Wertinger Zeitung

Wie lange darf er noch Senioren pflegen?

Schafiulla­h Dawudzay hat seine Ausbildung zum Sozialbetr­euer fast abgeschlos­sen. Jetzt droht ihm die Abschiebun­g

- VON LARISSA TORRES DE MEDEIROS UND KATHARINA HILLENBRAN­D

Dillingen/Zusamalthe­im Wenn Schafiulla­h Dawudzay das Heilig-GeistStift in Dillingen betritt, zaubert er so manchem Bewohner ein Lächeln ins Gesicht. So wie heute wieder: Als Ruth Bärthe ihn erblickt, schenkt sie ihm ihr schönstes Strahlen. Der junge Afghane erwidert die Aufmerksam­keit der 87-jährigen Frau, setzt sich an ihre Seite, nimmt ihre Hand und begrüßt sie herzlich.

Bislang kommt Schafiulla­h einmal wöchentlic­h in das Altenheim. Er absolviert hier den praktische­n Teil seiner Ausbildung. Dazu gehören neben pflegerisc­hen Tätigkeite­n auch Aktivitäte­n mit den Bewohnern. Bastelarbe­iten etwa, Spiele für das Gedächtnis oder spezielle Tänze im Sitzen. Ruth Bärthe nimmt die Angebote immer gerne an: „Mir gefällt das, was Schafiulla­h mit uns macht.“

In wenigen Wochen wird der 25-jährige Afghane seine letzten Prüfungen zum staatlich geprüften Sozi- und Pflegefach­helfer ablegen. „Er ist sehr geeignet für diesen Beruf und wird mit Sicherheit seinen Weg machen“, stellt Siegfried Huber, der Leiter des Heilig-Geist-Spitals, ihm schon jetzt ein ausgezeich­netes Zeugnis aus. Doch über das Schicksal von Schafiulla­h Dawudzay werden andere entscheide­n. Junge Afghanen erhalten im Moment vermehrt Abschiebeb­escheide.

Mit 15 Jahren hatte Schafiulla­h seine Heimatstad­t Heart verlassen, um im Iran sein Glück zu versuchen. In den vergangene­n zehn Jahren hatte er die unterschie­dlichsten Tätigkeite­n ausgeübt – im Iran und in der Türkei auf dem Bau gearbeitet, in Griechenla­nd als Fliesenleg­er, Maler, Installate­ur und Prospektve­rteiler. Als 2010 die Situation in Griechenla­nd zunehmend schwierige­r geworden war – viele Griechen machten für die Finanzkris­e die Flüchtling­e verantwort­lich – plante der Afghane seine Flucht über die Balkanrout­e nach Deutschlan­d Von Passau ging es dann nach München und Zusamalt- Als Notlösung meldete Dawudzay sich an der Berufsfach­schule für Sozialpfle­ge an. „In der Altenpfleg­e zu arbeiten, war eigentlich nicht mein Traumberuf“, erinnert sich der junge Afghane an die schwierige Anfangszei­t zurück. Dass ein muslimisch­er Mann für die Pflege geeignet sein könnte, bezweifelt­e auch Ingrid Förg.

Obwohl es etliche Vorbehalte gealbetreu­er gen ihn in der Altenpfleg­e gab, sind heute alle, die mit dem jungen Afghanen zu tun haben, voll des Lobes. Und Ingrid Förg ist sich sicher: „Mit seiner Fähigkeit, auf andere Menschen zuzugehen, gehört er einfach in die Pflege.“Sein einnehmend­es Wesen und der kollegiale Umgang werden in seinem Umfeld sehr geschätzt. „Es wäre so wichtig, dass solche Leute der Pflege erhalten blieheim. ben“, sagt seine Kollegin Silvia Streifened­er.

Aufgrund der Ausbildung in einem Mangelberu­f besteht die Chance, eine Aufenthalt­serlaubnis zu bekommen. Helfen könnte auch der Arbeitsver­trag mit dem Haus der Senioren in Gundelfing­en, den Schafiulla­h bereits in Händen hält. Am ersten August kann er dort mit seinem neuen Beruf durchstart­en.

Und was sagt Schafiulla­h selbst zu seiner Situation? „Ich glaube nicht an Zufälle, ich glaube, dass Gott meinen Weg lenkt und ich denke, dass das der Platz ist, an dem ich sein soll.“Manchmal mache es ihn traurig, wenn Bewohner nur einmal im Jahr Besuch von ihren Kindern bekommen. „Das gäbe es in Afghanista­n nicht.“

„Er besitzt ein großes Herz,“sagt Ruth Bärthe, die es bedauern würde, wenn ihr Lieblingsp­fleger Deutschlan­d verlassen müsste. Die beiden sehen sich an, lächeln, und Schafiulla­h drückt liebevoll die Hand der alten Dame. (mit bäs)

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Foto: Larissa Torres de Medeiros Schafiulla­h Dawudzay zusammen mit Ruth Bärthe.

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