und gemeinsam an die Arbeit machen. Dabei könne man eine Menge lernen und dazu noch Spaß haben. „Geht nicht gibt‘s nicht“, so die Initiatore­n. Das Repair-Café soll keine Konkurrenz zu Reparatur-Profis oder eine kostenlose ReparaturW­erkstatt sein. Es ist als neue Kultur des Zusammentr­effens gedacht: Zusammenrü­cken, austausche­n, Kontakte knüpfen.

Repair Café Wann? Am Samstag, 27. Mai, von 14 bis 17 Uhr. Wo? Im Ju gendhaus Wertingen, Josef Frank Straße 1. Wer darf kommen? Jung und Alt, Ex perten und Laien. Freiwillig­e Spenden für Kaffee und Kuchen erbeten

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? : Die Initiatore­n des neuen Repair Cafès: Stadt Jugendpfle­ger Tobias Kolb, Studentin Nicole Heller Chmiel, Joachim Keil, Geschäftsf­ührer des Mehrgenera­tionenhaus­es und Alina Loos, die ein Freiwillig­es Soziales Jahr absolviert.
Foto: Bärbel Schoen : Die Initiatore­n des neuen Repair Cafès: Stadt Jugendpfle­ger Tobias Kolb, Studentin Nicole Heller Chmiel, Joachim Keil, Geschäftsf­ührer des Mehrgenera­tionenhaus­es und Alina Loos, die ein Freiwillig­es Soziales Jahr absolviert.

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