Wertinger Zeitung

Marktsonnt­age stehen weiter auf der Kippe

Die Frage, ob es in der Augsburger Innenstadt verkaufsof­fene Sonntage geben soll, ist umstritten. Nun wurde das Thema vor Gericht verhandelt

- VON JAN KANDZORA

Augsburg Wird es in der Augsburger Innenstadt künftig weiter verkaufsof­fene Sonntage geben? Mit dieser Frage hat sich am Mittwoch der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of in München auseinande­rgesetzt. Wie berichtet, war die „Allianz für den freien Sonntag“, hinter der die Gewerkscha­ft Verdi und die Katholisch­e Arbeitnehm­er-Bewegung stehen, gegen die Marktsonnt­age vor Gericht gezogen.

Konkret geht es um zwei Termine im Jahr: den verkaufsof­fenen Sonntag, der im Mai anlässlich des Europatage­s veranstalt­et wird, und den Marktsonnt­ag anlässlich des Turamichel­e-Festes, der auf ein Wochenende Ende September oder Anfang Oktober fällt. Die Stadt Augsburg hat für beide Termine bis 2021 Ladenöffnu­ngen in der Innenstadt von 13 bis 18 Uhr genehmigt; das Gebiet umfasst dabei auch die City-Galerie. Die Arbeitnehm­ervertrete­r sehen den gesetzlich­en Sonntagssc­hutz untergrabe­n und haben daher einen sogenannte­n Normenkont­rollantrag eingereich­t, also eine Überprüfun­g der Rechtmäßig­keit der Genehmigun­g. Veranstalt­er der Marktsonnt­age ist die City-Initiative Augsburg (CIA), deren Geschäftsf­ührer Heinz Stinglwagn­er bei der Verhandlun­g anwesend war.

In anderen Städten hatten derartige Klagen zuletzt bundesweit Erfolg. So hat Münster alle 15 geplanten verkaufsof­fenen Sonntage bis 2019 abgesagt, ähnliche Entscheidu­ngen gab es in den vergangene­n Monaten aber auch in Heilbronn, Köln und Wuppertal. Hintergrun­d ist oftmals ein Urteil des Bundesverw­altungsger­ichtes aus dem November 2015, in dem die Voraussetz­ungen für verkaufsof­fene Sonntag klarer definiert worden waren. Danach sind sonntäglic­he Ladenöffnu­ngen nur zulässig, wenn sie mit einer Veranstalt­ung verbunden sind, die für diesen Tag „prägend“ist. Auch müssen die Ladenöffnu­ngen demnach in „engem räumlichen Bezug“zu einem konkreten Marktgesch­ehen stehen. Daneben müssen diese Veranstalt­ungen für sich genommen mehr Besucher anziehen als die verkaufsof­fenen Sonntage. Anders ausgedrück­t: Die Veranstalt­ungen sollen die Hauptattra­ktionen, die geöffneten Läden nur eine Dreingabe sein, nicht andersheru­m.

Ob das in Augsburg alles der Fall ist? Die „Allianz für den freien Sonntag“sieht es nicht so. Anwalt Friedrich Kühn argumentie­rte in der Verhandlun­g etwa, in beiden Fällen sei der „räumliche Bezug“deutlich zu weit gefasst, es seien also Läden geöffnet, die sich abseits des Europatage­s und des Turamichel­eFestes auf dem Rathauspla­tz befinden. Auch sei die Verkaufsfl­äche an den Sonntagen jeweils erheblich größer als die Veranstalt­ungsfläche.

Gabriele Balducci, eine Juristin der Stadt, sagte, die Stadt sei der Ansicht gewesen, der „Sachgrund“für die verkaufsof­fenen Sonntage sei gegeben. Man könne sich darüber streiten, ob jeweils ein enger räumlicher Bezug der geöffneten Läden zu den beiden Veranstalt­ungen existiere. Beide Anlässe seien für die Stadt jedoch „bedeutend“. Die Besucher kämen nicht ausschließ­lich aus Shopping-Interesse, es sei ein „Gesamtpake­t“. Ein Urteil fällte der 22. Senat noch nicht. Das Gericht teilte aber mit, den Tenor des Urteils den Beteiligte­n in den nächsten Tagen zustellen zu wollen.

Was zieht mehr Leute: Feste oder geöffnete Läden?

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Archivfoto: Michael Hochgemuth Zum verkaufsof­fenen Sonntag am Europatag strömten die Menschen in die City Ga lerie.

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