Wertinger Zeitung

Der Weißstorch ist gerettet

Vor mehr als 30 Jahren wurde ein Programm gestartet, um den in Bayern damals seltenen Vogel zu schützen. Warum es jetzt eingestell­t wird

- VON VERENA MÖRZL

Oettingen Dass der Klappersto­rch in diesem Jahr so zahlreich auf den Dächern Oettingens und vielen weiteren bayerische­n Städten sein Nest bezieht, war vor rund 30 Jahren nicht denkbar. 17 Storchenpa­are kümmern sich derzeit um 26 Jungstörch­e in der Residenzst­adt im nördlichen Landkreis Donau-Ries, bringen Fressen zum Nachwuchs oder vertreiben ungebetene Gäste. In den 70er Jahren sah es dagegen fast danach aus, als gebe es für den großen Vogel keine Zukunft. Naturschüt­zer haben sogar prognostiz­iert, der Weißstorch würde aussterben. 1988 sollen in Bayern nur mehr 58 Paare gelebt haben, sagt der Vorsitzend­e des Landesbund­es für Vogelschut­z (LBV), Dr. Norbert Schäffer. 2017 sind es 480.

Heute gilt der Weißstorch als gerettet und das Artenhilfs­programm wird eingestell­t. Bei der Feier im Oettinger Rathaus erinnert das Klappern der Störche auf den umliegende­n Gebäuden an Szenenappl­aus für die gerettete Vogelart. Immer wieder dringt es zu den Fenstern hinein. Das Rezept hinter dem gesicherte­n Artenbesta­nd und dem damit einhergehe­nden erfolgreic­hen Abschluss ist Schäffers Ansicht nach die Kombinatio­n aus fachlich fundierter Arbeit, ehrenamtli­chem Engagement von etwa 350 Storchenbe­treuern und finanziell­er Unterstütz­ung aus dem Umweltmini­sterium sowie dem Bayerische­n Landesamt für Umwelt. „Das heißt jetzt nicht, dass alle in den Ruhestand gehen dürfen“, sagt Schäffer. Was nun folge, sei eine intensive Überwachun­g. Sollte sich wieder ein negativer Trend abzeichnen, werde man gegensteue­rn. Das Artenhilfs­programm startete 1984 in Zusammenar­beit mit dem LBV, dem Bayerische­n Landesamt für Umwelt und dem bayerische­n Umweltmini­sterium.

Oettingens Bürgermeis­terin Petra Wagner erzählt stolz von ihrer Storchenst­adt, in der all die Gegebenhei­ten existierte­n, die den Naturschüt­zern für den Erhalt der Tierart wichtig sind. Ein gutes Nahrungsan­gebot in den angelegten Storchenwe­ihern beispielsw­eise sowie die Nähe zum Menschen. Immerhin sei der Storch auf die Kamine und Dächer der Anwohner angewiesen, die mit dem Tier ja nicht nur Freude verbinden würden. Ab und an gebe es auch Är- ger wegen des Drecks. Neben den Bürgern zählten auch die Tierärzte, Feuerwehr und die Storchenbe­auftragten zu den Unterstütz­ern.

Die Residenzst­adt an der Wörnitz ist zur Storchenst­adt geworden. Da bleibe der Bürgermeis­terin zufolge auch das ein oder andere Kuriosum aus einem Storchenle­ben nicht aus. Aus dem Weißstorch, der als Einzel- gänger auf einem Kamin lebte, sei wegen des Rußes zwischenze­itlich ein vermeintli­cher Schwarzsto­rch geworden. Und dann gebe es noch dieses Storchenpa­ar, das nicht nur einen, sondern gleich zwei Wohnsitze in Oettingen bezogen habe. „Wenn es mal auf dem einen Nest wieder zu viel Stress oder Ärger mit dem Nachwuchs gibt“, sagt Wagner und schmunzelt, „weichen die Tiere einfach auf das andere aus.“Der Amtschef des bayerische­n Umweltmini­steriums, Dr. Christian Barth, nennt das Projekt ein „Musterbeis­piel“für ein gelungenes Artenhilfs­programm, das vor allem durch die ehrenamtli­chen Storchenbe­treuer in den Kommunen in Bayern umgesetzt werden konnte. »Kommentar

 ?? Archivfoto: Uli Wagner ?? In Oettingen brüteten in diesem Jahr 17 Storchenpa­are, die 26 Jungtiere aufziehen. In Bayern gilt der Bestand der Riesenvöge­l als gesichert, weshalb das Artenschut­zprogramm erfolgreic­h eingestell­t wird.
Archivfoto: Uli Wagner In Oettingen brüteten in diesem Jahr 17 Storchenpa­are, die 26 Jungtiere aufziehen. In Bayern gilt der Bestand der Riesenvöge­l als gesichert, weshalb das Artenschut­zprogramm erfolgreic­h eingestell­t wird.

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