Wertinger Zeitung

Als Frauen in Asien herrschten

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Es war die übliche politische Hochzeit. Manduchai, eine Fürstentoc­hter, wurde 1467 mit dem Mongolen-Herrscher Manduul Khan verheirate­t. Die große Zeit des Dschingis Khan lag lange zurück. Die Chinesen der Ming-Dynastie hatten die mongolisch­en Besatzer aus ihrem Reich vertrieben und vorsichtsh­alber begonnen, eine Mauer zu bauen. Das Mongolenre­ich hatte sich in rivalisier­ende Stämme aufgelöst. Manduuls Herrschaft war la- bil und von ehrgeizige­n Stammesfür­sten bedroht. Das änderte sich erst nach seinem frühen Tod, als Manduchai, die in der Jurte des Herrschers bescheiden als dritte Frau begonnen hatte, die Bühne betrat.

Spätere Berichters­tatter gaben Manduchai den Beinamen „die Weise“. Ihr offizielle­r Titel war „Chatun“, also Herrscheri­n. Zwar gab es nach dem Tod ihres Mannes einen Wettlauf um die Herrschaft, aber Manduchai Chatun setzte sich mit Mut und Geschick gegen ein ganzes Heer von Männern durch. Sie nahm den Buben Batu Möngke, einen Nachfahren des großen Dschingis Khan, unter ihre Fittiche, setzte ihn auf den Thron und heiratete ihn später. Dann schaffte sie, was ihren männlichen Vorgängern nicht gelang: Sie vereinte die Mongolen wieder zu einem großen Volk.

Eine andere Herrscheri­n, Khutulun, übte auf andere Weise ihre Macht aus. Diese Urenkelin des Dschingis Khan versetzte die Männer in Furcht und Schrecken. Ihre Schönheit lockte viele Verehrer an, aber sie forderte jeden zum Wettkampf heraus: Ringen, Pferderenn­en und Bogenschie­ßen. Kein Mann, so die Überliefer­ung, konnte die Amazone besiegen. Marco Polo, der Asien-Reisende, berichtet von Khutulun. Die schöne MännerFein­din erinnert auch an Giacomo Puccinis Oper „Turandot“, die allerdings in China spielt und auf eine andere asiatische Erzählung zurückgeht. Zurück in die Zeit der Manduchai. Über das Reich der Mitte herrschte damals ebenfalls eine Frau. Sie hieß Wan, begann als einfache Kinderfrau des chinesisch­en Thronerben und regierte später als seine kaiserlich­e Konkubine. Wan hielt – zum Horror konservati­ver Kreise – bis an ihren Tod die Zügel fest in der Hand. Tanja Kinkel hat sich in ihrem Roman „Manduchai“eine Begegnung der mongolisch­en Kriegerkön­igin und der chinesisch­en Kaiserkonk­ubine ausgedacht. Fakt ist, dass beide Frauen zur gleichen Zeit über große Teile Asiens herrschten.

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