Wie lange darf er noch Senioren pflegen?
Schafiullah Dawudzay hat seine Ausbildung zum Sozialbetreuer fast abgeschlossen. Jetzt droht ihm die Abschiebung
Dillingen/Zusamaltheim Wenn Schafiullah Dawudzay das Heilig-GeistStift in Dillingen betritt, zaubert er so manchem Bewohner ein Lächeln ins Gesicht. So wie heute wieder: Als Ruth Bärthe ihn erblickt, schenkt sie ihm ihr schönstes Strahlen. Der junge Afghane erwidert die Aufmerksamkeit der 87-jährigen Frau, setzt sich an ihre Seite, nimmt ihre Hand und begrüßt sie herzlich.
Bislang kommt Schafiullah einmal wöchentlich in das Altenheim. Er absolviert hier den praktischen Teil seiner Ausbildung. Dazu gehören neben pflegerischen Tätigkeiten auch Aktivitäten mit den Bewohnern. Bastelarbeiten etwa, Spiele für das Gedächtnis oder spezielle Tänze im Sitzen. Ruth Bärthe nimmt die Angebote immer gerne an: „Mir gefällt das, was Schafiullah mit uns macht.“
In wenigen Wochen wird der 25-jährige Afghane seine letzten Prüfungen zum staatlich geprüften Sozi- und Pflegefachhelfer ablegen. „Er ist sehr geeignet für diesen Beruf und wird mit Sicherheit seinen Weg machen“, stellt Siegfried Huber, der Leiter des Heilig-Geist-Spitals, ihm schon jetzt ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Doch über das Schicksal von Schafiullah Dawudzay werden andere entscheiden. Junge Afghanen erhalten im Moment vermehrt Abschiebebescheide.
Mit 15 Jahren hatte Schafiullah seine Heimatstadt Heart verlassen, um im Iran sein Glück zu versuchen. In den vergangenen zehn Jahren hatte er die unterschiedlichsten Tätigkeiten ausgeübt – im Iran und in der Türkei auf dem Bau gearbeitet, in Griechenland als Fliesenleger, Maler, Installateur und Prospektverteiler. Als 2010 die Situation in Griechenland zunehmend schwieriger geworden war – viele Griechen machten für die Finanzkrise die Flüchtlinge verantwortlich – plante der Afghane seine Flucht über die Balkanroute nach Deutschland Von Passau ging es dann nach München und Zusamalt- Als Notlösung meldete Dawudzay sich an der Berufsfachschule für Sozialpflege an. „In der Altenpflege zu arbeiten, war eigentlich nicht mein Traumberuf“, erinnert sich der junge Afghane an die schwierige Anfangszeit zurück. Dass ein muslimischer Mann für die Pflege geeignet sein könnte, bezweifelte auch Ingrid Förg.
Obwohl es etliche Vorbehalte gealbetreuer gen ihn in der Altenpflege gab, sind heute alle, die mit dem jungen Afghanen zu tun haben, voll des Lobes. Und Ingrid Förg ist sich sicher: „Mit seiner Fähigkeit, auf andere Menschen zuzugehen, gehört er einfach in die Pflege.“Sein einnehmendes Wesen und der kollegiale Umgang werden in seinem Umfeld sehr geschätzt. „Es wäre so wichtig, dass solche Leute der Pflege erhalten blieheim. ben“, sagt seine Kollegin Silvia Streifeneder.
Aufgrund der Ausbildung in einem Mangelberuf besteht die Chance, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Helfen könnte auch der Arbeitsvertrag mit dem Haus der Senioren in Gundelfingen, den Schafiullah bereits in Händen hält. Am ersten August kann er dort mit seinem neuen Beruf durchstarten.
Und was sagt Schafiullah selbst zu seiner Situation? „Ich glaube nicht an Zufälle, ich glaube, dass Gott meinen Weg lenkt und ich denke, dass das der Platz ist, an dem ich sein soll.“Manchmal mache es ihn traurig, wenn Bewohner nur einmal im Jahr Besuch von ihren Kindern bekommen. „Das gäbe es in Afghanistan nicht.“
„Er besitzt ein großes Herz,“sagt Ruth Bärthe, die es bedauern würde, wenn ihr Lieblingspfleger Deutschland verlassen müsste. Die beiden sehen sich an, lächeln, und Schafiullah drückt liebevoll die Hand der alten Dame. (mit bäs)