Abenteuer im trauten Heim
Der Wahlkampf ist lahm, die tägliche Arbeit gleichförmig, das Leben ohne Dramatik. Immer mehr Zeitgenossen beklagen sich über Langeweile.
Eine neue Sicht der Dinge ist dringend erforderlich. Was den Neandertaler in Spannung versetzte, lässt sich heute sehr leicht in den eigenen vier Wänden erleben. Nach neuen Statistiken lauern dort dreimal so viele Gefahren wie auf der freien Wildbahn, dem Straßenverkehr.
Schon ein Schritt ins moderne Badezimmer ist mit der Rückkehr ins Höhlenzeitalter vergleichbar. Zwar stoßen wir dort nicht mehr auf gefräßige Tiere und Faustkeilhalunken. Aber eine rutschende Matte, ein lockerer Haltegriff und ein angestecktes Smartphone über der gefüllten Badewanne vermitteln sehr schnell das aufregende Gefühl von einem gefährlichen Leben.
Noch abenteuerlicher geht es in der Küche zu. Inzwischen sagt uns zwar der vernetzte Kühlschrank sehr zivilisiert, was ihm fehlt. Aber unkontrollierte Kochplatten entfachen immer wieder einen Feuerzauber wie steinzeitliche Pyromanen.
Wer ausgerechnet auf dem Balkon seine Kletterkünste ausprobiert, verschafft sich spielerisch das Empfinden der Vorfahren beim Sturz aus dem Baumhaus. Und weil mitten in der Nacht sogar eine kippende Nachttischlampe zur Lebensgefahr werden kann, sollte man auch im Schlafzimmer nie mehr Langeweile befürchten, sondern so viel Dramatik wittern wie Goethes Nervensäge Bettina von Arnim: „Ich war neugierig auf das Abentheuer der nächsten Nacht.“