Dillingen feiert Johann Michael Fischer
Der bedeutende Barockbildhauer wurde vor 300 Jahren geboren. Jetzt freut sich die Kreisstadt über eine Statue des Bistumspatrons Ulrich aus der Hand des Meisters. Eine Stiftung war Mäzen beim Kauf
Dillingen „Bischof Ulrich meets Johann Michael Fischer“, so hätte man den Festakt neudeutsch betiteln können, zu dem die Stadt, der Historische Verein und der Katholischen Akademikerkreis Dillingen in den Schloss-Saal gemeinsam geladen hatten. Zu feiern war nämlich das 300. Geburtsjubiläum des Bildhauers Fischer und der Neuzugang einer Statue des Augsburger Bistumspatrons von seiner Hand. Zu danken ist er der mäzenatischen Tat der Bauer’schen Barockstiftung München, die Oberbürgermeister Frank Kunz bei seiner Begrüßung einer ansehnlichen Zuhörerschaft denn auch gebührend würdigte. Wie dieser wies auch Dieter M. Schinhammer namens der Historiker auf die engen Beziehungen des Heiligen wie des Künstlers zu Dillingen hin. Dr. Walter Ansbacher vom Akademikerkreis schloss den Eröffnungsteil der Veranstaltung mit der Vorstellung des Referenten Dr. Benno C. Gantner aus Starnberg ab.
Der Kunsthistoriker erwies sich in seinem durch zahlreiche Abbildungen veranschaulichten Festvortrag einmal mehr als profunder Wissenschaftler, zugleich aber auch als beredter, kurzweiliger Führer durch Fischers Umwelt und Zeit, durch die Phasen seiner künstlerischen Entwicklung und die Vielfalt seines Schaffens: keine ermüdende Aneinanderreihung von Lebensdaten oder trockene Auflistung von Werken, sondern, jeweils vom Charakteristikum eines Bildbeispiels ausgehend, immer wieder Seitenund Durchblicke auf ganz konkrete Lebensumstände, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen, künstlerische Vorbilder und allgemeine stilistische Wandlungen eröffnend.
So war zu erfahren, was der in Veitshöchheim Geborene durch seine familiäre Herkunft und die Lehrzeit bei seinem Onkel Johann Wolfgang von der Auwera in Würzburg mitbekommen hatte; wie er sich zur Selbstständigkeit fortentwickelte, ohne in seinen Gestaltungen je einen fränkischen „Akzent“zu verleugnen. Den beabsichtigten Weg in die Kunstmetropole Wien verhinderten Kriegswirren. Dillingen, eigentlich nur als Zwischenstation gedacht, bot ihm jedoch die Gelegenheit zur Heirat, zum Erwerb der Meistergerechtigkeit und Einbürgerung. Seine Werkstatt expandierte, mit dem Kistler Joseph Hartmuth entstand eine verlässliche Geschäftspartnerschaft, und in der Organisation der Fertigungsprozesse mit mehreren Mitarbeitern bewies Fischer hohe unternehmerische Qualität. Vom ersten Großauftrag an, dem Hochaltar der Studienkirche, riss die Reihe ambitionierter Aufgaben bis zum Lebensende nicht mehr ab.
Lebenslang folgte Johann Michael Fischer dem Barock-Ideal, mit ausdrucksstarken, bewegten, den Betrachter ergreifenden Bildwerken ein „theatrum sacrum (heiliges Theater)“zu inszenieren. Deshalb vollzog er in seinem Spätwerk die Wendung zum Klassizismus nicht mehr mit.
Er arbeitete meist in Holz, schuf aber auch Stuck- und Steinfiguren. Von den letzteren erreichen „Ulrich und Afra“an der Neresheimer Kirchenfassade monumentale Dimensionen. Der neu in Dillingen eingebürgerte holzgeschnitzte „Ulrich“kann als Modell für die Neresheimer Großfigur gelten.
Den lehr- und genussreichen Ausführungen Gantners und den rahmenden Musikbeiträgen des Streichtrios Düthorn dankte das Publikum mit großem Beifall, in dem wohl auch einiger Lokalstolz auf den Dillinger Johann Michael Fischer mitgeschwungen haben dürfte, der ein bedeutsames Kapitel schwäbischer Kunstgeschichte geschrieben hat.