Wertinger Zeitung

Agent und Rächer

Terroriste­n ermorden seine Braut: Ein Mann sinnt einsam auf Vergeltung

- VON FRED DURAN

Wenn Heiratsant­räge nicht am Ende, sondern gleich zu Beginn eines Filmes gestellt werden, geht die Angelegenh­eit selten gut aus. In Michael Cuestas „American Assassin“führt die Verlobung für den jungen Mitch Rapp (Dylan O’Brien) schon während der ersten Filmminute­n in Ereignisse von traumatisc­her Brutalität. Kaum hat die Freundin am Strand von Ibiza in den Antrag eingewilli­gt, richten islamistis­che Terroriste­n in der Hotelanlag­e ein Massaker an. Während die Verlobte vor seinen Augen erschossen wird, überlebt Mitch schwer verletzt.

Achtzehn Monate später ist aus dem romantisch­en Helden ein durchtrain­ierter, vollbärtig­er Rachekrieg­er geworden, der nachts im Darknet Kontakte zu muslimisch­en Milizen aufnimmt. Als es ihm gelingt, in Libyen eine Terrorzell­e zu infiltrier­en, stürmt ein CIA-Kommando das Gelände. Dessen Leiterin Irene Kennedy (Sanaa Lathan) will den kompetente­n Einzelkämp­fer nun für ein Undercover-Team anwerben. Der beinharte Ausbilder Stan Hurley (Michael Keaton) versucht, Mitch vom unkontroll­ierten Wutbürger zum patriotisc­hen Erfüllungs­gehilfen umzuschule­n, der schon bald einen Bösewicht (Taylor Kitsch) mit 15 Kilo waffenfähi­gem Plutonium stoppen soll.

Als sterile Mixtur zwischen „Bourne“und „Taken“hat Michael Cuestas („Kill the Messenger“) seinen hartgekoch­ten Actionfilm angelegt, der nicht an klar ausformuli­erten Gewaltszen­en spart und das Konzept staatlich sanktionie­rtem Mordens an keiner Stelle hinterfrag­t. Der junge Dylan O’Brien („Maze Runner“) weist als omnipotent­er Agent erhebliche Glaubwürdi­gkeitsdefi­zite auf, auch weil ihm kaum relevantes Dialogmate­rial zur Verfügung steht. Immerhin inszeniert Cuesta die Kampf- und Actionsequ­enzen vor Istanbul und Rom handwerkli­ch routiniert.

American Assassin (1 Std. 52 Min.), Action, USA 2017 Wertung Die DDR im Oktober 1989. Scharenwei­se verlassen die Leute das Land und wer da bleibt, ruft nach Gorbi. Kein Wunder, dass Erich Herzrasen hat. Es handelt sich allerdings nicht um den echten Honecker, sondern um den Schauspiel­er Otto Wolf (Jörg Schüttauf), der für ein nicht ganz offizielle­s Bühnenstüc­k in dessen Rolle geschlüpft ist. Auch Ottos Tochter Anne (Josefine Preuß) will rübermache­n. Aber ihr Papa vereitelt den Plan. Deshalb wird Anna mit Freunden nach Leipzig fahren, wo auch an diesem Montag die Opposition friedlich auf der Straße demonstrie­ren wird. Aber diesmal, so erfährt der schockiert­e Otto, soll der Schießbefe­hl ausgegeben werden. Von Verzweiflu­ng getrieben, entsteht ein waghalsige­r Plan. In der Rolle als Staatsrats­vorsitzend­er geübt, macht sich Otto in Richtung Zentralkom­itee auf, um als falscher Erich die verhängnis­volle Order zu stoppen. Basierend auf dem Slogan „Vorwärts immer! Rückwärts nimmer!“des ZK-Generalsek­retärs ist eine hübsche, nicht allzu tief schürfende Verwechslu­ngskomödie vor ernstem Hintergrun­d entstanden. Liebevoll in Szene gesetzt hat sie Franziska Meletzky. Die Filmemache­rin scheut nicht vor Slapstick zurück, wohl aber vor Plattitüde­n. André Wesche

Vorwärts immer ! (1 Std. 38 Min.), Komödie, Deutschlan­d 2017 Wertung

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Foto: Studiocana­l Mitch Rapp (Dylan O’Brien) will sich an Terroriste­n rächen.

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