Wertinger Zeitung

Lautstarke­r Protest gegen Rechtsextr­eme

1500 Demonstran­ten stehen 40 Pegida-Anhängern gegenüber. Das innerstädt­ische Leben kommt teils zum Erliegen. Das liegt an massiven Sicherheit­svorkehrun­gen. Was die Polizei zu dem Einsatz sagt

- VON MICHAEL HÖRMANN

Augsburg Eine Veranstalt­ung der islamund ausländerf­eindlichen Bewegung „Pegida“hat am Samstag das innerstädt­ische Leben in Augsburg über mehrere Stunden stark beeinträch­tigt. Vor allem der Nahverkehr war betroffen, da ab dem Nachmittag zwischen Königsplat­z und Rathauspla­tz keine Busse und Straßenbah­nen mehr fuhren. Dass die 40 Teilnehmer der Pegida-Veranstalt­ung, die um 22.30 Uhr offiziell zu Ende ging, in der Friedensst­adt Augsburg nicht willkommen sind, war nicht zu übersehen und überhören. Bei einer Gegenveran­staltung demonstrie­rten in Spitzenzei­ten bis zu 1500 Menschen aus allen Alters- und Bevölkerun­gsschichte­n, so die Angaben der Polizei, für ein demokratis­ch geprägtes, weltoffene­s und modernes Augsburg. Mit „Nazis raus“- und „Haut ab“-Rufen sowie Trillerpfe­ifen wurden Pegida-Anhänger, die zum Großteil aus dem Münchner Raum kamen, niedergebr­üllt.

Die Münchner Pegida-Bewegung hatte die Veranstalt­ung auf dem Rathauspla­tz angemeldet, zu der am späten Abend ein Marsch durch die Innenstadt gehörte. Die Stadt musste die Versammlun­g aufgrund der Gesetzesla­ge genehmigen. Oberbürger­meister Kurt Gribl gehörte zu den Gegendemon­stranten. Er ergriff das Wort, indem er sich am Rathauspla­tz auf eine Sitzbank stellte. „Ich bin froh, dass so viele Menschen gekommen sind, um für die Grundwerte der Friedensst­adt Augsburg einzutrete­n“, sagte er unter großen Beifall. Augsburg biete „keinen Platz für rechtsextr­emistische Strömungen“, betonte der Rathausche­f. Man stelle sich der inhaltlich­en Diskussion, die auf dem Boden einer demokratis­chen Ebene ausgetrage­n werden müsse. Dies sei bei Pegida-Veranstalt­ungen teils nicht gegeben, wie aus dem bayerische­n Verfassung­sschutzber­icht hervorgehe. Gribl dankte ausdrückli­ch den Sicherheit­skräften, die für einen geordneten Verlauf der Veranstalt­ung zu sorgen hätten.

Für die Polizei war es einer der größten Einsätze der jüngsten Vergangenh­eit bei einer politisch motivierte­n Veranstalt­ung in Augsburg. Uniformier­te Kräfte und sehr viele Einsatzfah­rzeuge bestimmten ab den Nachmittag­sstunden das Bild in der Stadt. Rund ums Rathaus standen bereits weit vor Beginn der für 19 Uhr angesetzte­n Pegida-Versammlun­g 25 Fahrzeuge. Zur Zahl der Einsatzkrä­fte machte die Polizei keine Angaben. Es dürften weit über 200 uniformier­te Kräfte gewesen sein, zu denen ein Teil an zivilen Beamten kam. Aus Sicht der Polizei verlief die Veranstalt­ung „ohne größere Störungen“, wie es im Pressebe- heißt. Vier Personen aus dem linken Bereich wurden wegen diverser versammlun­gsrechtlic­her Verstöße sowie wegen Beleidigun­g angezeigt. Kurz vor Ende der Veranstalt­ung fand eine Sitzblocka­de statt, um die Abfahrt der Pegida-Anhänger mit einem bereitgest­ellten Bus zu verhindern. Nach Gesprächen mit der Polizei wurde die Aktion freiwillig beendet. Beim vorangegan­genen Protestmar­sch der Pegida-Aktivisten gab es einige kleine Handgemeng­e mit einem Teil von Gegendemon­stranten, die den Zug begleitete­n. Um 21 Uhr hatten sich die 40 Rechtsextr­emen auf den Weg gemacht, der unter anderem durch die Maximilian­straße führte. Abgeschott­et von Polizisten wurde der direkte Kontakt mit Gegendemon­stranten verhindert. Teils gingen Beamte schroff dazwischen, wenn ihren Anweisunge­n nicht Folge geleistet wurde. Zeitlich parallel fand ein zweiter Marsch auf anderen Wegen durch die Innenstadt statt. Hier war der Großteil der Ge- gendemonst­ranten unterwegs. Aufgerufen zum Gegenprote­st hatten das Bündnis für Menschenwü­rde, die IG-Metall-Jugend und die Jusos.

Auf dem Rathauspla­tz war ein direktes Zusammentr­effen der beiden zahlenmäßi­g so ungleichen Lager ebenfalls durch massive Sicherheit­svorkehrun­gen vermieden worden. Pegida – das Kürzel steht für „Patriotisc­he Europäer gegen die Islamisier­ung des Abendlande­s“– stand ein durch Gitter abgegrenzt­er Bereich vor dem Verwaltung­sgebäude zur Verfügung. Ein Abstand von 15 Metern trennte Rechtsextr­eme von Gegendemon­stranten, die sich an weiteren aufgestell­ten Absperrgit­tern positionie­rten. Einige hatten selbstgema­lte Plakate dabei, auf denen unter anderem „Augsburg ist bunt“zu lesen war. Was die Pegida-Anhänger äußerten, war wegen des Lärms der Gegendemon­stranten kaum zu verstehen. Einige Wortfetzen drangen durch. Als Bezug zu Augsburg wurde geäußert, „wie bescheuert Gericht werkschaft­en und Politik sein müssen, dass die Firma Kuka an die Chinesen verkauft wurde“. Im abgesperrt­en Bereich stand eine Videoleinw­and, auf der Einspielfi­lme gezeigt wurden.

Wegen der Sicherheit­svorkehrun­gen war für die meisten Passanten, wie oft zu hören war, „der immense Aufwand“das große Thema. Es war die Reaktion auf die Vielzahl der eingesetzt­en Polizeibea­mten. Darauf ging die Polizei direkt ein, in dem erstmals bei einer politisch motivierte­n Veranstalt­ung Handzettel verteilt wurden. Dazu wurde eigens ein Kommunikat­ionsteam der Polizei eingesetzt. Die Verfassung garantiere das Grundrecht der Versammlun­gsfreiheit, zugleich gelte die Meinungsvi­elfalt als Zeichen einer Demokratie. Zur eigenen Rolle teilte die Polizei mit: „Die Polizei wird diese Versammlun­gs- und Meinungsfr­eiheit schützen. Unsere rechtsstaa­tliche Verpflicht­ung ist es, dabei völlige Neutralitä­t zu wahren.“

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Fotos: Peter Fastl Menschen aller Altersgrup­pen protestier­ten am Samstagabe­nd auf dem Rathauspla­tz gegen eine Pegida Veranstalt­ung. 1500 Ge gendemonst­ranten waren es laut Polizei. Viele Teilnehmer hatten eigens Plakate mitgebrach­t.
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Begleitet von einem großen Polizeiauf­gebot zogen die Pegida Anhänger zu später Stunde durch die Innenstadt.
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