Warum Veganer eine eigene Partei haben
Roland Wegner ist Vorsitzender einer noch jungen V-Partei³. Er spricht über die Ziele, zwei prominente Zugpferde und die Härte der politischen Konkurrenz
Augsburg/Wertingen Herr Wegner, Sie sind Initiator und Bundesvorsitzender der Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer. Die V-Partei³, die ihre Bundeszentrale in Augsburg hat, ist jetzt ein Jahr alt geworden. Wie viele Mitglieder haben Sie inzwischen? Roland Wegner: Wir haben 1200 Mitglieder und sind mit der Entwicklung absolut zufrieden. Für eine junge Partei ist es schwierig, bei den Menschen Vertrauen aufzubauen. Pro Tag erhalten wir fünf bis zehn neue Mitgliedsanträge. Wir überlegen schon, jemanden fest einzustellen, der sich um die Bearbeitung kümmert. Bislang arbeiten wir alle ja ehrenamtlich.
Wie werben Sie neue Mitglieder an? Wegner: Wir sind viel auf VeganMessen unterwegs, auf Facebook und anderen Social-Media-Kanälen präsent und sind beim Wahlomat zu finden.
Mit den beiden Schauspielerinnen Isabella Hübner und Barbara Rütting haben Sie zwei bekannte Mitglieder. Wie sehr hilft das? Wegner: Sie sind schon Zugpferde für uns. Leider ist die Welt so aufgebaut, dass man auf Personen schaut. Aber mit dem Eintritt der beiden haben wir tatsächlich einen Schwung in der Mitgliederzahl erlebt. Frau Rütting war ja früher für die Grünen im Bayerischen Landtag, Frau Hübner ist sehr im Tierschutz aktiv.
Ist die V-Partei³ deutschlandweit organisiert? Wegner: Wir haben inzwischen in allen Bundesländern Landesverbän- gegründet. Die große Herausforderung ist, in den 16 Ländern die jeweils nötigen Unterschriften zu sammeln, um bei der Bundestagswahl mitmachen zu können.
Und, haben Sie schon Erfolge? Wegner: In Bayern haben wir die 2000 Unterschriften schon übertroffen. Hier kann man uns also auf alle Fälle wählen. In manchen Ländern sind wir nahe dran, in anderen müssen wir noch kräftig sammeln. Hier macht es uns die Demokratie nicht so einfach. Natürlich verstehe ich auch, dass irgendwo Grenzen gezogen werden müssen. Aber ich bin Sportler und sehe das als Herausforderung.
Wie hat die V-Partei³ bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen abgeschnitten? Wegner: Es war unsere erste Teilnahme an einer Wahl. Wir haben uns ganz gut geschlagen. Von 31 Parteien haben wir, um es so auszudrücken, den 15. Platz belegt. Es war eine gute Erfahrung und ein Mittel, uns weiter bekannt zu machen.
Warum sollte man Ihre Partei wählen? Wegner: Wir kümmern uns um die ökologischen Themen, die wichtig für unser Klima und unsere Zukunft sind. Zum Beispiel das Thema Regenwald. Jeden Tag wird eine Fläche in der Größe von München überwiegend für Tierfutter abgeholzt. Wir verfüttern quasi den Regenwald an unsere Tiere in Europa. Und bei uns wird die Gülle ausgebracht, was wiederum Böden und das Trinkwasser gefährdet. Die V-Partei³ hat sich das hohe Ziel vorgenommen, gegen diese Missstände anzugehen.
Werden Sie von manchen Menschen als Spinner abgetan? Wegner: Wenn jemand so etwas denkt, dann hat er sich nicht mit den Problemen der Welt beschäftigt. Viele haben Respekt vor dem, was wir machen. Übrigens gibt es in Deutschland circa 1,3 Millionen Veganer und sieben bis acht Millionen Vegetarier. Selbst in gutbürgerlichen Restaurants kann man veganes Essen bestellen.
Können Sie die Mitglieder der V-Partei³ typologisieren? Wegner: Nein, aber es gibt eine große Schnittmenge in den ökologide schen Zukunftsfragen und wir sind alle Visionäre. Wir wissen, wir müssen was bewegen, wenn wir etwas verändern wollen.
Als Partei können Sie sich nicht nur um die Bewahrung der Erde kümmern, Sie müssen inhaltlich auch andere Themen bieten... Wegner: Wir haben mittlerweile fast alles im Angebot: Soziales, Sicherheit und Wirtschaft. Fluchtursachen sind ebenfalls ein Hauptthema. Was die Wirtschaft angeht, setzen wir auf Nachhaltigkeit, wie zum Beispiel regenerative Energien.
Wie die Grünen? Wegner: Vom Gesamtbild her ja, aber wir sind konsequenter. Wir vertreten die Themen, die eigentlich die Grünen vertreten müssten. Doch die sind stehen geblieben. Sie denken, sie setzen sich für die Umwelt ein, und essen aber trotzdem weiter Fleisch. Das passt nicht mehr zusammen. Vegetarismus und Veganismus haben bei ihnen nie eine Rolle gespielt.
Wie reagieren denn andere Parteien auf die V-Partei³? Wegner: Wir werden stark bekämpft. Es ist unglaublich, mit welcher Härte man versucht, gegen uns vorzugehen. Da wird uns etwa unterstellt, dass wir was mit den Rechten oder mit Esoterik zu tun hätten. Das ist so an den Haaren herbeigezogen. In Deutschland ist das aber der einfachste Weg, jemanden in Misskredit zu bringen. Bei unserer Gründung hatten wir eigentlich eher an die Agrarindustrie als Gegner gedacht.
Was ist das Ziel der V-Partei³? Wegner: Wir wollen die Privilegien der Politik nutzen, um mit unseren Anliegen in das Bewusstsein der Menschen zu gelangen. Wenn wir die Teilnahme an der Bundestagswahl schaffen, bekommen wir Werbeflächen in Radio und Fernsehen. Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen ihr Verhalten überdenken. Und wir wollen die anderen Parteien ärgern und den Druck auf sie erhöhen, dass sie unsere Themen auch in ihre Programme aufnehmen. Irgendwann wollen wir ins Parlament. Aber als Sportler sage ich step by step. Interview: Ina Kresse
„Wir sind alle Visionäre.“Roland Wegner
Person: Roland Wegner war früher in der SPD und schon mal Kandidat für den Augsburger Stadtrat. Der gebürtige Wertinger hat sich als Leichtathlet ei nen Namen gemacht. Im Rückwärtslaufen hat er Weltrekorde aufgestellt.