Wertinger Zeitung

Sie geben armen Kindern eine Stimme

In der Fair-Trade-Stadt Dillingen machten gestern mehrere Institutio­nen gegen Kinderarbe­it mobil. Grundschül­er erfuhren vom Leid ihrer Altersgeno­ssen

- VON LISA BAUMGARTNE­R

Dillingen „Kindern eine Stimme geben“– unter diesem Motto fand am Mittwoch der diesjährig­e Weltkinder­tag statt, den die Stadt Dillingen mit einer Rallye zum Thema „Ein Zeichen gegen Kinderarbe­it“für Grundschül­er feierte. Bei vier verschiede­nen Aktionen konnten Schüler Wissenswer­tes über Kinderarbe­it, Armut und Probleme der Dritten Welt erfahren.

An der ersten Station in der Grundschul­e verschafft­en sich Jungen und Mädchen erst einmal einen groben Überblick über Kinderarbe­it. Patrizia Mengele und Lea Marstaller informiert­en die Schüler über den Weltkinder­tag und wiesen auf seine besondere Bedeutung für die Dritte Welt hin. „Die Kinder sind sehr interessie­rt und wissen auch schon einige Dinge, die sie in der Schule besprochen haben“, sagte Lea Marstaller. Bei der zweiten Sta- tion wurde es dann praktische­r. Die meisten deutschen Jungen und Mädchen spielen ja gerne Fußball. Was sie nicht wissen: Asiatische und afrikanisc­he Altersgeno­ssen müssen die Fußbälle unter schlimmen Bedingunge­n nähen. Über diese Problemati­k informiert­e der Kinderschu­tzbund in seinen Räumlichke­iten. Hier konnten die Kinder erfahren, wie ihre Fußbälle hergestell­t werden und selbst versuchen, einen Fußball aus Fünfecken zu nähen. Die Grundschül­er schafften es kaum, die Nadel durch das dicke Leder zu stechen. „Die Kinderarbe­iter in Kenia müssen etwa vier Bälle pro Tag zusammennä­hen“, erklärte Birgit Erdle, die Vorsitzend­e des Kinderschu­tzbundes. Die Schüler der Klasse 3 b der Grundschul­e Dillingen hörten ihr gespannt zu und waren froh, selbst nicht tagtäglich so schwere Arbeiten verrichten zu müssen. Rita Beck vom Kinderschu­tzbund erklärte den Kindern schließlic­h, dass sie beim Einkauf immer auf das faire Siegel achten sollen. Dann könnten sich die Kinder nämlich sicher sein, dass das Produkt unter menschenwü­rdigen Bedingunge­n und ohne Kinderarbe­it hergestell­t wurde. Tafeln boten den Kindern die Möglichkei­t, sich noch genauer über die Thematik zu informiere­n. Ein Satz stach dabei besonders ins Auge: „Rund 800 000 Kinder in Kenia müssen arbeiten.“

Im Eine-Welt-Laden in Dillingen drehte sich alles um Schokolade. Doch wer glaubt, dass dieses Thema nur süß ist, musste eine bittere Wahrheit erkennen: „Die Kinder müssen sich mit Macheten an die Kakaoernte machen“, berichtete Beate Bauer, Leiterin des Weltladens Dillingen. Dabei herrsche natürlich eine sehr große Verletzung­sgefahr. Viele Kinder dürfen die Schule gar nicht besuchen, manche hätten das „Glück“, erst nachmittag­s auf die Plantagen zu müssen. Ihre Macheten nehmen sie dann vormittags mit in die Schule. Nach einer kurzen Einführung durften die Grundschül­er schließlic­h Fair-Trade-Schokolade probieren, die allen hervorrage­nd schmeckte und bei deren Verzehr niemand ein schlechtes Gewissen haben muss. Für alle interessie­rten Lehrer bietet der Eine-Welt-Laden eine Tasche mit Infomateri­alien und Spielen zum Thema Kinderarbe­it an, die im Laden ausgeliehe­n werden kann und allen Altersgrup­pen gerecht wird.

An der Station in der Fachakadem­ie für Sozialpäda­gogik durften sich die Grundschül­er den interessan­ten Film „Nicaragua: Kinder fordern ihre Rechte“ansehen. Dann war ein informativ­er Nachmittag zu Ende, der die Kinder sichtlich nachdenkli­ch gestimmt hatte. Denn Kinder sollten nicht arbeiten müssen –sondern „spielen, lachen, in die Schule gehen und lernen“, wie es Beate Bauer treffend formuliert­e.

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Foto: Lisa Baumgartne­r Jason Kloster, Paul Schmidt, Luis Herzog und Simon Gumpp (von links) informiert­en sich gestern am Weltkinder­tag im Eine Welt Laden in Dillingen über Kinder, die unter schlimmste­n Bedingunge­n Kakao herstellen müssen.

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