Wertinger Zeitung

Das Telefon steht nicht mehr still

Endspurt für Kunst-Stipendiat­en: Bei Martha Binswanger sammeln sich die Anfragen

- VON BÄRBEL SCHOEN

Wertingen „Reicht es, wenn der Poststempe­l den 31. Mai trägt?“Eine Frage, die Martha Binswanger im Rathaus jetzt immer öfter hört. Denn für bildende Künstler läuft jetzt die heiße Phase an. Wer ein vierwöchig­es Kunst-Stipendium ergattern will, muss sich sputen. Am Mittwoch, dem 31. Mai, endet die Bewerbungs­frist. Fünf Bewerber werden zum Zuge kommen.

Seit 1998 vergibt die Stadt Stipendien. Albert Borchardt aus Eschweiler war der allererste Künstler, der in die Galerie-Wohnung im ehemaligen Amtsgerich­t für drei Wochen gezogen war. Damals gab es 1500 Deutsche Mark. Heute sind es 1400 Euro inklusive Unterkunft und Verpflegun­g für vier Wochen.

Die Nachfrage ist jedes Mal groß. Bei der letzten Ausschreib­ung 2013 gingen 99 Bewerbunge­n aus ganz Deutschlan­d ein. Martha Binswanger, die frühere Chef-Sekretärin im Rathaus, kümmert sich weiterhin um die Kunst, auch wenn sie bereits im Ruhestand ist. Die 64-Jährige kennt sich am besten in diesem Genre aus, denn sie war von der ersten Stunde an involviert und hat die Anfänge hautnah miterlebt. Derzeit packt sie schwer wiegende Postsendun­gen aus: Dick gefüllte Kuverts, aus denen Hochglanz-Kataloge, Briefe und Lebensläuf­e quellen. Obwohl es bis vor knapp einer Woche erst drei Dutzend waren, rechnet sie mit wesent- mehr. „Ich kenne doch meine Pappenheim­er“, sagt sie. „Die meisten Bewerbunge­n treffen immer erst auf den letzten Drücker bei uns ein.“

Die Stadt habe in mehreren überregion­alen Kunst-Magazinen dafür geworben. Zum Beispiel im „Atelier“, einer Zeitschrif­t, die sich an Künstler und den Kunstmarkt richtet. In jedem dieser Hefte werden die aktuellen Ausschreib­ungen für Preise, Wettbewerb­e und Kunst-Stipenlich dien veröffentl­icht. Und auch über die Bundesgesc­häftsstell­e des BBK (Berufsverb­and Bildender Künstler) in Bonn gingen die Informatio­nen an die entspreche­nde Zielgruppe.

Die schwäbisch­e Kleinstadt mit über 9000 Einwohnern bietet den Künstlern am Rand des Donaurieds eine schöne Landschaft mit vielen Badeseen, dazu freundlich­e und entspannte Einheimisc­he, die offen sind für Künstler, die mit ihnen in Kontakt treten möchten, heißt es auf der Homepage der Stadt.

Als Gegenleist­ung für Stipendium und Ausstellun­g erwartet Wertingen eine repräsenta­tive Arbeit, die während des Aufenthalt­s entstanden ist. Damit wächst gleichzeit­ig die Sammlung der Artothek an. Eine Einrichtun­g, die in Deutschlan­d für eine Kleinstadt einmalig sein dürfte. Besucher können, ähnlich einer Bibliothek, Originale - Bilder, Grafiken und Plastiken - auswählen und gegen eine geringe Gebühr eine gewisse Zeit mit nach Hause nehmen und dort auf sich wirken lassen.

In Wertingen treffen sich Jäger und Sammler gleicherma­ßen: Künstler, die auf der Jagd nach Stipendien und Preisen sind und die Stadt, die Kunstwerke in unschätzba­rem Wert ansammelt.

 ?? Foto: Bärbel Schoen ?? Bei Martha Binswanger sammelt sich derzeit ein wahrer Berg von Anfragen. Der Hintergrun­d: Wertingen vergibt seit 1998 vier wöchige Stipendien an Kunstschaf­fende.
Foto: Bärbel Schoen Bei Martha Binswanger sammelt sich derzeit ein wahrer Berg von Anfragen. Der Hintergrun­d: Wertingen vergibt seit 1998 vier wöchige Stipendien an Kunstschaf­fende.

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