Visionär der Stadt
Albert Speer jr. plante als Vorreiter der Ökologie. Doch über ihm hing stets ein Schatten
Frankfurt am Main Die Stadt als lebenswerter Raum, umweltgerecht, nachhaltig: Das war ein Leitbild von Albert Speer junior. Er schaute nicht nur darauf, was gebaut werden sollte, sondern auch auf das, was nicht bebaut werden sollte: Freiräume zum Wohle von Menschen und Natur. Mit 83 Jahren ist der Stararchitekt am Freitag in Frankfurt gestorben.
Speer war sehr daran gelegen, nicht in Verbindung gebracht zu werden mit seinem gleichnamigen Vater, der als Hitlers Chefarchitekt wuchtige Kulissen aus Beton für das NS-Regime baute. Dennoch konnte er diesem Schatten kaum entrinnen.
Albert Speer jr., 1934 in Berlin geboren, entwarf Masterpläne, konzipierte neue Städte für Hunderttausende. Das Credo des Visionärs: wohnen, arbeiten, einkaufen und Freizeit eng miteinander verzahnen. Speer schuf etwa eine Diplomatenstadt im saudi-arabischen Riad, Konzepte für die nigerianische Hauptstadt Abuja, einen Masterplan für die mit Bausünden übersäte Innenstadt Kölns, plante für die Weltausstellung „Expo 2000“in Hannover und war maßgeblich am riesigen Frankfurter Bauprojekt des Europaviertels beteiligt. Er entwarf den Neubau der Europäischen Zentralbank sowie die Stadien für die Fußball-Weltmeisterschaften in Südafrika 2010 und Katar 2022.
Nach oben ging es für Speer schnell, obwohl er in der Schule riesige Probleme hatte und früher stotterte. Doch er überwand diese Hindernisse, 1964 gründete Speer ein eigenes Büro in Frankfurt. Zwei Jahre später gewann er den Deutschen Architektennachwuchspreis, wieder zwei Jahre später hatte er seinen ersten Auslandsauftrag in der Tasche: für die Regionalplanung von West-Tripolitanien in Libyen.
Wegen mancher Projekte im Ausland war Speer konfrontiert mit der Debatte, ob deutsche Architekten in diktatorisch regierten Staaten bauen sollten. Dazu sagte er: „Wir sollten uns als Deutsche nicht anmaßen, anderen zu sagen, wie sie leben sollen.“In seinem Buch „Die intelligente Stadt“von 1992 warb er für neue Strategien für Städte. Bauen müsse möglichst ökologisch auf Menschen und Landschaften angepasst sein. Früh arbeitete Speer mit Soziologen zusammen. (dpa)