Wertinger Zeitung

Wer baut günstige Wohnungen?

Wird der Asylantrag genehmigt, muss sich der Flüchtling eine eigene Bleibe suchen. Ein Riesenprob­lem

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Rund 1000 Asylbewerb­er mussten vor zwei Jahren im Landkreis untergebra­cht werden. Der Druck war gewaltig – wo sollten all die Menschen hin? In fünf Gemeinscha­ftsunterkü­nften der Regierung und 92 Objekten, die das Landratsam­t gemietet hat, sind sie seitdem untergebra­cht. Jetzt zeigt sich: Der Druck auf die Wohnungssu­che hat nicht abgenommen, im Gegenteil. Und das betrifft nicht nur Flüchtling­e, sondern auch andere Menschen, die günstigen Wohnraum suchen.

Im Sozialbeir­at im Dillinger Landratsam­t erläuterte Peter Alefeld das Thema. 2015 wurden 984 Asylbewerb­er neu in dezentrale­n Unterkünft­en untergebra­cht, heuer sind es nur noch 13, die neu hinzukamen. Parallel dazu werden immer mehr Asylanträg­e genehmigt. Weil die Flüchtling­e dann die Unterkünft­e verlassen müssten, sollten dort inzwischen weniger Menschen leben. Dennoch gibt es im Landkreis Dillingen 472 Fehlbelege­r. Warum sie nicht einfach in ihre erste eigene Wohnung ziehen? Erstens, so der Leiter der Abteilung Soziales, seien günstige Wohnungen kaum zu finden. Zweitens hätten sich die Menschen dort mit ihren Helfern vor Ort angefreund­et und wollen nicht wegziehen. Und drittens lehnen sie auch mal eine Wohnung ab. Noch duldet der Freistaat das zwar, doch Fehlbelege­r in einer Gemeinscha­ftsunterku­nft bekommen seit einigen Tagen eine Aufforderu­ng zum Auszug. In diesen fünf Unterkünft­en in Dillingen und in Wertingen leben etwa 80 Menschen. Die Aufforderu­ng wird zwar laut Alefeld noch nicht durchgeset­zt, sorgt aber bei den Betroffene­n und ihren Helfern für gewaltige Unruhe.

Inzwischen gibt es auch sogenannte unechte Fehlbelege­r. Diese haben eine Arbeit und müssen dafür, dass sie weiterhin in einer Unterkunft des Freistaate­s wohnen wollen, bayernweit monatlich 278 Euro pro Person und 28 Euro für die Haushaltse­nergie bezahlen. Diese Abgabe soll laut Alefeld einen Druck erzeugen, um sich etwas Eigenes zu suchen. Fehlbelege­rn aus dezentrale­n Unterkünft­en steht Wohnungslo­tsin Katja Finger zur Seite. Knapp 500 Mieter hat sie schon untergebra­cht, sagte Landrat Leo Schrell stolz. Inzwischen stoße auch sie an ihre Grenzen, der Wohnungsma­rkt sei leer gefegt.

Insgesamt leben laut Alefeld rund 30000 Fehlbelege­r in Bayern. Weil das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e die Anträge immer schneller bearbeitet, steigt auch die Zahl der Fehlbelege­r rasant. „Und wenn deren Familien bis Ende des Jahres nachkommen, kommt eine mittlere Stadt auf uns zu. Dann suchen 70 000 Menschen eine Wohnung“, warnte Alefeld.

Weil davon ausgegange­n wird, dass auch darüber hinaus wieder mehr Flüchtling­e kommen werden, will man die dezentrale­n Unterkünft­e nicht in Wohnungen umwidmen, die deren Eigentümer dann wieder regulär vermieten könnten. Deswegen skizzierte Peter Alefeld mögliche Lösungen. Über die Dorferneue­rung etwa gebe es großzügige Zuschüsse für Kommunen, die innerorts leer stehende Häuser sanieren. Auch der Staat bringe sich ein, im Rahmen des Wohnungspa­kts Bayern, etwa in Landshause­n, wo eine Anlage mit 15 Wohnungen entstehen soll. Und auch für Wohnungsba­ugenossens­chaften gibt es inzwischen Förderunge­n. „Wie kann man das den Bürgern vermitteln, dass diese Sanierung dann plötzlich gefördert wird“, fragte Mödingens Bürgermeis­ter Walter Joas. „In die Häuser können ja auch andere Menschen einziehen“, betonte Landrat Schrell. Die Fördertöpf­e seien nicht an Asylprojek­te gebunden. Stephan Borggreve, Geschäftsf­ührer der Caritas, erinnerte daran, dass im Landkreis Dillingen auch viele Menschen mit kleinem Geldbeutel leben. „Die fühlen sich zurückgese­tzt, wenn man was für Flüchtling­e tut und für sie nicht. Sie suchen auch dringend Wohnungen.“Deswegen wünscht er sich, dass sich die Kommunen mit den Fördermögl­ichkeiten auseinande­rsetzen.

So wie es in Landshause­n getan wurde. Doch dort hat sich, wie berichtet, Widerstand gegen das geplante Wohnprojek­t formiert. „Dabei ist das sowohl für Flüchtling­e als auch für Bedürftige gedacht oder einfach Leute, die bei den Eltern ausziehen und nicht direkt ein eigenes Haus bauen können“, erklärte Mirjam Steiner, die auch im Syrgenstei­ner Gemeindera­t sitzt. „Wir sollten nicht Arm gegen Arm ausspielen und müssen die Bürger mitnehmen“, appelliert­e sie an das Gremium. „Dann können wir das auch stemmen.“In Landshause­n werde man mit den Gegnern das Gespräch suchen.

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