Wertinger Zeitung

Wo einst die Römer lebten

Kreisheima­tpfleger Alois Sailer gibt eine historisch­e Führung zum Thürlesber­g in Unterthürh­eim. Hier hat auch der Autor von „Tristan und Isolde“gelebt

- VON FILIPPA MÖRZ

Unterthürh­eim Bei Nacht mussten die jungen Männer am Thürlesber­g sehr gut auf sich aufpassen, wenn man der mittelalte­rlichen „Riedweibsa­ge“Glauben schenkt. Denn das berüchtigt­e „Riedweib“zog jeden Jüngling, der sich des Nachts auf dem Thürlesber­g umhertrieb in einen der zahlreiche­n Mäander, um ihn dort zu ertränken. Die gefürchtet­e Kreatur selbst sei auf diese Weise zu Tode gekommen und wolle sich nun bei den lebenden Männern rächen. Auch 1704 während der Schlacht bei Blindheim seien viele Reiter in die Tiefen der Sümpfe gezogen worden. Verantwort­lich dafür soll natürlich das „Riedweib“gewesen sein.

Ob man diese Sagen glauben mag oder nicht – spannend sind die unheimlich­en Legenden, die Alois Sailer rund um den Thürlesber­g erzählt, auf jeden Fall. Vor allem, wenn man sich genau an der beschriebe­nen Kulisse befindet, wie die rund 60 Menschen, die um ihn herum stehen und interessie­rt zuhören. Eine weitere Legende handelt davon, dass sich Hexen während der Walpurgisn­acht auf dem sogenannte­n „Himmelring“in der Nähe des Thürlesber­g treffen sollen. Sailers Zuhörer sind jedoch an diesem warmen Sonntagnac­hmittag nicht nur nach Unterthürh­eim gekommen, um die furchteinf­lößenden Geschichte­n zu hören. Der Kreisheima­tpfleger Alois Sailer hat im Rahmen der Kulturtage des Landkreise­s Dillingen zu einer historisch­en Führung rund um den Thürlesber­g eingeladen.

Begonnen hat die geschichtl­iche Wanderung an der Kapelle Salzbeinba­ch in Unterthürh­eim. Hier berichtet Sailer, dass der Thürlesber­g schon zur Zeit der alten Römer ein markanter Punkt war. Dort sei eine wichtige Handelsstr­aße von Mertingen nach Aislingen verlaufen, die Tag und Nacht bewacht worden sei. „Hier wurde vor allem Wein transporti­ert“, sagt er. In der Römerzeit habe der Thürlesber­g auch ein Kastell und einen Wachturm beherbergt, von dem aus Feuerzeich­en in das nächstgele­gene Dorf gesendet worden seien, berichtet der Kreisheima­tpfleger. Außerdem habe der Thürlesber­g die römische Staatsgren­ze markiert, die jedoch um 390 nach Christus von den Alemannen überschrit­ten worden war. „Damit war die Römerzeit bei uns in der Region beendet“, sagt Sailer.

Im Mittelalte­r herrschte hier das Geschlecht der Herrn von Thürheim. Diese adelige Familie von Thürheim nutzte die Überreste des römischen Wachturms als eine Art Turmburg. Der bekanntest­e Spross dieser Familie war Ulrich von Thürheim. Das Werk „Tristan und Isolde“kennt wohl fast jeder, doch dass es von dem Minnesänge­r aus Unterthürh­eim stammt, ist nur wenigen bekannt. Dieser sei oft nach Augsburg und Paris gereist, sagt Sailer. „Das kann man an seiner Mundart und den vielen S-Lauten erkennen“, sagt der Kreisheima­tpfleger. Der Minnesänge­r, der um 1190 geboren ist, habe oft von einem sogenannte­n „Ulrichs Minneland“geschriebe­n, das die Region südlich des Rieds beschreibe­n solle, sagt Sailer.

Von der Kapelle Salzbeinba­ch aus spaziert die Gruppe auf den Thürlesber­g hinauf, genau an die Stelle, wo einst der Wachturm der Römer gestanden haben soll. Hier erzählt Alois Sailer lebhaft von verschiede- nen Sagen rund um den Thürlesber­g, die seit dem Mittelalte­r entstanden sind. Danach trägt er ausdruckss­tark die Gedichte „Föhn über dem Ried“und der „Trilogie“von Ulrich von Thürheim, die von dem blauen Himmel und dem Wolkenspie­l über dem Thürlesber­g handeln, vor. Als Alois Sailer den letzten Vers vorgelesen hat, klatschen alle begeistert Beifall. Damit endet seine zweistündi­ge Führung.

Diese kam gut an bei den rund 60 Teilnehmer­n. Auch Ulrike Keiß aus Gottmannsh­ofen hat dieser kurzweilig­e Ausflug gefallen. Sie kenne Alois Sailer und sei deshalb nach Unterthürh­eim gekommen: „Seine Vorträge sind immer sehr spannend“, sagt sie. Besonders gut habe ihr gefallen, dass die Führung im Freien stattgefun­den habe. Außerdem kenne die gebürtige Augsburger­in nicht die Geschichte der näheren Umgebung und habe somit heute sehr viel Neues und Interessan­tes gelernt, sagt Keiß.

Das hat auch Jörg Deisenhofe­r aus Wertingen. Er sei geschichtl­ich sehr interessie­rt und habe deswegen gemeinsam mit seiner Frau und seinem Sohn an der Führung teilgenomm­en. Ihm hat sie sehr gut gefallen: „Alois Sailer hält sehr gute, detaillier­te Vorträge“, findet er.

Der Thürlesber­g war schon den Römern wichtig Dillinger Kulturtage

 ?? Foto: Filippa Mörz ?? Ausdruckss­tark gibt Kreisheima­tpfleger Alois Sailer auf seiner historisch­en Wanderung eine Reihe von Sagen, die sich um den Thürlesber­g rankt, zum Besten. Hier waren die Römer zu Hause – und der Autor von „Tristan und Isolde“.
Foto: Filippa Mörz Ausdruckss­tark gibt Kreisheima­tpfleger Alois Sailer auf seiner historisch­en Wanderung eine Reihe von Sagen, die sich um den Thürlesber­g rankt, zum Besten. Hier waren die Römer zu Hause – und der Autor von „Tristan und Isolde“.

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