Lautstarker Protest gegen Rechtsextreme
1500 Demonstranten stehen 40 Pegida-Anhängern gegenüber. Das innerstädtische Leben kommt teils zum Erliegen. Das liegt an massiven Sicherheitsvorkehrungen. Was die Polizei zu dem Einsatz sagt
Augsburg Eine Veranstaltung der islamund ausländerfeindlichen Bewegung „Pegida“hat am Samstag das innerstädtische Leben in Augsburg über mehrere Stunden stark beeinträchtigt. Vor allem der Nahverkehr war betroffen, da ab dem Nachmittag zwischen Königsplatz und Rathausplatz keine Busse und Straßenbahnen mehr fuhren. Dass die 40 Teilnehmer der Pegida-Veranstaltung, die um 22.30 Uhr offiziell zu Ende ging, in der Friedensstadt Augsburg nicht willkommen sind, war nicht zu übersehen und überhören. Bei einer Gegenveranstaltung demonstrierten in Spitzenzeiten bis zu 1500 Menschen aus allen Alters- und Bevölkerungsschichten, so die Angaben der Polizei, für ein demokratisch geprägtes, weltoffenes und modernes Augsburg. Mit „Nazis raus“- und „Haut ab“-Rufen sowie Trillerpfeifen wurden Pegida-Anhänger, die zum Großteil aus dem Münchner Raum kamen, niedergebrüllt.
Die Münchner Pegida-Bewegung hatte die Veranstaltung auf dem Rathausplatz angemeldet, zu der am späten Abend ein Marsch durch die Innenstadt gehörte. Die Stadt musste die Versammlung aufgrund der Gesetzeslage genehmigen. Oberbürgermeister Kurt Gribl gehörte zu den Gegendemonstranten. Er ergriff das Wort, indem er sich am Rathausplatz auf eine Sitzbank stellte. „Ich bin froh, dass so viele Menschen gekommen sind, um für die Grundwerte der Friedensstadt Augsburg einzutreten“, sagte er unter großen Beifall. Augsburg biete „keinen Platz für rechtsextremistische Strömungen“, betonte der Rathauschef. Man stelle sich der inhaltlichen Diskussion, die auf dem Boden einer demokratischen Ebene ausgetragen werden müsse. Dies sei bei Pegida-Veranstaltungen teils nicht gegeben, wie aus dem bayerischen Verfassungsschutzbericht hervorgehe. Gribl dankte ausdrücklich den Sicherheitskräften, die für einen geordneten Verlauf der Veranstaltung zu sorgen hätten.
Für die Polizei war es einer der größten Einsätze der jüngsten Vergangenheit bei einer politisch motivierten Veranstaltung in Augsburg. Uniformierte Kräfte und sehr viele Einsatzfahrzeuge bestimmten ab den Nachmittagsstunden das Bild in der Stadt. Rund ums Rathaus standen bereits weit vor Beginn der für 19 Uhr angesetzten Pegida-Versammlung 25 Fahrzeuge. Zur Zahl der Einsatzkräfte machte die Polizei keine Angaben. Es dürften weit über 200 uniformierte Kräfte gewesen sein, zu denen ein Teil an zivilen Beamten kam. Aus Sicht der Polizei verlief die Veranstaltung „ohne größere Störungen“, wie es im Pressebe- heißt. Vier Personen aus dem linken Bereich wurden wegen diverser versammlungsrechtlicher Verstöße sowie wegen Beleidigung angezeigt. Kurz vor Ende der Veranstaltung fand eine Sitzblockade statt, um die Abfahrt der Pegida-Anhänger mit einem bereitgestellten Bus zu verhindern. Nach Gesprächen mit der Polizei wurde die Aktion freiwillig beendet. Beim vorangegangenen Protestmarsch der Pegida-Aktivisten gab es einige kleine Handgemenge mit einem Teil von Gegendemonstranten, die den Zug begleiteten. Um 21 Uhr hatten sich die 40 Rechtsextremen auf den Weg gemacht, der unter anderem durch die Maximilianstraße führte. Abgeschottet von Polizisten wurde der direkte Kontakt mit Gegendemonstranten verhindert. Teils gingen Beamte schroff dazwischen, wenn ihren Anweisungen nicht Folge geleistet wurde. Zeitlich parallel fand ein zweiter Marsch auf anderen Wegen durch die Innenstadt statt. Hier war der Großteil der Ge- gendemonstranten unterwegs. Aufgerufen zum Gegenprotest hatten das Bündnis für Menschenwürde, die IG-Metall-Jugend und die Jusos.
Auf dem Rathausplatz war ein direktes Zusammentreffen der beiden zahlenmäßig so ungleichen Lager ebenfalls durch massive Sicherheitsvorkehrungen vermieden worden. Pegida – das Kürzel steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“– stand ein durch Gitter abgegrenzter Bereich vor dem Verwaltungsgebäude zur Verfügung. Ein Abstand von 15 Metern trennte Rechtsextreme von Gegendemonstranten, die sich an weiteren aufgestellten Absperrgittern positionierten. Einige hatten selbstgemalte Plakate dabei, auf denen unter anderem „Augsburg ist bunt“zu lesen war. Was die Pegida-Anhänger äußerten, war wegen des Lärms der Gegendemonstranten kaum zu verstehen. Einige Wortfetzen drangen durch. Als Bezug zu Augsburg wurde geäußert, „wie bescheuert Gericht werkschaften und Politik sein müssen, dass die Firma Kuka an die Chinesen verkauft wurde“. Im abgesperrten Bereich stand eine Videoleinwand, auf der Einspielfilme gezeigt wurden.
Wegen der Sicherheitsvorkehrungen war für die meisten Passanten, wie oft zu hören war, „der immense Aufwand“das große Thema. Es war die Reaktion auf die Vielzahl der eingesetzten Polizeibeamten. Darauf ging die Polizei direkt ein, in dem erstmals bei einer politisch motivierten Veranstaltung Handzettel verteilt wurden. Dazu wurde eigens ein Kommunikationsteam der Polizei eingesetzt. Die Verfassung garantiere das Grundrecht der Versammlungsfreiheit, zugleich gelte die Meinungsvielfalt als Zeichen einer Demokratie. Zur eigenen Rolle teilte die Polizei mit: „Die Polizei wird diese Versammlungs- und Meinungsfreiheit schützen. Unsere rechtsstaatliche Verpflichtung ist es, dabei völlige Neutralität zu wahren.“