Sitzplätze kommen, Taktlücken bleiben
Im Mai haben 3200 Pendler eine Petition des Fahrgastverbandes Pro Bahn für Verbesserungen beim Fugger-Express unterschrieben. Der Freistaat kündigt jetzt Verbesserungen an, doch viele Wünsche bleiben unerfüllt
Augsburg Pendler rund um Augsburg sollen sich künftig leichter tun, einen Sitzplatz im Zug zu finden. Der Freistaat plant, die Zahl der geforderten Sitzplätze bei einigen Verbindungen „deutlich zu erhöhen“, so die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) auf Anfrage. Dies könne künftig zum verstärkten Einsatz von Doppelstock-Zügen statt der bisher fast durchgängig eingesetzten Triebwagen führen. Die Ausschreibung dürfte in absehbarer Zeit veröffentlicht werden und ist entscheidend dafür, wie der Bahnverkehr ab 2020/21 rund um Augsburg – mit Ausnahme der Strecke aufs Lechfeld – aussehen wird.
Aus Sicht des Fahrgastverbandes Pro Bahn dürfte die Kapazitätserhöhung aber nur eine Teilverbesserung sein. Wie berichtet, hatte Pro Bahn im Mai innerhalb weniger Wochen 3200 Unterschriften für eine Petition gesammelt. Zeitweise standen Bahnpendler sogar Schlange an den Info-Ständen. Neben besseren Kapazitäten werden dort auch mehr Maßnahmen zur Pünktlichkeit, die Beseitigung von Taktlücken und eine bessere Ausstattung gefordert. Der Freistaat sieht hier aktuell wenig Möglichkeiten, verweist aber darauf, bestimmte Dinge noch zu prüfen. Mehr Klarheit wird am Donnerstag herrschen – dann wird sich der Wirtschaftsausschuss im Landtag mit der Petition befassen.
In welchem Ausmaß und bei welchen Zügen die Zahl der Sitzplätze erhöht werden soll, lässt die BEG offen. Zuletzt waren die Kapazitäten am Nachmittag von München Richtung Augsburg um 1000 erhöht worden, für diesen Dezember sind je Richtung jeweils um die 200 Sitzplätze mehr geplant. Die Nachfrage sei in den vergangenen Jahren gestiegen, sodass man auch bei der Ausschreibung darauf reagieren werde, so BEG-Geschäftsführer Johannes Niggl. Weitere Aspekte:
Pünktlichkeit Als ein drängendes Problem sieht Pro Bahn die Verspätungen. Vergangenes Jahr lag die Pünktlichkeitsquote bei 91 Prozent – knapp jeder zehnte Zug kam also mehr als fünf Minuten später ans Ziel. Hintergrund ist die sehr enge Belegung auf der München-Strecke und die fehlenden dritten Gleise in Richtung Donauwörth und Dinkelscherben. Immerhin: Eisenbahnunternehmen müssen künftig nicht erst ab sechs Minuten Verspätung eine Strafe an den Freistaat zahlen, sondern schon ab drei Minuten. Damit sollen Anreize für mehr Pünktlichkeit geschaffen werden, so die BEG. Im Vertrag wird sie aber keine Vorgaben zu einem Pünktlichkeitskonzept machen.
Fahrplan Gefordert hat Pro Bahn auch Verbesserungen beim Fahrplan. Gerade wenn man Umlandbewohner zum Einkaufen in die Stadt holen wolle, sei samstags eine Verdichtung nötig. Die BEG prüft, ob der 30-Minuten-Takt an Wochentagen nach Aichach und Dinkelscherben eingeführt werden kann. Eine Ausdehnung des Wochentagangebots nach Meitingen (drei Züge pro Stunde) sei aber nicht finanzierbar. Wenig Bedarf sieht man für einen dichteren Takt am frühen Abend und für Spätfahrten.
Stammstrecke Die Regionalzüge könnten nach Ansicht von Pro Bahn wie bei einer „echten“S-Bahn innerstädtisch mehr Verkehrsbedeutung bekommen, wenn sie regelmäßiger fahren würden. Allerdings gibt es momentan keinen minutengenauen Takt. Die BEG sieht dafür die Chancen in Zukunft noch schwinden: Wenn Stuttgart 21 fertig ist, soll es mehr Fahrten auf der West-Ost-Achse mit dem Fernverkehr geben. Dieser hat vor dem Nahverkehr aber Vorrang, sodass dieser einige Minuten nach vorne oder hinten ausweichen muss. Immerhin soll es künftig mehr Züge auf der Stammstrecke geben, wenn in Oberhausen ein Wendegleis gebaut ist. Momentan bedienen Züge des Fugger-Express und der Ammerseebahn die Stammstrecke – künftig sollen auch die Züge der Paartalbahn durchgebunden werden. Somit gäbe es im Berufsverkehr acht Züge pro Stunde und Richtung. Allerdings ist noch ungewiss, bis wann das Wendegleis fertig sein soll. In jedem Fall ist mit mehreren Jahren zu rechnen.
Fahrzeugausstattung Bemängelt wird von Pro Bahn, dass es keine Vorgaben zu größeren Einstiegsräumen, klappbaren Armlehnen oder besseren Kopfstützen sowie WLAN gibt. Fahrgäste mit Rollstuhl oder Kinderwagen hätten teils Schwierigkeiten, zum Mehrzweckraum zu gelangen. Die BEG verweist dabei auf technische Zwänge. Soweit möglich, wolle man aber natürlich freien Zugang. Beim Thema Barrierefreiheit hänge man generell von Bund und DB ab. Auf dem Land hätten einige Bahnsteige bei Weitem nicht die Standardhöhe. Zum Sitzabstand mache man 80 Zentimeter zur Mindestanforderung. Das entspricht bei den Fugger-Express-Zügen dem Ist-Zustand. Pro Bahn hatte mit einer Petition vor fünf Jahren schon durchgesetzt, dass die Abstände um fünf Zentimeter erhöht werden, nachdem Fahrgäste über Enge geklagt hatten und die Bahn erst technische Zwänge als Hinderungsgrund angeführt hatte.
Die SPD-Stadtratsfraktion forderte den Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) auf, sich für Verbesserungen stark zu machen. Die im Fugger-Express eingesetzten Triebwagen zählten zu den unbequemsten in ganz Bayern. Gribl und mehrere Landräte hatten 2016 mehrere Verbesserungen beim regionalen Bahnverkehr angemahnt.
Oberbürgermeister soll mit Druck machen